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Verdachtsberichterstattung und Geldentschädigung:

Bei Verletzungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts kann grundsätzlich auch  Ersatz des immateriellen Schadens verlangt werden. Dies aber nur bei besonders schwerwiegenden schuldhaften Persönlichkeitsrechtsverletzungen, die nicht anders ausgeglichen werden können. Wegen der hohen Anforderungen sind Geldentschädigungen die Ausnahme. Teilweise wird angenommen, dass eine Entschädigung bereits dann nicht in Betracht kommt, wenn ein rechtskräftiger Unterlassungstitel vorliegt (Musiol in Limper Musiol, Handbuch des Fachanwalts für Urheber- und Medienrecht, RdNr. 529 mit Verweis BGH, VI ZR 219/08). Dem ist nicht zu folgen; in der zitierten  Entscheidung zu dem Roman „Esra“ hatte der BGH die Entschädigung aus anderen Gründen verneint: das Verbot des Romans war ein solch starker Eingriff in die Kunstfreiheit, so dass der Autor nicht nur ideell beeinträchtigt war, sondern ihm auch die wirtschaftliche Verwertung „des künstlerischen Schöpfungsakts gänzlich genommen war (BGH, Urteil vom 24. November 2009 – VI ZR 219/08). Richtig ist allerdings, dass die Geldentschädigung auch bei der Verdachtsberichterstattung ultima ratio ist. 

In einem aktuellen Fall hat daher das Thüringer Oberlandesgericht einem Gastronom eine Entschädigung verweigert, der in einem Fernsehbericht des MDR mit dem Titel „Provinz der Bosse – Die Mafia in Mitteldeutschland“ als Mitglied der Ndrangheta bezeichnet wurde.  Die Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Gastwirts sei nicht so schwerwiegend, dass die Zahlung einer Geldentschädigung erforderlich wäre.
Das OLG hat hierbei berücksichtigt, dass die Behauptung einer Mafiazugehörigkeit  durchgängig nicht als bewiesene Tatsache, sondern lediglich als Verdacht dargestellt worden sei. Zu einer Verdachtsberichterstattung sei der MDR aufgrund seiner recherchierten Erkenntnisse auch grundsätzlich berechtigt gewesen.

Das Gericht hatte sich auch mit der Frage beschäftigt, ob Abmahnkosten gegen Dritte dem MDR zurechenbar sind. Hierzu gibt es keine höchstrichterliche Rechtsprechung, so dass die Revision zum BGH zugelassen wurde.

Das Urteil wurde, soweit ersichtlich, bisher noch nicht veröffentlicht.

Aktenzeichen

Thüringer Oberlandesgericht, Urteil vom 21.02.2018, Az. 7 U 471/17
Landgericht Erfurt, Urteil vom 30.06.2017, Az. 3 O 1118/16

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