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Rechtsanwalt Jüdemann erneut erfolgreich in einem File-Sharing Verfahren:

Nach Ansicht des Landgerichts Braunschweig gehe es bei der sekundären Darlegungslast  entgegen der zum Teil verwendeten Terminologie nicht um die Widerlegung oder Erschütterung der tatsächlichen Vermutung, sondern um die Frage, ob die Voraussetzungen, unter denen die tatsächliche Vermutung eingreift, vorliegen oder dies nicht der Fall ist. Im Rahmen dieser sekundären Darlegungslast habe der jeweilige Beklagte zumindest vorzutragen, ob er den fraglichen Anschluss alleine nutzt bzw. welche Familienangehörigen, Bekannte oder Dritte ebenfalls zur Nutzung des Anspruchs in der Lage waren bzw. gewesen sein könnten. Da die sekundäre Darlegungslast nicht zu einer Umkehr der Beweislast führe genüge insoweit auf dieser Ebene der sekundären Darlegungslast zunächst der substantiierte Vortrag des jeweiligen Beklagten zu den Mitbenutzungsmöglichkeiten Dritter, insbesondere dazu, welche Personen mit Rücksicht auf Nutzerverhalten, Kenntnisse und Fähigkeiten sowie in zeitlicher Hinsicht Gelegenheit hatten, die fragliche Verletzungshandlung ohne Wissen und Zutun des Anschlussinhabers zu begehen.

 

 

Landgericht Braunschweig

Geschäfts-Nr.: 9 S 60/16 (3)

117 C 1768/15 Amtsgericht Braunschweig
Telepool GmbH ….

….

Klägerin und Berufungsklägerin

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanw. Baumgarten und Partner

10117 Berlin,

….
gegen

…..

Beklagte und Berufungsbeklagte

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanw. Jüdemann Rechtsanwälte, Schlüterstraße 37, 10629 Berlin,

Geschäftszeichen: 81/16 KJ01
wegen Schadensersatz nach Urheberrechtsverletzung („Filesharing“)

hat die 9. Zivilkammer des Landgerichts Braunschweig auf die mündliche Verhandlung vom 19.10.2016 durch

den Vorsitzenden Richter am Landgericht Dr. Meyer, die Richterin am Landgericht Block-Cavallaro und den Richter am Landgericht Willers

für Recht erkannt:

1.    Die Berufung der Klägerin und Berufungsklägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Braunschweig (117 C 1768/15) vom 12.01.2016 wird zurückgewiesen.

2.    Die Klägerin und Berufungsklägerin trägt die Kosten des Berufungsrechtszuges.

3.    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4.    Die Revision wird nicht zugelassen.

5. Der Streitwert wird für den Berufungsrechtszug auf 955,60 € festgesetzt.
Gründe:

I.

Die Klägerin verlangt von der Beklagten Schadensersatz für eine Urheberrechtsverletzung durch Nutzung einer Tauschbörse im Internet (sogenanntes „Filesharing“) sowie Erstattung von vorprozessual entstandenen Rechtsanwaltskosten.

Die Klägerin beruft sich auf und nimmt für sich in Anspruch die – von der Beklagten bestrittenen – ausschließlichen Nutzungs- und Verwertungsrechte an dem Film „Baby on Board“. Die Klägerin erwirkte beim Landgericht Köln einen Gestattungsbeschluss gemäß §101 Abs. 9 UrhG (Anlage K3). Auf dessen Basis erstattete die deutsche Telekom mit Schreiben vom 15.02.2010 Auskunft, wonach die ermittelte IP-Adresse im behaupteten Tatzeitpunkt der Beklagten zuzuordnen war. Die Klägerin mahnte die Beklagte wegen einer behaupteten Urheberrechtsverletzung am 17.12.2009 um 21:23:50 Uhr ab.

Die Klägerin hat behauptet, von der IP-Adresse, die zum Zeitpunkt des behaupteten Verstoßes dem Internetanschluss der Beklagten zugeordnet gewesen sei, sei der genannte Film im Rahmen einer Tauschbörse anderen Nutzern zum Download angeboten worden. Dies sei mittels einer Software namens „Observer“ festgestellt worden. Es habe sich um eine funktionsfähige Version des Films gehandelt. Die Beklagte sei für das Anbieten der Datei zum Download als Täterin verantwortlich (Beweis: Parteivernehmung der Beklagten).

Die Klägerin hat insofern die Auffassung vertreten, dass eine tatsächliche Vermutung dafür bestehe, dass die Beklagte als Anschlussinhaberin als Täterin für über ihren Anschluss begangene Rechtsverletzungen verantwortlich sei. Der Vortrag der Beklagten genüge nicht den vom Bundesgerichtshof geforderten Anforderungen an die sogenannte sekundäre Darlegungslast.

Die Beklagte hat bestritten, dass die Software „Observer“ ordnungsgemäß funktioniere. Sie sei für die behauptete Rechtsverletzung nicht verantwortlich. Sie selbst sei am behaupteten Tattag nicht zu Hause gewesen. Ihr Lebensgefährte, Herr …. sei zu Hause gewesen. Es bestehe die Vermutung, dass er der Täter sei. Dies habe dieser jedoch verneint. Der Anschluss sei WPA2-gesichert und mit einem individuellen, aus Buchstaben, Zahlen und Zeichen bestehenden Passwort versehen gewesen.

Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben.

Die Klägerin hatte die Beklagte mit Schreiben vom 26.07.2010 (Anlage K9) abgemahnt. Sie hatte am 27.12.2013 einen Mahnbescheid beantragt, der am 02.01.2014 erlassen worden war. Innerhalb von sechs Monaten nach der entsprechenden Zahlungsaufforderung hatte die Klägerin am 09.07.2014 den Kostenvorschuss eingezahlt. Die Abgabe an das Streitgericht war am 15.07.2015 erfolgt. Die Anspruchsbegründung datiert vom 09.01.2015 und ist nach einem handschriftlichen Vermerk am 13.01.2015 per Fax versandt worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz sowie der dort gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen.

Das Amtsgericht Braunschweig hat am 11.09.2015 ein klageabweisendes Versäumnisurteil verkündet. Nach fristgerechtem Einspruch der Klägerin hat das Amtsgericht Braunschweig dieses Versäumnisurteil mit Urteil vom 12.01.2016 aufrechterhalten und der Klägerin die weiteren Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass während des dokumentierten Zeitraums von lediglich einer einzelnen Sekunde kein Upload eines hinreichend großen Stücks der Filmdatei – eines sogenannten Chunks – möglich sei. Darüber hinaus bestünden auch durchgreifende Zweifel, dass der ermittelte Hashwert eine verlässliche Aussage dazu treffe, dass es sich bei der angebotenen Datei um eine vollständige Version des Films handelte. Ferner seien erhebliche Zweifel an der Zuverlässigkeit der Funktionsweise der eingesetzten Software begründet.

Zu den weiteren Einzelheiten des amtsgerichtlichen Urteils wird auf dieses Bezug genommen.

Gegen das den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 16.01.2016 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit dem per Telefax beim Landgericht Braunschweig am 15.02.2016 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der

Berufungsbegründungsfrist bis zum 15.04.2016 mit Schriftsatz vom 11.03.2016, eingegangen beim Landgericht Braunschweig am 30.03.2016, begründet.

Die Klägerin wiederholt und vertieft in der Berufungsinstanz ihr erstinstanzliches Vorbringen. Der Hashwert erlaube eine eindeutige Identifizierung eines Werks. Es genüge für die Annahme einer Urheberrechtsverletzung, dass ein Teil eines urheberrechtlich geschützten Werkes zum Download angeboten werde. Die Software arbeite zuverlässig, was die Klägerin auch bereits in erster Instanz unter Beweis gestellt habe.
Die Klägerin beantragt,

das Versäumnisurteil des Amtsgerichts Braunschweig vom 11.09.2015 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 955,60 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 19.10.2016 ist die Beklagte zunächst angehört und sodann als Partei vernommen worden. Wegen des Ergebnisses dieser Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf das Protokoll vom 19.10.2016, Blatt 163 bis 165 der Akte.

Wegen des weiteren rechtlichen und tatsächlichen Vorbringens der Parteien wird Bezug genommen auf die jeweiligen Schriftsätze der Parteienvertreter nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 19.10.2016.
II.
1.
Die Berufung war zulässig, wurde insbesondere form- und fristgemäß eingereicht und begründet. Sie hat allerdings in der Sache letztlich keinen Erfolg.

Das Amtsgericht Braunschweig hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.

Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von Schadensersatz sowie Erstattung vorprozessual entstandener Rechtsanwaltskosten.

a).

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung der vorprozessualen Rechtsanwaltskosten für die Abmahnung. Ein solcher Anspruch setzt voraus, dass die Abmahnung berechtigt war und dem Abmahnenden gegenüber dem Abgemahnten im Zeitpunkt der Abmahnung ein Unterlassungsanspruch zustand (BGH GRUR 2014, 657 – Bearshare). Dies ist hier jedoch nicht der Fall. Zwar geht die Kammer – vor dem Hintergrund des Synchronisationsvertrags (Anlage K5) und dem Copyright-Vermerk auf dem DVD-Cover (Anlage K6) – von der Aktivlegitimation der Klägerin aus.

Die Beklagte haftet aber weder als Täter oder Teilnehmer noch als Störer für die behauptete Rechtsverletzung.

aa)

Die Beklagte haftet insbesondere nicht als Täterin der von der Klägerin behaupteten Rechtsverletzung. Der Klägerin ist der Nachweis, dass die Beklagte für die Rechtsverletzung als Täterin verantwortlich ist, nicht gelungen.

Dabei kann dahinstehen, ob die Ermittlung des Anschlusses der Beklagten fehlerfrei erfolgte. Denn jedenfalls ist nicht nachgewiesen, dass die Beklagte für die Begehung der Rechtsverletzung verantwortlich ist.

Die Klägerin ist nach allgemeinen Beweisgrundsätzen zunächst beweispflichtig für die behauptete Rechtsverletzung durch die Beklagte. Denn es ist grundsätzlich Sache des Rechteinhabers darzulegen und nachzuweisen, dass der jeweilige Beklagte Täter oder Teilnehmer der behaupteten Urheberrechtsverletzung ist (BGH, Urteil vom 15.11.2012, I ZR 74/12 – Morpheus, Rn. 32; BGH, Urteil vom 08.01.2014, I ZR 169/12 -Bearshare, Rn. 14; BGH, Urteil vom 12.05.2016,1 ZR 48/15 – Everytime we touch Rn. 32).

Dieser Nachweis ist der Klägerin hier nicht gelungen.

Zwar spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass eine Person für die Rechtsverletzung verantwortlich ist, wenn ein urheberrechtlich geschütztes Werk oder eine urheberrechtliche geschützte Leistung der Öffentlichkeit von einer IP-Adresse aus zugänglich gemacht wird, die zum fraglichen Zeitpunkt dieser Person zugeteilt ist (BGH – Morpheus, Rn. 32; BGH, Urteil vom 12.05.2010, I ZR 121/08 – Sommer unseres Lebens, Rn. 12). Diese tatsächliche Vermutung greift aber nur dann ein, wenn es sich bei dem Anschlussinhaber um den alleinigen Nutzer des Anschlusses handelt, also nicht in Fällen, in denen Familienangehörige oder Bekannte des Anschlussinhabers bzw. unberechtigte Dritte als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen (BGH – Bearshare, Rn. 15; BGH – Everytime we touch Rn. 32). Das Eingreifen der tatsächlichen Vermutung der Täterschaft der Beklagten, auf die die Klägerin ihre Rechtsauffassungen maßgeblich stützt, würde also voraussetzen, dass die Klägerin darlegt und unter Beweis stellt, dass die Beklagte im Zeitpunkt der behaupteten Rechtsverletzung alleiniger Anschlussnutzer ist.

Da die Klägerin als Rechteinhaberin nicht weiß und nicht wissen kann, ob es sich jeweils um einen Ein- oder Mehrpersonenhaushalt handelt bzw. ob Bekannte des jeweiligen Anschlussinhabers berechtigt oder Dritte unberechtigt zur Nutzung des Anspruchs in der Lage waren, weil diese Umstände allein in der Sphäre des jeweiligen Beklagten spielen, wäre ein entsprechender Vortrag der Klägerin unmöglich bzw. würde denknotwendig einen bloßen Vortrag ins Blaue hinein darstellen. Vor diesem Hintergrund trifft den jeweiligen Beklagten bereits bei der Frage, ob die Voraussetzungen für die tatsächliche Vermutung vorliegen oder nicht, eine sekundäre Darlegungslast (vgl. dazu auch BGH – Sommer unseres Lebens, Rn. 12; BGH – Bearshare, Rn. 16/17; BGH – Everytime we touch Rn. 33). Entgegen der zum Teil verwendeten Terminologie geht es dabei nach Auffassung der Kammer nicht um die Widerlegung oder Erschütterung der tatsächlichen Vermutung, sondern um die Frage, ob die Voraussetzungen, unter denen die tatsächliche Vermutung eingreift, vorliegen oder dies nicht der Fall ist. Im Rahmen dieser sekundären Darlegungslast hat der jeweilige Beklagte zumindest vorzutragen, ob er den fraglichen Anschluss alleine nutzt bzw. welche Familienangehörigen, Bekannte oder Dritte ebenfalls zur Nutzung des Anspruchs in der Lage waren bzw. gewesen sein könnten (vgl. dazu BGH – Bearshare, Rn. 18). Da die sekundäre Darlegungslast nicht zu einer Umkehr der Beweislast führt (so explizit BGH – Bearshare, Rn. 18 und jüngst auch BGH – Everytime we touch Rn. 33), genügt insoweit auf dieser Ebene der sekundären Darlegungslast zunächst der substantiierte Vortrag des jeweiligen Beklagten zu den Mitbenutzungsmöglichkeiten Dritter, insbesondere dazu, welche Personen mit Rücksicht auf Nutzerverhalten, Kenntnisse und Fähigkeiten sowie in zeitlicher Hinsicht Gelegenheit hatten, die fragliche Verletzungshandlung ohne Wissen und Zutun des Anschlussinhabers zu begehen (BGH – Everytime we touch Rn. 34).

Dabei ist der jeweilige Beklagte im Rahmen der sekundären Darlegungslast im Rahmen des Zumutbaren auch zu Nachforschungen verpflichtet (BGH – Bearshare, Rn. 18). Nach Auffassung der Kammer genügt es vor diesem Hintergrund im Rahmen der sekundären Darlegungslast nicht, dass der jeweilige Beklagte schlicht behauptet, nicht im Einzelnen benannte Dritte oder Familienmitglieder hätten den Anschluss mitbenutzen dürfen; gleiches gilt für die nicht auf besondere Tatsachen gestützte Behauptung bzw. Vermutung, Dritte hätten den Anschluss unberechtigt genutzt, also „gehackt“. Vielmehr ist es nach Auffassung der Kammer im Rahmen der Nachforschungspflicht und Darlegungslast zumindest zu fordern, dass der jeweilige Beklagte die Familienmitglieder, die den Anschluss im Zeitpunkt der behaupteten Rechtsverletzung regelmäßig mitbenutzt haben, ermittelt und namentlich benennt. Der vom BGH postulierten Nachforschungspflicht genügt der jeweilige Beklagte insoweit dadurch, dass er – soweit ihm dies nicht ohnehin bekannt ist – sämtliche Familienangehörigen ermittelt, die den Anschluss mitbenutzt haben und diese namentlich benennt. Auch etwaige Zugriffsmöglichkeiten durch unbefugte Dritte muss der jeweilige Beklagte zumindest konkret darlegen, insbesondere unter Angabe der genutzten Hardware und der Art und Weise der zur Tatbegehung genutzten Verschlüsselung des WLANs bzw. des Routers. Jedenfalls überspannt wäre es nach Auffassung der Kammer jedoch zu verlangen, dass der jeweilige Beklagte den Täter der Rechtsverletzung ermittelt und diesen namentlich benennt. Es sind auch weder die Computer auf Filesharing-Software zu untersuchen noch ist ein konkreter Vortrag zu den An- bzw. Abwesenheitszeiten des Anschlussinhabers und der benannten Mitbenutzer im genauen Zeitpunkt der Rechtsverletzung erforderlich. Letzteres folgt bereits aus dem Umstand, dass die Nutzung einer Filesharing-Software keine

Anwesenheit am Computer voraussetzt (vgl. dazu auch BGH – Everytime we touch Rn. 54).

Etwas anderes folgt auch nicht aus dem Umstand, dass der Bundesgerichtshof in seiner Bearshare-Entscheidung hinsichtlich des Bestehens einer Nachforschungspflicht in Randnummer 18 am Ende die Entscheidungen des Oberlandesgerichts Köln vom 16.05.2012 (6 U 239/11), des Oberlandesgerichts Hamm vom 27.10.2011 (22 W 82/11) und des Landgerichts München I vom 22.03.2013 (21 S 28809/11) als „anderer Ansicht“ benennt. Denn die Einschätzung des Bundesgerichtshofs, dass diese Entscheidungen eine andere Ansicht als die des Bundesgerichtshofs darstellen, bezog sich ersichtlich nur auf den Teilaspekt des Bestehens der Nachforschungspflichten als solcher. Dies lässt sich zum einen daran erkennen, dass der Bundesgerichtshof die anderen Urteile lediglich als „insoweit“ anderer Ansicht bezeichnet hat. Zum anderen widerspräche die nach Auffassung der Klägerin gebotene Auslegung der Ausführungen des Bundesgerichtshofs in seiner Bearshare-Entscheidung in Randnummer 18 am Ende – nämlich eine „Umkehrung“ der drei genannten Entscheidungen mit der Folge, dass der Anschlussinhaber zur Ermittlung und Benennung des Täters verpflichtet wäre – den eigenen Ausführungen des Bundesgerichtshofs in seiner Bearshare-Entscheidung unter der gleichen Randnummer. Dort hat der Bundesgerichtshof unmissverständlich ausgeführt (Hervorhebungen im Original nicht vorhanden):

„Die sekundäre Darlegungslast führt weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärunaslast (§ 138 Abs. 1. 2 ZPO) hinausaehenden Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Ansoruchsteller alle für seinen Prozesserfola benötigten Informationen zu verschaffen. Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast also dadurch, dass er vorträai ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbständigen Zugang zu seinem Intemetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzungen in Betracht kommen.“

Diese Auffassung der Kammer steht in Übereinstimmung mit den überwiegenden Entscheidungen verschiedener Gerichte nach Veröffentlichung der Bearshare- Entscheidung (LG Rostock, Urteil vom 31.01.2014, 3 0 1153/13, MMR 2014, 341; LG Potsdam, Urteil vom 08.01.2015, 2 0 252/14, BeckRS 2015, 01545; LG Frankenthal, Urteil vom 30.09.2014, 6 O 518/13, BeckRS 2014, 20829; AG Düsseldorf, Urteile vom 25.11.2014,          57C 1312/14, BeckRS 2014, 22658 und vom 14.10.2014, 57C4661/13, BeckRS 2014, 20023; AG Berlin-Charlottenburg, Urteil vom 30.09.2014, 225 C 112/14, BeckRS 2015, 01109; AG Koblenz, Urteil vom 18.06.2014, 161 C 145/14, BeckRS 2014, 15122; AG Bielefeld, Urteile vom 06.03.2014, 42 C 368/13, BeckRS 2014, 06751, vom 04.09.2014, 42 C 45/14, BeckRS 2014, 18422 vom 24.11.2014, 42 C16/14, BeckRS 2015, 01792 und vom 05.02.2015, 42 C 1001/14, BeckRS 2015, 05358; AG Hamburg, Urteil vom 25.06.2014, 6 C 293/13, BeckRS 2014,16700; AG Bochum, Urteil vom 16.04.2014, 67 C 57/14, BeckRS 2014, 18184; anderer Auffassung waren insoweit: LG München I, Urteile vom 09.07.2014, 21 S 26548/13, MMR 2015,196 und vom 05.09.2014, 21 S 24208/13; AG München, Urteil vom 19.09.2014,111 C 25920/13; AG Düsseldorf, Urteile vom 24.07.2014, 57 C 15659/13, BeckRS 2014, 22659 und vom 12.02.2015,    57 C 9379/14, BeckRS 2015, 04199). Eine frühere Entscheidung der Kammer (Urteil in der Sache 9 S 433/14, veröffentlicht etwa bei juris), in der diese Auffassung der Kammer dezidiert dargestellt wurde, hat der Bundesgerichtshof am 06.10.2016  bestätigt (I ZR 154/15; Entscheidungsgründe sind noch nicht veröffentlicht).

Den so verstandenen Anforderungen an die Nachforschungspflicht und die sekundäre Darlegungslast hat die Beklagte hier genügt. Im Rahmen der Beweisaufnahme, die mangels weiterer von der Klägerin angebotener Beweismittel allein aus der Vernehmung der Beklagten als Partei bestand, hat sie glaubhaft dargelegt, dass ihr im gemeinsamen Haushalt lebender Lebensgefährte, Herrn xxx, den Internetanschlusses selbstständig mitbenutzt hat. Herr xx sei im Tatzeitpunkt alleine zu Hause gewesen und käme als Täter in Betracht. Auch hat die Beklagte vorgetragen und im Rahmen ihrer Vernehmung als Partei bekundet, dass sie ihren Lebensgefährten zum Vorwurf der Urheberrechtsverletzung befragt habe. Er habe angegeben, sich den Vorwurf ebenfalls nicht erklären zu können.

Vor diesem Hintergrund steht die Beklagte gerade nicht als alleinige Nutzerin des Internetanschlusses fest, so dass keine tatsächliche Vermutung für die Täterschaft der Beklagten eingreift.

Es oblag somit der Klägerin der Nachweis der Täterschaft der Beklagten (BGH – Morpheus, Rn. 34/35; BGH – Bearshare, Rn. 19/20; Dr. Sebastian Neurauter, Anm. zur Bearshare-Entscheidung, GRUR 2014, 660). Auch insofern trifft die Beklagte wiederum eine sekundäre Darlegungslast, der sie jedoch wie oben ausführlich dargelegt hinreichend nachgekommen ist. Der positive Vollbeweis der Täterschaft der Beklagten ist der Klägerin nicht gelungen. Sie hat für die behauptete Täterschaft der Beklagten über die Parteivernehmung hinaus auch keinen weiteren Beweis angeboten.

bb)

Eine Haftung der Beklagten als Teilnehmerin ist weder von der Klägerin behauptet noch sonst ersichtlich.

cc)

Auch eine Haftung der Beklagten als Störerin ist hier nicht ersichtlich. Der Anschluss der Beklagten war nach ihrem Vortrag und ihrer glaubhaften Aussage im Rahmen ihrer Vernehmung als Partei mittels einer individuellen WPA2-Verschlüsselung gesichert. Ein Verstoß gegen etwaige Belehrungs- und/oder Überwachungspflichten der Beklagten ist von der Klägerin nicht vorgetragen und auch ansonsten nicht ersichtlich. Insbesondere war sie nicht verpflichtet, ihren Lebensgefährten hinsichtlich der Internetnutzung zu belehren oder zu überwachen (vgl. dazu nur BGH, Urteil vom 12.05.2016, I ZR 86/15 – Silver Linings Playbook Rn. 19 f.).

dd)

Da nach alledem bereits die Voraussetzungen für die Haftung der Beklagten dem Grunde nach nicht vorliegen bzw. von der Klägerin nicht bewiesen wurden, erübrigen sich Ausführungen zur Höhe der geltend gemachten Abmahnkosten.

b).

Die Klägerin hat, da ein Nachweis der täterschaftlichen Begehung der behaupteten Rechtsverletzung durch die Beklagte nicht gelungen ist (s.o. 1. a)), auch keinen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz. Auch insofern erübrigen sich daher Ausführungen zur Höhe des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs.

2.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 97 Abs. 1 ZPO.

3.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
4.

Die Revision war nicht zuzulassen. Nachdem die grundsätzlichen Fragen im Zusammenhang mit den dargestellten Rechtsauffassungen der Kammer durch den Bundesgerichtshof im Sinne einer Billigung geklärt sind (vgl. die oben genannte Entscheidung I ZR 154/15), beruhte die Entscheidung letztlich auf dem Sachverhalt des hier zu beurteilenden Einzelfalls, insbesondere dem Vortrag der Beklagten zur Mitbenutzung des Anschlusses durch ihren Lebensgefährten.

Dr. Meyer
Block-Cavallaro
Willers