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Versteckte Kamera – Aufnahmen sind meist unzulässig

Versteckte Kamera: In den meisten Fällen sind heimlich gemachte Aufnahmen unzulässig. In den meisten Fällen stellen die Anfertigung und die Verbreitung mit versteckter Kamera gemachter Aufnahmen einen Eingriff in die Rechte des Betroffenen dar, entweder in das allgemeine Persönlichkeitsrecht und/oder in das Unternehmenspersönlichkeitsrecht. Das Unternehmenspersönlichkeitsrecht schützt den/die Betroffene (n) u.a. davor, dass in der räumlichen Sphäre, die dem Hausrecht unterliegt und nicht allgemein zugänglich ist, gegen den Willen heimlich Filmaufnahmen gefertigt und diese anschließend verbreitet werden.

Allerdings kann anderseits ein eindeutig überwiegendes öffentliches Informationsinteresse vorliegen, demgegenüber die Nachteile aus einer rechtswidrigen Informationsbeschaffung zurückzutreten haben. Dies kommt u.a. dann in Betracht, wenn durch die Berichterstattung rechtswidrige Verhaltensweisen offenbart werden. Daneben sind andere Fallkonstellationen denkbar, in denen die Bedeutung der rechtswidrig erlangten Information für die Unterrichtung der Öffentlichkeit und für die öffentliche Meinungsbildung eindeutig gegenüber den Nachteilen überwiegt, die der Rechtsbruch für den Betroffenen und die Geltung der Rechtsordnung nach sich ziehen (LG Hamburg 324 O 352/16)

Nicht so  in einem aktuell  vom Landgericht Hamburg entschiedenen Fall, in dem eine als Praktikantin getarnte Journalistin in einer Helios Klinik heimlich Aufnahmen herstellte, um angebliche Misstände aufzudecken.

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Versteckte Kamera: LG Hamburg 24. Zivilkammer, Urteil vom 23.06.2017, 324 O 352/16

§ 823 Abs 1 BGB, § 1004 Abs 1 S 2 BGB

Tenor

I. Die Beklagten werden jeweils verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens 250.000,00 EUR; Ordnungshaft insgesamt höchstens 2 Jahre) zu unterlassen,

das Filmmaterial, welches mit einer versteckten Kamera in den Räumlichkeiten der von der Klägerin betriebenen Klink aufgenommen wurde, erneut – wie in der Sendung „T. W. –R. U.“, Folge „katastrophale Missstände in deutschen Krankenhäusern“ vom 11.01.2016 geschehen – zu veröffentlichen und/oder zu verbreiten und/oder veröffentlichen und/oder verbreiten zu lassen.

II. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an die Klägerin den Betrag in Höhe von 443,22 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der europäischen Zentralbank seit dem 18.06.2016 zu zahlen.

III. Die Beklagte zu 2) wird verurteilt, an die Klägerin den Betrag in Höhe von 443,22 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der europäischen Zentralbank seit dem 18.06.2016 zu zahlen.

IV. Die Kosten des Rechtsstreits haben die Beklagten zu 1) und zu 2) jeweils zur Hälfte zu tragen.

V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, hinsichtlich Ziffer I gegen die jeweiligen Beklagten jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von jeweils 40.000 EUR, hinsichtlich Ziffern II und III. nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

und beschließt:

Der Streitwert wird auf 80.000 EUR festgesetzt.Tatbestand

Die Parteien streiten über die Zulässigkeit einer TV-Berichterstattung, die von der Beklagten zu 2) produziert und von der Beklagten zu 1) ausgestrahlt wurde, sowie über die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten der Klägerin.

Die Klägerin betreibt die H. Dr. H. S. K. in W. (im Folgenden: Klinik der Klägerin). Seit Mai 2014 befinden sich 49,9% der Anteile der Klinik in der Hand der H. K. GmbH – im Übrigen liegen diese bei der Stadt W. (vgl. Anlage BK1).

Die Beklagte zu 1) ist die Sendeverantwortliche des deutschlandweit ausgestrahlten TV-Senders „R.“. Die Beklagte zu 2) ist eine Produktionsfirma, die unter anderem für die Beklagte zu 1) das Format „T. W. –R. U.“ produziert, und eine 100%ige Tochter der Beklagten zu 1).

Am 11.01.2016 strahlte die Beklagte zu 1) die von der Beklagten zu 2) produzierte Folge des o.g. Formats mit dem Titel „P. s. G.“ aus, deren Ziel es sein sollte, über katastrophale Missstände in deutschen Krankenhäusern zu berichten. Beispielhaft wird hierfür eingangs behauptet, dass in deutschen Krankenhäusern allgemein ein schlechter Personalschlüssel vorherrsche. Die vermeintlichen Missstände sollten exemplarisch anhand dreier Kliniken dargestellt werden, unter anderem der Klinik der Klägerin. Über diese wird in dem Beitrag (Anlage K2) zwischen Minute 30:14 und 58:10 berichtet. Hierbei werden schwerpunktmäßig verschiedene Filmaufnahmen aus den Räumlichkeiten der Klinik gezeigt, die eine Reporterin der Beklagten zu 2) – die Reporterin P. O. – im Rahmen eines achttägigen Pflegepraktikums im Mai 2015 in der Klinik angefertigt hat. Die Vertreter der Klägerin hatte sie bei Abschluss des Praktikumsvertrags über ihre Absichten, als – verdeckte – Reporterin Aufnahmen in den Räumlichkeiten der Klinik anzufertigen, nicht aufgeklärt, sodass dies in der Folge ohne Einwilligung der Klägerin geschah. Für die Anfertigung der Aufnahmen verwendete die Reporterin eine versteckte Kamera, um heimlich – von der Klägerin und den gefilmten Personen unbemerkt – die inkriminierten Film- und Tonaufnahmen aufzeichnen zu können. Hierunter befinden sich beispielsweise heimliche Mitschnitte von Gesprächen der Reporterin mit Patienten sowie mit dem Klinikpersonal. Die Patienten werden zum Teil in ihren Zimmern und auf den Fluren der Klinik gezeigt, mitunter auch im Rahmen laufender Behandlungen und Interaktionen mit Ärzten und Pflegern. Teilweise ist auch die Bekleidung der Patienten zu erkennen, und es wird die Krankengeschichte einzelner Patienten erörtert. Die heimlich gefilmten Personen werden jeweils im Gesicht verpixelt und mit verzerrter Stimme dargestellt.

Als Ursache der vermeintlichen Missstände in der Klinik werden in der streitgegenständlichen Berichterstattung insbesondere vorgenommene Einsparungen der Klägerin bei Personal und Ausstattung zum Zwecke der Gewinnmaximierung benannt. Allgemein hätten diese zur Folge, dass in der Klinik, und insbesondere in deren Zentralen Notaufnahme (im Folgenden: ZNA), ein akuter Personalmangel herrsche, infolge dessen einige Mitarbeiter der Klägerin aufgrund hoher Arbeitsbelastung gestresst seien und mitunter wenig Zeit für eine adäquate Versorgung der einzelnen Patienten zur Verfügung stehe. Überdies sei die ZNA insgesamt stark ausgelastet.

Darüber hinaus sollen unter Bezugnahme auf einzelne, filmisch festgehaltene Situationen als Folgen der Einsparungen dargestellt werden, die nach Ansicht des Beklagten konkrete Missstände sind:

– Ab Minute 31:05 (an dieser Stelle und im Folgenden jeweils bezogen auf den Zeitstempel des Videomitschnitts in Anlage K2) wird eine Situation dargestellt, in der zwei schwerverletzte Patienten angekündigt werden, die sich auf dem Weg zu den beiden „Schockräumen“ der Klinik befinden, in denen eine Erstversorgung stattfinden soll. Da in der Szene jedoch nur Personal – Ärzte und Pfleger – für einen der Schockräume anwesend ist, wird versucht, weiteres Personal für den zweiten Schockraum aufzutreiben. Ein anwesender Arzt merkt sodann gegenüber einer Pflegerin an, dass man in der Leitstelle anrufen und mitteilen müsse, man könne wegen mangelnden Pflegepersonals doch nicht beide Patienten aufnehmen. Nachdem der Ausgang dieser Situation zunächst offen bleibt, wird gegen Ende der Berichterstattung über die Klinik der Klägerin darüber aufgeklärt, dass zunächst nur einer der angekündigten Patienten eintraf und der andere Patient erst wesentlich später eingeliefert wurde.

– Ab Minute 40:47 wird unter Bezugnahme auf die Angaben einer Pflegekraft behauptet, dass in der ZNA im Mai 2015 mit 700 Überstunden geplant worden sei.

– Ab Minute 43:45 wird die Behauptung aufgestellt, dass nach der Übernahme der Klinik durch die Klägerin die Arbeitsstundenzahl der Putzkräfte drastisch reduziert worden und die Folgen der Sparmaßnahmen in der Klinik auch sichtbar seien. Beispielsweise habe eine Kollegin der Reporterin Frau O. hinter Betten eine angebissene Wurst entdeckt, die dort tagelang liegen geblieben sei.

– Ab Minute 44:09 wird die Behauptung aufgestellt, dass im Krankenhausflur vor der ZNA, der für jedermann zugänglich sei, oftmals verschmutzte Betten mit befleckten Laken stünden.

– Ab Minute 44:53 wird die Behauptung aufgestellt, dass die Pfleger in der Klinik trotz permanenter Unterbesetzung zusätzlich noch Reinigungsarbeiten übernehmen sollten.

– Ab Minute 45:30 ist zu sehen, wie eine Pflegerin die Reporterin Frau O. anweist, eine Liege erneut zu verwenden, obwohl diese noch nicht desinfiziert war.

– Ab Minute 46:05 wird zunächst ein Pfleger oder ein Arzt und anschließend eine heimlich gefilmte Pflegekraft gezeigt, die sich jeweils einen Einweghandschuh überziehen, der hierbei reißt. Es wird behauptet, dass die in der Klinik verwendeten Handschuhe minderwertig seien. Diese seien so dünn, dass sie häufig schon beim Überziehen reißen würden.

Nach dem unstreitigen Vortrag der Klägerin wird das konkrete Produkt am Markt in mindestens dreistelligen Millionenstückzahlen vertrieben und in verschiedenen Krankenhäusern innerhalb und außerhalb der H.- K. seit vielen Jahren verwendet.

– Ab Minute 46:30 behauptet eine Pflegekraft, sie habe mit den von der Klägerin zur Blutentnahme eingesetzten „Butterfly-Nadeln“ schon etwa 20 Venen zum Platzen gebracht. Sodann wird behauptet, dass die Nadeln in der Handhabe unpraktisch seien und daher insbesondere bei älteren Patienten die Venen zum Platzen bringen würden. Schließlich wird behauptet, dass die Klägerin schlechte Nadeln verwende.

Die eingesetzten Nadeln, die von einem namhaften, weltweit führenden Hersteller stammen, sind indes nicht generell minderwertig. Sie weisen dieselbe Dicke auf wie die zuvor in der Klinik eingesetzten Nadeln. Lediglich die Schlauchlänge, die jedoch keine Auswirkungen auf die Gefahr einer platzenden Vene hat, ist etwas kürzer

– Ab Minute 51:07 wird ein Informationszettel eingeblendet, der im Aufenthaltsraum der Pflegekräfte aushing. Auf diesen Bezug nehmend wird die Behauptung aufgestellt, dass 70% aller Identitätsfehler der Klinik – Fehler, die auf Verwechslungen von Urin- oder Blutproben beruhen – aus der ZNA stammten, was nach der zitierten Meinung einer Pflegekraft auf den Zeitdruck des dort eingesetzten Pflegepersonals zurückzuführen sei.

Bezogen auf den gesamten Zeitraum Januar-Oktober 2015 entfielen jedoch lediglich 9,5% der Identitätsfehler der Klinik auf die ZNA. Die dortige Fehlerquote beträgt durchschnittlich 0,025% und ist seit dem Jahr 2012 kontinuierlich verbessert worden.

– Ab Minute 52:08 wird eine Situation dargestellt, in der eine Patientin mit Verdacht auf Schlaganfall oder Hirnblutungen in den Schockraum eingeliefert werden soll, da auf der Intensivstation im Zeitpunkt der Ankündigung der Patientin zunächst kein Bett frei war. Auf der Intensivstation hätte insbesondere für eine eventuelle Beatmung der Patientin eine bessere technische Ausstattung bereitgestanden, wohingegen für eine entsprechende Behandlung im Schockraum ein Anästhesist hinzugezogen werden müsste. Tatsächlich konnte die Patientin bei Eintreffen auf die Intensivstation umgeleitet werden. Der Schockraum war indes vorsorglich für sie vorbereitet und die Hinzuziehung eines Anästhesisten veranlasst worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten der angegriffenen Berichterstattung wird auf die Anlage K2 Bezug genommen.

Nach Ausstrahlung des streitgegenständlichen Beitrags mahnte die Klägerin die Beklagten mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 17.02.2016 ab und forderte sie erfolglos zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung auf (vgl. Anlagen K9 und K10). Daraufhin erwirkte die Klägerin eine einstweilige Verfügung der Kammer vom 12.04.2016 (Az.: 324 O 96/16, Anlage K11), mit welcher den Beklagten entsprechend des vorliegenden Tenors zu Ziff. I unter Androhung der üblichen Ordnungsmittel die Veröffentlichung und Verbreitung des inkriminierten Filmmaterials untersagt wurde. Die Beklagten haben die einstweilige Verfügung der Kammer nicht als endgültige Regelung anerkannt, sondern beantragt, die Klägerin zur Erhebung der Hauptsacheklage aufzufordern, wie mit Beschluss der Kammer vom 09.05.2016 (vgl. Anlage K12) sodann geschehen. Dem ist die Klägerin mit der vorliegenden Klageschrift nachgekommen, die den Beklagten am 17.06.2016 zugestellt wurde.

Die Klägerin ist der Auffassung, ihr stehe betreffend das inkriminierte Filmmaterial ein Unterlassungsanspruch wegen der Verletzung ihres Unternehmenspersönlichkeitsrechts zu. Das gesamte Videomaterial aus den Räumlichkeiten ihrer Klinik sei rechtswidrig erlangt worden, nämlich durch die Reporterin Frau O. unter Verletzung ihrer vertraglichen Nebenpflichten aus dem Praktikumsvertrag. In dem heimlichen Filmen ohne ihre, der Klägerin, Einwilligung liege eine Verletzung ihres Hausrechts, welches ihr die Befugnis verleihe, im Einzelfall zu bestimmen, wie das Betreten und die Nutzung ihrer Räumlichkeiten gestattet werde und ob beziehungsweise wo Filmaufnahmen zugelassen werden. Überdies stelle das heimliche Filmen von Klinikpersonal und Patienten eine Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereiches der Gefilmten durch Bildaufnahmen gem. § 201a StGB dar, das heimliche Anfertigen von Tonaufnahmen ohne Einwilligung der Betroffenen begründe zudem eine Verletzung der Vertraulichkeit ihres Wortes gem. § 201 Abs. 1 und 2 StGB.

An dem illegal erlangten Material bestehe auch kein überragendes berechtigtes öffentliches Interesse, welches ausnahmsweise seine Ausstrahlung rechtfertige. Die heimlichen Filmaufnahmen stellten keinerlei erhebliche Missstände dar, insbesondere sei ihnen nicht zu entnehmen, dass die Gesundheit oder das Leben von Patienten gefährdet worden wären. Der in der Berichterstattung dargestellte Stellenabbau in der Klinik (vgl. Anlagen BK2-BK4) sowie die dortige – branchenübliche – Personalsituation (vgl. Anlagen BK18 und BK19) seien im Grundsatz bereits bekannt gewesen, sodass es insoweit keiner Undercover-Recherche bedurft hätte. Insbesondere bestehe kein berechtigtes öffentliches Berichterstattungsinteresse bezüglich der heimlichen Bildaufnahmen von Patienten. Wenngleich diese unter Verpixelung ihrer Gesichter und Verzerrung ihrer Stimmen gezeigt würden, seien sie anhand ihrer zum Teil dargelegten Krankengeschichte und der sichtbaren Räumlichkeiten, in denen sie sich befänden, sowie der getragenen Kleidung im Rechtssinne erkennbar. Durch die Darstellung der Patienten in hilfloser Lage, wodurch deren Privat- und Intimsphäre verletzt werde, würden auch ihre, der Klägerin, berechtigten Interessen erheblich verletzt, da zu erwarten sei, dass das Vertrauen der Patienten in ihre Klinik gestört werde und sich eine Vielzahl der Patienten von dieser abwenden werde. Auch das Vertrauen ihrer Mitarbeiter sei durch die heimlichen Aufnahmen am Arbeitsplatz erheblich gestört worden.

Zu den dargestellten Situationen trägt die Klägerin im Einzelnen vor:

– In der Situation, in der sich zwei schwerverletzte Personen auf dem Weg zu den „Schockräumen“ der Klinik befanden, habe keine Gefährdung eines Patienten durch die Organisation oder etwaige Missstände in der Klinik vorgelegen, zumal die angekündigten Patienten letztlich unstreitig nicht zeitgleich eingetroffen seien und die zeitgleiche Benutzung beider Schockräume mithin nicht erforderlich geworden sei. Das benötigte Personal hätte erforderlichenfalls an anderer Stelle vorübergehend abgezogen werden können. Die Bemerkung des Arztes, man müsse der Leitstelle mitteilen, man könne die Patienten wegen mangelnden Pflegepersonals doch nicht aufnehmen, sei ersichtlich ironisch gemeint gewesen.

– Soweit unter Bezugnahme auf die Angaben einer Pflegekraft behauptet werde, dass die Klinik im Monat Mai 2015 in der ZNA mit 700 Überstunden geplant habe, sei diese Zahl unzutreffend. Die tatsächlich im Monat Mai 2015 überplanten Überstunden würden sich lediglich auf 392,7 Stunden belaufen. Diese seien in den Folgemonaten wieder abgebaut worden und darauf zurückzuführen, dass in den Monat drei gesetzliche Feiertage gefallen seien. Derartige Schwankungen aufgrund von Feiertagen seien nicht unüblich.

– Die Äußerung, die Stundenzahl der Putzfrauen sei nach Übernahme der Klinik durch sie, die Klägerin, drastisch reduziert worden, nimmt die Klägerin in Abrede. Die Arbeitszeiten der Reinigungskräfte seien seit 2014 unverändert: täglich von 06:00 bis 11:00 Uhr und von 13:00 bis 17:00 Uhr. Insbesondere, dass eine Wurst mehrere Tage in einer Ecke gelegen haben soll, sei bei den gegebenen Reinigungszeiten nicht nachvollziehbar.

– Soweit in der Berichterstattung behauptet werde, dass im Krankenhausflur vor der ZNA oftmals verschmutzte Betten mit befleckten Laken stünden, trägt die Klägerin vor, dass im Falle einer Beschmutzung der Liegen diese umgehend aus dem Patientenumfeld entfernt und zur Aufbereitung auf einen Verbindungsflur – einen Parallelflur, der nicht öffentlich zugänglich sei (vgl. Anlage K4) – verbracht würden. Nach der Reinigung und Desinfektion würden die Liegen abgedeckt.

– Hinsichtlich der Äußerung, dass Pfleger Reinigungsarbeiten übernehmen müssten, trägt die Klägerin vor, dass das Pflegepersonal gemäß der Arbeitsanweisung nur die Reinigung der medizinischen Geräte nach ihrer Benutzung übernehme, was einem üblichen Ablauf in einer Klinik entspräche. Im Übrigen werde die Reinigung durch das Reinigungspersonal übernommen. Das Vorbringen der Beklagten, dass insbesondere die Pflegekraft Frau D. in der Vergangenheit Reinigungsarbeiten übernommen habe, sei insoweit zutreffend, als diese einmal aus eigenem Antrieb eine Station umgeräumt habe, wodurch sie jedoch ihren Dienstvorgaben zuwider gehandelt habe.

– Soweit in der Berichterstattung gezeigt werde, wie eine Pflegerin die Reporterin Frau O. anweise, eine Liege ohne Desinfektion erneut zu verwenden, handele es sich um ein einzelnes Fehlverhalten einer Pflegekraft, die in dieser Situation gegen die strikten Vorgaben der Klägerin gehandelt habe.

– Für die in der Berichterstattung behauptete Minderwertigkeit der in der Klinik verwendeten Einweghandschuhe bestünden keine Anhaltspunkte. Diese würden seit vielen Jahren ohne auffällige Komplikationen verwendet. Trotz der hohen Stückzahl der eingesetzten Handschuhe habe es in der Vergangenheit keine auffällige Anzahl an Beschwerden gegeben.

– Die Behauptung einer Pflegekraft, die in der Klinik verwendeten Butterfly-Nadeln seien minderwertig, insbesondere unpraktisch in der Handhabe, weshalb sie häufiger als andere Nadeln Venen zum Platzen bringen würden, nimmt die Klägerin in Abrede. Entgegen der Behauptung der Beklagten habe es auch keine ständigen Wechsel der Medizinprodukte gegeben, sondern nur eine, mit der Übernahme der Klinik durch die H. verbundene Umstellung. Demnach sei auch nicht nachvollziehbar, was die Klägerin zudem bestreitet, dass nach dem Vorbringen der Beklagten eine mangelnde Routine des Pflegepersonals im Umgang mit den Medizinprodukten zu regelmäßigen Verletzungen bei Patienten geführt haben soll.

– Hinsichtlich der Behauptung, dass 70% aller Probenidentitätsfehler der Klinik aus der ZNA stammten, verweist die Klägerin darauf, dass die genannte Quote jedenfalls bezogen auf den Zeitraum Januar-Oktober 2015 – unstreitig – unzutreffend und die durchschnittliche Fehlerquote in der ZNA insgesamt äußerst gering sei.

– Soweit in der Berichterstattung dargestellt werde, dass eine Patientin mit Verdacht auf Schlaganfall oder Hirnblutungen in den Schockraum eingeliefert werden solle, da auf der Intensivstation kein Bett frei gewesen sei, trägt die Klägerin vor, dass auch in dieser Situation das Leben oder die Gesundheit der Patientin zu keinem Zeitpunkt gefährdet gewesen seien. Der Schockraum sei – insoweit unstreitig – nur vorsichtshalber vorbereitet worden, bis festgestanden habe, dass die Patientin doch auf die Intensivstation habe umgeleitet werden können.

Den Anspruch auf Erstattung vorprozessualer Rechtsanwaltskosten berechnet die Klägerin ausgehend von einem Gesamtgegenstandswert von 80.000. Unter Zugrundelegung dieses Gegenstandswerts macht sie für die anwaltlichen Abmahnschreiben insgesamt eine 0,65-Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG (866,45 EUR) nebst Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV RVG in Höhe von 20,00 EUR geltend, die sie jeweils hälftig von den Beklagten erstattet begehrt.

Die Klägerin beantragt,

I. die Beklagten jeweils zu verurteilen, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens 250.000 EUR; Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre), zu unterlassen,

das Filmmaterial, welches mit einer versteckten Kamera in den Räumlichkeiten der von der Klägerin betriebenen Klink aufgenommen wurde, erneut – wie in der Sendung „T. W. –R. U.“, Folge „katastrophale Missstände in deutschen Krankenhäusern“ vom 11.01.2016 geschehen – zu veröffentlichen und/oder zu verbreiten und/oder veröffentlichen und/oder verbreiten zu lassen.

II. die Beklagte zu 1) zu verurteilen, an die Klägerin den Betrag in Höhe von 443,22 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der europäischen Zentralbank seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

III. die Beklagte zu 2) zu verurteilen, an die Klägerin den Betrag in Höhe von 443,22 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der europäischen Zentralbank seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Sie sind der Auffassung, der geltend gemachte Unterlassungsanspruch der Klägerin bestehe nicht. Insbesondere verletzte die inkriminierte Berichterstattung nicht das Unternehmenspersönlichkeitsrecht der Klägerin, da jene Missstände von gravierendem Gewicht aufdecke, aufgrund derer eine Gefährdung der Gesundheit und unter Umständen sogar des Lebens von Menschen gegeben sei. Demgegenüber sei der Eingriff in die Rechte der Klägerin gering, da insbesondere die gefilmten Bereiche überwiegend der Öffentlichkeit zugänglich seien und keine Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse offenbart würden.

Die Klägerin könne sich allenfalls auf die Verletzung ihres Hausrechts berufen, nicht hingegen auf angebliche Verstöße gegen §§ 201a, 201 Abs. 1 und 2 StGB, da insoweit nicht ihre eigenen Rechtsgüter verletzt seien. Der Eingriff in das Hausrecht wiege nur gering, da das Gelände einer sehr großen Anzahl von Personen zugänglich sei, insbesondere Mitarbeitern und Besuchern.

Auch die Veröffentlichung rechtswidrig beschaffter oder erlangter Informationen sei vom Schutz der Meinungs- bzw. Pressefreiheit erfasst. Nach der Rechtsprechung unter anderem des Bundesgerichtshofs und des Bundesverfassungsgerichts könne nicht nur die Aufdeckung rechtswidriger Zustände oder Verhaltensweisen die Veröffentlichung von heimlich angefertigten Filmaufnahmen rechtfertigen, sondern ein überwiegendes Informationsinteresse auch an der Aufdeckung sonstiger Missstände von erheblichem Gewicht bestehen.

Vorliegend decke die inkriminierte Berichterstattung erhebliche Missstände auf. Sie weise auf die Personalnot insbesondere in der ZNA hin und zeige, dass auch Einsparungen bei Reinigungskräften oder Arbeitsmitteln zu erheblichen Einschränkungen der medizinischen Versorgung und mithin zu einer Gefährdung der Gesundheit und des Lebens der Patienten führten.

Überdies begründeten die dargestellten Missstände auch ein rechtswidriges Verhalten der Klägerin. Namentlich die Personalnot und die bestehenden Hygienemängel könnten im Extremfall zu einer (fahrlässigen) Körperverletzung oder einer (fahrlässigen) Tötung führen. Die Hygienemängel stellten zudem einen Verstoß gegen geltende (Hygiene-)Verordnungen dar. Die dargestellten Zustände begründeten ferner einen Verstoß gegen § 5 Abs. 2 Hessisches Krankenhausgesetz (HKHG), wonach ein Patient mit seiner Aufnahme im Krankenhaus Anspruch auf eine angemessene Behandlung hat. Hiernach habe jeder Patient Anspruch auf das ungestörte vertrauensvolle Gespräch mit den für die Betreuung verantwortlichen Personen. Hierzu stehe es im Widerspruch, wenn die Klägerin auf den Gängen Behandlungen vornehmen lasse. Schließlich verstoße die Klägerin durch ihre Personalpolitik gegen ihre Fürsorgepflichten gegenüber ihren Mitarbeitern.

Zu den in Rede stehenden potentiellen Missständen tragen die Beklagten im Einzelnen vor:

– Die Situation, in der sich zwei schwerverletzte Personen auf dem Weg zu den „Schockräumen“ der Klinik befanden, zeige, dass das Personal der ZNA schon bei der Ankündigung von zwei Notfallpatienten massiv überfordert sei. Die Bemerkung des Arztes man müsse der Leitstelle mitteilen, die Patienten wegen mangelnden Pflegepersonals doch nicht aufnehmen zu können, sei keineswegs ironisch zu verstehen.

– Soweit in der Berichterstattung unter Bezugnahme auf die Angaben einer Pflegekraft behauptet werde, dass die Klinik im Monat Mai 2015 in der ZNA mit 700 Überstunden geplant habe, bestreiten die Beklagten das diesbezügliche Vorbringen der Klägerin mit Nichtwissen. Die Zahl von 700 eingeplanten Überstunden im Mai 2015 ergebe sich zudem aus der beigebrachten anonymisierten eidesstattlichen Versicherung eines Informanten der Beklagten (Anlage BK5). Entsprechende Angaben habe der nicht näher benannte Informant zudem gegenüber mehreren Zeugen gemacht. Die massive Personalnot sei auch Thema auf einer Betriebsversammlung der Klägerin im Mai 2015 gewesen, wie sich aus der dort gezeigten Powerpoint-Präsentation und den Auszügen aus dieser ergäbe. Wegen ihres Inhalts wird auf die Anlagen BK6-BK9 Bezug genommen. Zudem habe die Personalnot zu einer Vielzahl von Überlastungsanzeigen geführt, was sich aus dem Anlagenkonvolut BK10 ergäbe.

– Hinsichtlich der Äußerung, die Stundenzahl der Putzfrauen sei nach Übernahme der Klinik durch die Klägerin drastisch reduziert worden, wird das diesbezügliche Vorbringen der Klägerin zu den Arbeitszeiten der Reinigungskräfte mit Nichtwissen bestritten. Der namentlich nicht genannte Informant der Beklagten habe drei Zeugen gegenüber angegeben, dass das Pflegepersonal Reinigungsarbeiten übernehme, und ab mittags auf den Stationen, einschließlich der ZNA, keine Reinigungskräfte mehr zur Verfügung stünden. Die angebissene Wurst habe wie in der Berichterstattung dargestellt über mehrere Tage an der gezeigten Stelle gelegen.

– Bezüglich der Behauptung, dass im Krankenhausflur vor der ZNA oftmals verschmutzte Betten mit befleckten Laken stünden, tragen die Beklagten vor, dass in dem Beitrag auch blutbefleckte Betten auf einem öffentlich zugänglichen Flur zu sehen seien. Der auf Anlage K4 zu sehende Flur sei augenscheinlich nicht derselbe Flur wie der in der Berichterstattung zu sehende. Zudem sei auch der von der Klägerin genannte Verbindungsflur öffentlich zugänglich. Das Vorbringen der Klägerin, dass die Liegen in dem von ihr beschriebenen Bereich aufbereitet würden und dieser nicht mit Patientenwegen kollidiere, wird von den Beklagten mit Nichtwissen bestritten. Jedenfalls sei sowohl dem inkriminierten Beitrag als auch dem Foto aus Anlage K4 zu entnehmen, dass die Klägerin benutzte und gereinigte Liegen unmittelbar nebeneinander lagere. Hierbei sei es unmöglich sicherzustellen, dass keine Übertragung von Keimen auf die gereinigten Liegen stattfinde.

– Soweit in der Berichterstattung behauptet werde, dass Pfleger auch Reinigungsarbeiten übernehmen müssten, tragen die Beklagten vor, dass ihr Informant dies wiederum drei Zeugen gegenüber berichtet habe. Auch die Zeugin Frau D. habe als Pflegekraft häufiger Reinigungsarbeiten übernommen.

– Hinsichtlich der in der Berichterstattung behaupteten Minderwertigkeit der in der Klinik verwendeten Einweghandschuhe tragen die Beklagten vor, dass neben der im Beitrag zu sehenden Krankenschwester auch der Zeugin D. mehrfach Handschuhe bei der Benutzung gerissen seien.

– Soweit in der Berichterstattung eine Pflegekraft behaupte, die in der Klinik verwendeten Butterfly-Nadeln seien minderwertig, insbesondere unpraktisch in der Handhabe, tragen die Beklagten vor, es sei regelmäßig zu einer Verletzung von Patienten aufgrund der schlechten Handhabbarkeit der Butterflynadeln und der mangelnden Routine des Personals durch ständige Wechsel der Medizinprodukte gekommen. Exemplarisch sei dies bereits in dem inkriminierten Beitrag zu sehen. Dass es, wie von der Klägerin behauptet, lediglich zu einer Umstellung im Zuge der Übernahme der Klinik gekommen sei, wird von den Beklagten mit Nichtwissen bestritten.

– Soweit in der Berichterstattung behauptet werde, dass 70% aller Probenidentitätsfehler der Klinik aus der ZNA stammten, verweisen die Beklagten auf das in der Berichterstattung erkennbare Datum des Informationszettels (05.03.2015). Das Vorbringen der Klägerin zum Zeitraum Januar-Oktober 2015 sei insoweit nicht aussagekräftig, beziehungsweise stehe den Angaben des Informationszettels nicht entgegen. Die dort genannte Zahl werde auch auf keinen bestimmten Zeitraum bezogen.

– Die in der Berichterstattung dargestellten Situation, in welcher eine Patienten mit Verdacht auf Schlaganfall oder Hirnblutungen in den Schockraum eingeliefert werden solle, zeige, dass es bei der Versorgung von Notfallpatienten durch die Klägerin regelmäßig zu Engpässen komme.

Darüber hinaus verweisen die Beklagten auf verschiedene Berichterstattungen, ausweislich derer auf der Frühgeborenenstation der Klägerin neun Frühgeborene mit einem MRSA-Keim infiziert worden seien. Wegen der Einzelheiten der Berichterstattungen wird auf Anlagenkonvolut BK30 Bezug genommen.

Das erhebliche öffentliche Informationsinteresse an dem inkriminierten Filmmaterial und an den hierdurch aufgedeckten Missständen werde zudem durch die öffentlichen Reaktionen auf die streitgegenständliche Berichterstattung, unter anderem durch die Stadt W., die H. K. GmbH, Zuschauer der Sendung und die Presse bestätigt. Insoweit wird auf die Anlagen BK12-BK29 verwiesen.

Mit dem Unterlassungsanspruch entfalle nach Auffassung der Beklagten auch der geltend gemachte Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der Sitzung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

I.
Der Klägerin steht die geltend gemachten Unterlassungsanspruch aus §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1, Art. 19 Abs. 3 GG gegen die Beklagten zu, denn die angegriffene Berichterstattung verletzt bei fortbestehender Wiederholungsgefahr ihr Unternehmenspersönlichkeitsrecht.

1.
Die Anfertigung und die vorliegende Verbreitung des streitgegenständlichen Filmmaterials im Rahmen der Sendung vom 11.01.2016 stellten einen Eingriff in die Rechte der Klägerin, namentlich in ihr Unternehmenspersönlichkeitsrecht dar. Das Unternehmenspersönlichkeitsrecht schützt die Klägerin auch davor, dass in der räumlichen Sphäre, die ihrem Hausrecht unterliegt und nicht allgemein zugänglich ist, gegen ihren Willen heimlich Filmaufnahmen gefertigt und diese anschließend verbreitet werden (vgl. OLG Stuttgart, AfP 2015, 450, Tz. 104; KG NJW 2000, 2210, Tz. 4). Gegen den Willen des Unternehmens erfolgen derartige heimliche Filmaufnahmen nicht nur dann, wenn sie ausdrücklich verboten sind, vielmehr bedarf umgekehrt das Fertigen von Aufnahmen zu journalistischen Zwecken einer diesbezüglichen Erlaubnis, selbst wenn der Zutritt zu den Räumen an sich gestattet ist und auch im konkreten Fall gestattet wurde (OLG Stuttgart, a.a.O., Tz. 106; KG, a.a.O., Tz. 5), denn eine allgemeine Nutzungsgestattung erfasst nur den bestimmungsgemäßen Benutzungszweck (KG, ebenda). Dass die generelle Gestattung des Zutritts zu einem räumlich geschützten Bereich durch bestimmte Nutzungszwecke beschränkt sein kann, ohne dass dies ausdrücklich ausgesprochen sein müsste, entspricht auch der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH NJW 2006, 1054, Tz. 8 f.). Erst recht gilt dies, wenn der Zutritt zu der geschützten räumlichen Sphäre erschlichen wird, insbesondere, wenn ein Journalist als vermeintlich loyaler Mitarbeiter des Unternehmens tätig wird und ihm in dieser Eigenschaft der Zutritt gestattet wird, er aber in Wahrheit Informationen erlangen will, um diese dann zu publizieren (OLG Hamm, OLGR 2004, 345, Tz. 25). Nach diesen Maßstäben liegt in Gestalt der Anfertigung der heimlichen durch die als Praktikantin in die Klinik der Klägerin eingeschleuste Reporterin Frau O. sowie in der erfolgten Ausstrahlung des Filmmaterials ein Eingriff in das Unternehmenspersönlichkeitsrecht der Klägerin vor. Ob daneben noch ein Eingriff in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb vorliegt, kann dahinstehen, da sowohl das Persönlichkeitsrecht als auch das Recht am eingerichteten Gewerbebetrieb sog. offene Haftungstatbestände sind und für die Frage der Rechtswidrigkeit eines Eingriffs die gleichen Abwägungsgrundsätze gelten (vgl. OLG Stuttgart, a.a.O., Tz. 104).

2.
Durch den dargelegten Eingriff wird das Unternehmenspersönlichkeitsrecht der Klägerin auch verletzt. Dies folgt aus der vorzunehmenden Abwägung zwischen dem Unternehmenspersönlichkeitsrecht der Klägerin einerseits und der durch Art. 5 Abs. 1 GG geschützten Meinungs- und Rundfunkfreiheit der Beklagten andererseits.

a)

Für die Abwägung der widerstreitenden Rechte und Interessen gelten nach der sog. „Wallraff-Entscheidung“ des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE, Beschl. v. 15.01.1984, 1 BvR 272/81 = BVerfGE 66, 116-151 – Günter Wallraff, juris Rn. 57 ff.) folgende Grundsätze:

Im Rahmen der Abwägung kommt es zum einen auf den Zweck der streitgegenständlichen Veröffentlichung an. Den Grundrechten der Meinungs- und Rundfunkfreiheit kommt umso größeres Gewicht zu, je mehr es sich nicht um eine unmittelbar gegen ein privates Rechtsgut gerichtete Veröffentlichung im privaten, namentlich im wirtschaftlichen Verkehr und in Verfolgung eigener Ziele handelt, sondern um einen Beitrag zum geistigen Meinungskampf in einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage. Auf der anderen Seite ist aber auch das Mittel von wesentlicher Bedeutung, durch welches ein solcher Zweck verfolgt wird. Handelt es sich um die Veröffentlichung einer Information, die durch Täuschung widerrechtlich beschafft und zu einem Angriff gegen den Getäuschten verwendet wurde, so indiziert dies in der Regel einen nicht unerheblichen Eingriff in den Bereich des anderen, namentlich dann, wenn dieser wegen seiner Vertraulichkeit geschützt ist. Darüber hinaus gerät dieses Mittel in einen schwerwiegenden Widerspruch mit der Unverbrüchlichkeit des Rechts, einer Grundvoraussetzung der Rechtsordnung. Bei dieser Sachlage aber hat die Veröffentlichung – so das Bundesverfassungsgericht – grundsätzlich zu unterbleiben. Eine Ausnahme kann nur dann gelten, wenn die Bedeutung der Information für die Unterrichtung der Öffentlichkeit und die öffentliche Meinungsbildung eindeutig die Nachteile überwiegt, welche der Rechtsbruch für den Betroffenen und die Geltung der Rechtsordnung nach sich ziehen muss. Dies wird in der Regel dann nicht der Fall sein, wenn die in der dargelegten Weise widerrechtlich beschaffte und verwertete Information Zustände oder Verhaltensweisen offenbart, die ihrerseits nicht rechtswidrig sind; denn dies deutet darauf hin, dass es sich nicht um Missstände von erheblichem Gewicht handelt, an deren Aufdeckung ein überragendes öffentliches Interesse besteht (BVerfG, a.a.O., Tz. 57 vgl. auch BGH NJW 782, Tz. 20 f. – Innenminister unter Druck; OLG Stuttgart, a.a.O., Tz. 117 ff.). Diese Grundsätze sind auch vorliegend im Rahmen der Abwägung zugrunde zu legen. Darauf, ob die Klägerin selbst sich ebenfalls – wie es in dem der Wallraff-Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt der Fall war – auf die Grundrechte aus Art. 5 Abs. 1 GG berufen kann, kommt es insoweit nicht an (OLG Stuttgart, a.a.O., Tz. 119 f.).

b)
Nach den dargelegten Grundsätzen überwiegen vorliegend die geschützten Interessen der Klägerin. Im Rahmen der vorzunehmenden Abwägung ist namentlich Folgendes zu berücksichtigen:

aa)
Zugunsten der Klägerin streitet vorliegend, dass die Beklagte zu 2) sich das streitgegenständliche Bildmaterial durch Täuschung der Klägerin und unter Verletzung ihres Hausrechts, mithin in rechtswidriger Weise beschafft hat. Die für die Beklagte zu 2) tätige Journalistin Frau O., deren Verhalten sich die Beklagten zurechnen lassen müssen, hat sich den Zugang zu den Räumlichkeiten der Klinik der Klägerin dadurch eröffnet, dass sie vorgetäuscht hat, (lediglich) als Praktikantin in der Klinik arbeiten zu wollen. Indes hat sie vorsätzlich verschleiert, dass sie tatsächlich Videoaufnahmen für die streitgegenständliche, gegen die Klägerin gerichtete Berichterstattung fertigen wollte. Hierdurch hat sie das Hausrecht der Klägerin verletzt und mithin rechtswidrig gehandelt, denn dass die Klägerin mit einer Anfertigung von heimlichen Filmaufnahmen zum Zwecke der später ausgestrahlten Reportage nicht einverstanden war, lag sowohl für die Journalistin Frau O. als auch für die Beklagten auf der Hand. Ein Rechtfertigungsgrund für das genannte Vorgehen lag nicht vor. Insbesondere scheidet eine Rechtfertigung wegen Wahrnehmung berechtigter Interessen analog § 193 StGB aus, da die Grundrechte der Meinungs-, Rundfunk- und Informationsfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 GG nicht die rechtswidrige Informationsbeschaffung schützen (BVerfG, a.a.O., Tz. 54).

Des Weiteren ist zugunsten der Klägerin zu berücksichtigen, dass die Verletzung ihres Unternehmenspersönlichkeitsrechts vergleichsweise schwer wiegt. Das in Rede stehende Videomaterial dient zuvorderst dazu, die in der streitgegenständlichen Berichterstattung angeprangerten Zustände in der Klinik der Klägerin und die damit erhobenen Vorwürfe ihr gegenüber zu stützen und zu veranschaulichen beziehungsweise zu visualisieren. Die Intensität dieses Eingriffs in das Unternehmenspersönlichkeitsrecht wird zusätzlich dadurch bestimmt, dass bisweilen Verhältnisse im Betrieb der Klägerin öffentlich angeprangert werden, obwohl sie keinen Einzelfall darstellen, sondern die Arbeitsverhältnisse in anderen Kliniken in ähnlicher Weise zu Kritik Anlass geben (vgl. Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Urt. v. 19.05.2015, Az.: 7 U 6/15). Dies trifft namentlich auf den in der Berichterstattung vielfach betonten „Stress“ der Mitarbeiter, die angespannte Personallage im Allgemeinen sowie die hohe Auslastung der Klinik zu, wie sich bereits aus der weiteren Berichterstattung bezüglich zweier anderer Kliniken ergibt. Schon in der Einleitung des streitgegenständlichen Beitrags heißt es, dass der Personalschlüssel in deutschen Kliniken grundsätzlich schlecht sei. Überdies entstammt das inkriminierte Filmmaterial in großen Teilen Bereichen der Klinik, deren Zugang nur für einen abgegrenzten Personenkreis vorgesehen ist. Dies gilt beispielsweise für die Aufenthaltsräume des Klinikpersonals, die „Schockräume“, aber auch für die gezeigten Patientenzimmer, die für den allgemeinen Publikumsverkehr zwar faktisch zugänglich sein mögen, ein Zutritt durch unbeteiligte, den dortigen Patienten fremde Personen im Grundsatz jedoch zumindest unüblich und in der Regel von den jeweiligen Patienten unerwünscht sein dürfte.

Wenngleich sich die Klägerin auf die jeweiligen Eingriffe in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der heimlich gefilmten Patienten, Besucher und Mitarbeiter oder auf insoweit gegebene Verletzungen von §§ 201 Abs. 1 und 2, 201a StGB nicht unmittelbar selbst berufen kann, sind die diesen zugrunde liegenden Umstände im Rahmen der vorzunehmenden Abwägung dennoch zu ihren Gunsten zu berücksichtigen, da sie den Eingriff in ihr Unternehmenspersönlichkeitsrecht erschweren. Insbesondere die Mitschnitte, in denen Patienten in hilfsbedürftigem Zustand, in laufender Behandlung oder im Gespräch mit der Praktikantin Frau O. sowie Ärzten und Pflegepersonal zu sehen sind, stellen einen schweren Eingriff in die nach Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG geschützte Privatsphäre der Patienten dar. Soweit die Aufnahmen aus den Krankenzimmern der Patienten stammen, ist weiter zu berücksichtigen, dass es sich hierbei für die jeweiligen Patienten im Grundsatz um einen nach Art. 13 Abs. 1 GG geschützten Bereich handelt (vgl. BVerfG, NJW 2005, 3295, Tz. 2 f.). Trotz der vorgenommenen Verpixelung der Gesichter und der Verzerrung ihrer Stimmen sind mehrere Patienten anhand der von ihnen getragenen Kleidung, ihres jeweiligen Aufenthaltsorts innerhalb der Klinik sowie anhand der preisgegebenen Informationen zu ihrer jeweiligen Krankengeschichte identifizierbar. Der heimliche Tonmitschnitt von Gesprächen mit den Patienten stellt zudem einen Eingriff in die gesetzlich geschützte (vgl. § 203 Abs. 1 Nr. 1 StGB) und von der Klägerin grundsätzlich zu wahrende Vertraulichkeit von Patienteninformationen dar.

Die Eingriffe in die genannten Rechtsgüter Dritter sind dem öffentlichen Ansehen der Klägerin insbesondere aus der Sicht bisheriger sowie potentieller Patienten in erheblichem Maße abträglich. Für diese steht jeweils zu befürchten, dass auf die dargestellte Weise auch in ihre geschützten Rechtsgüter eingegriffen worden ist beziehungsweise zukünftig eingegriffen werden könnte, da die Berichterstattung einen zuverlässigen Schutz vor gleichgelagerten Eingriffen in den Räumlichkeiten der Klinik der Klägerin fraglich erscheinen lässt. Namentlich der Schutz der die Patienten jeweils betreffenden sensiblen Daten und Informationen, insbesondere zu ihrer Krankheitsgeschichte, wird von Patienten im Allgemeinen als besonderes wichtig erachtet. Gleichermaßen wird der Eingriff in das Unternehmenspersönlichkeitsrecht der Klägerin auch mit Blick auf die Vertraulichkeit des gesprochenen Wortes der Personen, die in den Räumlichkeiten der Klinik heimlich gefilmt und deren Gespräche mitgeschnitten wurden, insbesondere der Mitarbeiter der Klägerin, weiter erschwert.

bb)

Im Rahmen der Abwägung ist andererseits zu berücksichtigen, dass die rechtswidrige Informationsbeschaffung nicht ausschließlich in einer Sphäre der Klägerin erfolgte, die einer besonderen Vertraulichkeit oder einem gesteigerten Geheimnisschutz unterlag, sondern zum Teil beispielsweise auch auf den Fluren der Klinik. Überdies besteht im Allgemeinen ein berechtigtes öffentliches Informationsinteresse an den Zuständen und Abläufen in deutschen Kliniken und namentlich an der Frage, ob auch vor dem Hintergrund vorgenommener Einsparungen eine adäquate Versorgung der Patienten gewährleistet ist. Dies gilt insbesondere mit Blick auf die Klinik der Klägerin, deren Einsparungen vor allem im Bereich des Personals ausweislich der Anlagen BK2-BK4 Gegenstand des öffentlichen Diskurses waren, in dessen Rahmen zudem die Pressesprecherin der Klägerin bekundet hat, dass die Qualität der Patientenversorgung hierunter nicht leiden werde.

cc)

Nach den oben (unter a)) dargelegten Maßstäben fällt die Abwägung jedoch vorliegend zugunsten der geschützten Interessen der Klägerin aus. An dem in Rede stehenden Filmmaterial bestand kein öffentliches Informationsinteresse, das die durch seine rechtswidrige Beschaffung entstandenen Nachteile eindeutig überwiegt.

Zwar kommt ein eindeutig überwiegendes öffentliches Informationsinteresse, demgegenüber die Nachteile aus einer rechtswidrigen Informationsbeschaffung zurückzutreten haben, nicht nur dann in Betracht, wenn durch die Berichterstattung rechtswidrige Verhaltensweisen offenbart werden. Dies lässt sich insbesondere nicht der „Wallraff-Entscheidung“ des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 66, 116-151) entnehmen. Nach den dort aufgestellten Grundsätzen ist allein maßgeblich, ob die Bedeutung der rechtswidrig erlangten Information für die Unterrichtung der Öffentlichkeit und für die öffentliche Meinungsbildung eindeutig die Nachteile überwiegt, die der Rechtsbruch für den Betroffenen und die Geltung der Rechtsordnung nach sich ziehen muss. Das Bundesverfassungsgericht hat lediglich festgestellt, dass in der Regel – von der es auch Ausnahmen gibt – von einem solchen eindeutigen Überwiegen nicht ausgegangen werden könne, wenn durch die widerrechtlich beschaffte und verwertete Information Zustände oder Verhaltensweisen offenbart werden, die ihrerseits nicht rechtswidrig sind, da dies darauf hindeute, dass es sich nicht um Missstände von erheblichem Gewicht handelt (BVerfG, a.a.O., juris Tz. 57; LG Stuttgart, Urt. v. 9.10.2014, Az.: 11 O 15/14, BeckRS 2014, 23571). Die Annahme eines eindeutig überwiegenden öffentlichen Informationsinteresses ist daher nicht auf die Aufdeckung von rechtswidrigen Verhaltensweisen beschränkt. Es kann auch hinsichtlich sonstiger Fehlentwicklungen und Missstände von erheblichem Gewicht gegeben sein, die nicht ausdrücklich verboten sind, sondern die Formen des Rechts für sich in Anspruch nehmen können (OLG Hamm, Urt. v. 21.07.2004, Az.: 3 U 77/04, juris Tz. 48, f. Czernik, GRUR 2012, 457, 460). Es muss sich jedoch um Vorgänge handeln, die sich für die Allgemeinheit, zumindest aber für einen erheblichen Teil derselben, als so einschneidend darstellen, dass deren öffentliche Behandlung als wesentlich angesehen wird (Czernik, ebenda LG Stuttgart, ebenda).

Nach den genannten Maßstäben genügt das streitgegenständliche Filmmaterial nicht der Anforderung, Fehlentwicklungen oder Missstände von ausreichend erheblichem Gewicht aufzudecken. Wenngleich die Berichterstattung durchaus kritik- und verbesserungswürdige Umstände in der Klinik der Klägerin aufzeigen mag, vermögen die dargestellten Umstände weder für sich genommen noch in ihrer Gesamtschau derartige erhebliche Missstände zu begründen.

Im Einzelnen gilt hinsichtlich der in Rede stehenden vermeintlichen Missstände folgendes:

 

(1)

In der Situation, in der sich zunächst zwei schwerverletzte Personen auf dem Weg zu den „Schockräumen“ der Klinik befanden, wurde kein Patient durch die – offenkundig angespannte – Personalsituation in der ZNA konkret gefährdet. Da die beiden Patienten letztlich zeitversetzt eintrafen, war das vorhandene Personal in der ZNA nicht konkret überfordert. Vielmehr konnte die erforderliche Betreuung der Patienten durch sukzessive Behandlung gewährleistet werden. Prozessual ist davon auszugehen, dass erforderlichenfalls auch eine zeitgleiche Behandlung beider Patienten – durch vorübergehenden Abzug weiteren Personals an anderer Stelle – hätte ermöglicht werden können. Dass hierdurch möglicherweise andere Patienten gefährdet worden wären, ist weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Anmerkung des Arztes, man müsse in der Leitstelle anrufen und mitteilen, man könne die Patienten wegen mangelnden Pflegepersonals doch nicht aufnehmen, ironisch zu verstehen. Auch die angesprochene Pflegekraft hat dies offenkundig so aufgefasst, indem sie hierauf nachfragt, wie die Situation denn tatsächlich gelöst werden soll („Ja, aber wie machen wir das denn jetzt?“).

(2)

Mit Blick auf die Äußerung, dass im Monat Mai 2015 in der ZNA mit 700 Überstunden geplant worden sei, ist zu berücksichtigen, dass im Klinikbereich allgemein – wie auch in vielen anderen Berufszweigen – und nicht nur in der Klinik der Klägerin Überstunden, speziell im Bereich der ZNA, nicht unüblich sind. Die in Rede stehende Zahl von 700 Überstunden im Monat Mai 2015 ist indes streitig. Insoweit sind die Beklagten darlegungs- und beweisbelastet. Im Ausgangspunkt trägt zwar derjenige die Darlegungs- und Beweislast für die Anknüpfungspunkte, der sich gegen die Äußerung wendet. Entgegen dieser im Zivilprozess grundsätzlich geltenden Regel, dass derjenige, der einen Anspruch geltend macht, dessen tatbestandliche Voraussetzungen darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen hat, muss nach der ins Zivilrecht transformierten Beweislastregel des § 186 StGB derjenige, der Behauptungen aufstellt oder verbreitet, die geeignet sind, den Betroffenen in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen oder sonst wie seinen sozialen Geltungsanspruch zu beeinträchtigen, im Streitfalle ihre Richtigkeit beweisen (Soehring, Presserecht, 5. Aufl., § 30 Rn 24, Prinz/ Peters Medienrecht 1999, Rn 381). Die Beklagten haben der ihr obliegenden Beweislast nicht genügt. Der bloße Verweis auf die Angaben eines vermeintlichen – namentlich nicht genannten – Informanten in einer eidesstattlichen Versicherung sowie gegenüber Zeugen vom Hörensagen ist insoweit nicht ausreichend. Denn es ist bereits nicht substantiiert vorgetragen worden, worauf der vermeintliche Informant die von ihm schlicht behauptete Zahl von 700 Überstunden stützen will. Allein der Umstand, dass der genannte Informant seit einer nicht näher benannten Anzahl von Jahren (vgl. Anlage BK5) in verantwortlicher Position in der Klinik der Klägerin arbeiten und insoweit über einen guten Einblick in die Unternehmensabläufe verfügen soll, ist ebenfalls unzureichend. Die beigebrachten Auszüge aus einer Powerpoint-Präsentation (Anlage BK6-BK9) sind mit Blick auf die konkret in Rede stehende Überstundenzahl nicht ergiebig. Im Übrigen bliebe mangels Sachvortrags zudem offen, auf wie viele Mitarbeiter die Überstundenzahl entfallen würde, sodass eine zuverlässige Bewertung ihres Ausmaßes und ihrer Erheblichkeit nicht möglich wäre. Unabhängig von der tatsächlichen Zahl der eingeplanten Überstunden ist ferner weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich, dass diese so gravierend wäre, dass sie sich beispielsweise spürbar auf die Betreuung der Patienten ausgewirkt hätte.

 

(3)
Hinsichtlich der Äußerung, die Stundenzahl der Putzkräfte sei nach der Übernahme der Klinikleitung durch die Klägerin drastisch reduziert worden, ist prozessual von ihrer Unwahrheit auszugehen. Die auch diesbezüglich für die Wahrheit der streitigen Äußerung darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten haben ihrer Beweislast insoweit nicht genügt. Dem substantiierten Vortrag der Klägerin zu den seit 2014 unveränderten Arbeitszeiten der Reinigungskräfte sind die Beklagten nicht substantiiert entgegengetreten. Das Bestreiten des entsprechenden klägerischen Vortrags mit Nichtwissen ist insoweit nicht ausreicht. Auch die Angaben des vermeintlichen, namentlich nicht genannten Informanten gegenüber Zeugen vom Hörensagen (vgl. o.), dass das Pflegepersonal Reinigungsarbeiten übernehme, und ab mittags auf den Stationen, einschließlich der ZNA, keine Reinigungskräfte mehr zur Verfügung stünden, stellt keinen substantiierten Sachvortrag darüber dar, ob und inwieweit die Stundenzahl der Putzkräfte tatsächlich reduziert worden ist.

Auch die – im Kern unstreitig wahre – Äußerung, dass Pflegekräfte Reinigungsarbeiten übernähmen, ist hinsichtlich der streitigen Reduzierung der Arbeitsstunden der Reinigungskräfte sowie etwaiger sichtbarer Folgen hiervon weder ergiebig, noch stellt sie für sich genommen einen erheblichen Missstand dar. Denn es ist weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich, wie häufig, in welchem Umfang und durch welche Pflegekräfte dies im Einzelnen geschehen (sein) soll. Nicht ausschließbar handelt es sich insoweit um Einzelfälle, die auf ein besonders großes Reinlichkeitsempfinden oder ein übersteigertes Pflichtbewusstsein einzelner Pflegekräfte zurückzuführen sind. Unstreitig liegt dem jedenfalls keine Arbeitsanweisung seitens der Klägerin zugrunde.

Die Äußerung, dass eine angebissene Wurst tagelang hinter einem Bett gelegen habe, ist zwar prozessual als wahr zu behandeln und stellt einen Hygienemangel dar, der in einer Klinik nicht vorkommen darf. Jedoch ist zum einen weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich, wo die Wurst gelegen haben soll – neben einem Patientenzimmer wären beispielsweise auch ein Bettenlager oder andere, nicht für Patienten oder die Öffentlichkeit zugängliche Bereiche denkbar – und mithin, welcher Bereich der Klinik nicht ordnungsgemäß gereinigt worden sein soll. Zum anderen kann insoweit nicht ausgeschlossen werden, dass es sich um einen Einzelfall handelte, der keine zwingenden Rückschlüsse auf allgemeine Missstände im Bereich der Hygiene in der Klinik zulässt.

 

(4)

Hinsichtlich der Äußerung, dass im Krankenhausflur vor der ZNA, der für jedermann zugänglich sei, oftmals verschmutzte Betten mit befleckten Laken stünden, ist zu berücksichtigen, dass im Rahmen des Betriebs der ZNA zwangsläufig Liegen benutzt und zum Zwecke der Reinigung gegebenenfalls an einen dafür vorgesehenen Ort verbracht werden müssen. Für die Aufbereitung der benutzten Liegen hat die Klägerin einen bestimmten Bereich vorgesehen. Die Liegen werden – wovon prozessual auszugehen ist – nach Benutzung umgehend aus dem Patientenumfeld entfernt und zur Aufbereitung an einen anderen Ort verbracht. Nach dem Reinigen werden die desinfizierten Liegen zudem abgedeckt, wie auch aus dem Lichtbild in Anlage K4 ersichtlich ist. Zwischen den Parteien ist indes streitig, ob der betreffende Bereich, in dem die Liegen aufbereitet werden, öffentlich zugänglich ist. Sofern die Beklagten hieraus einen Missstand herleiten wollen, sind sie diesbezüglich darlegungs- und beweisbelastet. Die Klägerin hat insoweit vorgetragen, dass der betreffende Flurbereich nicht öffentlich zugänglich sei und auch nicht mit Patientenwegen kollidiere. Dem sind die Beklagten lediglich durch Bestreiten dieses Vortrags mit Nichtwissen entgegengetreten, wodurch sie ihrer Darlegungs- und Beweislast nicht genügt haben. Selbst wenn, wie die Beklagten behaupten, der betreffende, aus Anlage K4 ersichtliche Bereich der Klinik nicht mit dem in der streitgegenständlichen Berichterstattung in diesem Zusammenhang gezeigten Bereich übereinstimmen sollte, wäre dies vorliegend ohne Belang. Denn es fehlt an substantiiertem Vortrag der Beklagten dazu, wo die in Rede stehenden Aufnahmen ansonsten angefertigt worden sein sollen, ob jener Bereich öffentlich zugänglich ist, und gegebenenfalls wie lange die gezeigten Liegen sich dort befunden haben sollen.

84
Soweit die Beklagten behaupten, dass es trotz der Abdeckung desinfizierter Liegen zu einer Übertragung von „Keimen“ von benutzten auf die gereinigten Liegen kommen könnte, ist dies nicht substantiiert. Es ist nicht ersichtlich, wie die Keime trotz der Abdeckungen auf die gereinigten Liegen gelangen sollen, zumal benutzte und gereinigte Liegen – soweit aus der Berichterstattung erkennbar – nicht in direktem Kontakt zueinander positioniert waren.

 

(5)
85
Soweit in der streitgegenständlichen Berichterstattung zu sehen ist, wie eine Pflegerin die Reporterin Frau O. anweist, eine Liege ohne Desinfizierung für einen weiteren Patienten zu verwenden, ist hierin unstreitig ein Fehlverhalten der betreffenden Pflegerin zu sehen. Dafür, dass sich hierin jedoch ein genereller, über die konkrete Situation hinausgehender Missstand in der Klinik der Klägerin manifestiert hat, bestehen indes keine Anhaltspunkte. Unstreitig handelte die gezeigte Pflegekraft den Anweisungen der Klägerin zuwider. Nicht ausschließbar handelte es sich hierbei um einen Einzelfall. Dafür, dass ein entsprechendes Fehlverhalten häufiger – gegebenenfalls auch durch andere Mitarbeiter der Klägerin – vorkommt, bestehen jedenfalls keine Anhaltspunkte.

 

(6)

Bezüglich der Darstellung der in der Klinik der Klägerin verwendeten Handschuhe und der Äußerung, dass diese minderwertig seien und dem Pflegepersonal häufig schon beim Überstreifen reißen würden, ist zu berücksichtigen, dass prozessual nicht von einer allgemeinen Minderwertigkeit der Handschuhe ausgegangen werden kann. Die Beklagten haben auch insoweit ihrer Darlegungs- und Beweislast nicht genügt. Unstreitig kommen diese auch in anderen Kliniken in äußerst hoher Stückzahl zum Einsatz. Über die in den streitgegenständlichen Filmaufnahmen zu sehende Sequenz hinaus sollen auch der Zeugin D. mehrfach Handschuhe bei der Benutzung gerissen sein. Es fehlt jedoch schon an substantiiertem Vortrag der Beklagten dazu, wie häufig dies geschehen sein soll. Dass darüber hinaus auch weiteren Angestellten in der Klinik der Klägerin die Handschuhe gerissen wären, geschweige denn mit einer gewissen Häufigkeit, ist weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich, ebenso wenig, dass die Handschuhe darüber hinaus für eine Benutzung ungeeignet wären. Allein die Tatsache, dass es sich nach der weiteren Äußerung in der streitgegenständlichen Berichterstattung um „dünnere“ Handschuhe handeln soll, spricht nicht zwingend für eine generelle Minderwertigkeit der Handschuhe. Es ist nicht erkennbar, dass dünnere Handschuhe – abhängig von dem jeweils benutzten Material – nicht gleichermaßen belastbar sein können wie dickere Handschuhe.

 

(7)

Betreffend die Äußerung einer Pflegekraft, dass die in der Klinik der Klägerin zum Zwecke der Blutentnahme verwendeten Butterfly-Nadeln minderwertig und unpraktisch in der Handhabe seien, und diese daher häufiger als andere Nadeln Venen zum Platzen bringen würden, ist hinsichtlich der behaupteten Minderwertigkeit der Nadeln prozessual von ihrer Unwahrheit auszugehen. Unstreitig sind die verwendeten Nadeln nicht generell minderwertig. Diese weisen zudem dieselbe Dicke auf wie die vormals in der Klinik verwendeten Nadeln, lediglich der Schlauch ist nunmehr etwas kürzer, wobei dieser im Grundsatz keinen Einfluss auf die Gefahr einer platzenden Vene hat. Zwischen den Parteien ist indes streitig, ob und gegebenenfalls wie häufig in der Klinik zuletzt die eingesetzten Medizinprodukte – namentlich die in Rede stehenden Nadeln – gewechselt worden sind. Entgegen dem Vortrag der – auch insoweit darlegungs- und beweisbelasteten – Beklagten ist prozessual davon auszugehen, dass diese lediglich einmal, im Zuge einer mit der Übernahme der Klinik durch die Klägerin verbundenen Umstellung gewechselt worden sind. Das schlichte Bestreiten mit Nichtwissen des entsprechenden Vortrags der Klägerin durch die Beklagten ist insoweit nicht ausreichend. Es fehlt zudem an substantiiertem Vortrag der Beklagten dazu, wie viele Pflegekräfte oder Ärzte unter der behaupteten mangelnden Routine mit den Butterfly-Nadeln leiden sollen, und inwieweit die Fälle geplatzter Venen häufiger als bei anderen, beispielsweise den zuvor verwendeten Nadeln, sein sollen.

 

(8)

Soweit in der streitgegenständlichen Berichterstattung unter Verweis auf einen Aushang (aus März 2015) im Aufenthaltsraum der Pflegekräfte geäußert wird, dass 70% aller Probenidentitätsfehler der Klinik aus der ZNA stammten, ist davon auszugehen, dass es sich hierbei nicht um eine repräsentative Zahl handelt. Zwar ist aufgrund der aus Anlage BK14 ersichtlichen Angaben eines Arztes der Klinik gegenüber dem „W.er Kurier“ zugrunde zu legen, dass im März 2015 die genannte Quote von 70% zutreffend war. Über den Zeitraum Januar bis Oktober 2015 belief sich der Anteil der Probenidentitätsfehler der ZNA im Schnitt jedoch lediglich auf 9,5%, was unter dem krankenhausüblichen Durchschnitt lag. Demnach ist davon auszugehen, dass es sich bei dem stark erhöhten Anteil im März 2015 lediglich um eine Momentaufnahme handelte. Überdies enthält der bloße Anteil an den gesamten in der Klinik aufgetretenen Probenidentitätsfehlern keinerlei Aussage über die zugrunde liegenden absoluten Zahlen. Schließlich ist weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich, dass die in Rede stehenden – und mithin denknotwendig bemerkten – Probenidentitätsfehler im Einzelfall zu einer konkreten Gefährdung von Patienten geführt hätten.

 

(9)
Soweit in der streitgegenständlichen Berichterstattung dargestellt wird, wie eine Notfallpatientin mit Verdacht auf Schlaganfall oder Hirnblutungen angekündigt wird, ist prozessual davon auszugehen, dass zu keinem Zeitpunkt aufgrund der Ausstattung und Organisation der Klinik eine Gefährdung für die Gesundheit oder das Leben der Patientin bestand. Letztlich konnte die Patientin auf die Intensivstation umgeleitet und dort bestmöglich versorgt werden. Auch für den Fall, dass dies mangels freier Betten auf der Intensivstation nicht möglich gewesen wäre – wobei schon fraglich ist, ob der Klägerin eine hohe Auslastung ihrer Zimmer überhaupt vorgeworfen werden könnte –, ist nicht erkennbar, dass ihre hilfsweise Erstversorgung in dem vorsorglich vorbereiteten Schockraum hinter der auf der Intensivstation zurückgeblieben wäre. Insbesondere wäre erforderlichenfalls zur optimalen Versorgung der Patientin im Falle ihrer Beatmung ein Anästhesist hinzugezogen worden.

 

(10)

Soweit die Beklagten darauf verweisen, dass ausweislich der Berichterstattung in Anlagenkonvolut BK30 mehrere Frühgeborene in der Klinik der Klägerin mit MRSA-Keimen infiziert worden sind, ist zu beachten, dass zum einen keines der Kinder hierdurch konkret gesundheitlich beeinträchtigt worden ist. Zum anderen konnte ausweislich der dpa-Pressemitteilung (ebenfalls Anlagenkonvolut BK30) und der dort zitierten Aussage des W.er Gesundheitsdezernenten kein Zusammenhang des aufgetretenen Keimbefalls mit etwaigen Hygienemängeln in der Klinik festgestellt werden.

 

(11)
Mit Blick auf den Umstand, dass einige Patienten, wie aus der streitgegenständlichen Berichterstattung auch zu sehen ist, jedenfalls vorübergehend auf den Fluren der Klinik liegen und mitunter auch dort behandelt werden – insbesondere in Form der Durchführung von EKGs und Blutentnahmen –, liegt zwar hingegen ein Missstand vor, der offenkundig auf die hohe Auslastung der Klinik zurückzuführen ist, der jedoch in Kliniken kein Einzelfall darstellen dürfte.

Unter Berücksichtigung aller vorstehenden Umstände sind im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtabwägung jedoch nach den maßgeblichen – oben (unter a)) dargestellten – Kriterien im Ergebnis weder im Einzelnen noch in der Gesamtschau Fehlentwicklungen oder Missstände von erheblichem Gewicht in der Klinik der Klägerin erkennbar, die die Berichterstattung rechtfertigen. Dies gilt unabhängig davon, ob die zugrunde zu legenden Umstände mit der Auffassung der Beklagten im Einzelfall einen Verstoß gegen vertragliche oder gesetzliche Pflichten der Klägerin zu begründen vermögen. Der bloße Wunsch nach Illustration von verbesserungswürdigen Zuständen, die die Beklagten kritisieren mögen, und die Rolle der Beklagten als „Wachhund der Öffentlichkeit“ (vgl. BVerlG, NJW 2006, 2835, 2836) begründen kein überragendes Berichterstattungsinteresse, das die Verbreitung des rechtswidrig erlangten Materials rechtfertigen würde.

 

3.
Es besteht auch die für den Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr. Die Wiederholungsgefahr wird durch die rechtswidrige Erstbegehung indiziert. Es wurde keine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung abgegeben, die einstweilige Verfügung der Kammer wurde nicht als endgültige Regelung anerkannt, und auch sonst sind keine Umstände ersichtlich, die eine Wiederholungsgefahr entfallen lassen könnten.

 

II.
Der Klägerin steht gegen die Beklagten jeweils ein Anspruch auf Ersatz vorprozessualer Rechtsanwaltskosten dem Grunde nach gem. § 823 Abs. 1 BGB zu, insbesondere haben die Beklagten das Unternehmenspersönlichkeitsrecht der Klägerin auch schuldhaft verletzt.

Der Höhe nach ist der jeweils geltend gemachte Erstattungsanspruch ebenfalls begründet. Der insgesamt – mit Blick auf beide Beklagte – in Ansatz gebrachte Gegenstandswert von 80.000 EUR ist gerechtfertigt und entspricht dem Streitwertgefüge der in Hamburg mit Pressesachen befassten Gerichte. Der – dem Grunde nach nicht zu beanstandende – Ansatz einer 0,65-Geschäftsgebühr für das Abmahnschreiben sowie einer Auslagenpauschale in Höhe von 20,00 EUR ergibt einen Gesamtbetrag von 886,45 EUR, sodass der Anspruch gegen die Beklagten in jeweils hälftiger Höhe begründet ist.

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.

 

III.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus § 91 Abs. 1 sowie aus § 709 S. 1 und 2 ZPO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 3, 4 ZPO.

Der nachgelassene Schriftsatz der Vertreterin der Klägerin vom 18.04.2017 sowie der weitere, nicht nachgelassene, Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 04.05.2017 boten keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.