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Das Landgericht Kiel hat den Angeklagten Schmid wegen Bankrotts in drei Fällen zur Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt und ausgesprochen, dass wegen eines Verstoßes gegen das Gebot zügiger Verfahrenserledigung fünf Monate der Strafe als verbüßt gelten. Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat dieses Urteil aufgehoben.

Nach den Feststellungen des Landgerichts hatte die ehemalige Landesbank Sachsen im Herbst 2002 ein dem Angeklagten gewährtes Darlehen über ca. 100 Mio. € gekündigt, weil dieser verlangte weitere Sicherheiten nicht stellte. Über die Rückzahlung eines Teilbetrages von 20 Mio. € hatte sie bereits ein – noch nicht rechtskräftiges – erstinstanzliches Urteil erwirkt. In dieser Situation überwies der Angeklagte 500.000 € und 240.000 € auf ein unter seinem Namen geführtes Konto bei einer Bank in Liechtenstein. Außerdem verkaufte er Geschäftsanteile auf einen Trust, dessen Gesellschafterin seine Ehefrau war, und ließ den Kaufpreis von 500.000 € ebenfalls auf das Konto in Liechtenstein transferieren. Von einem Teil des Geldes kaufte der Angeklagte Aktien der MobilCom AG, die er in ein an seine Ehefrau abgetretenes Wertpapierdepot einbuchen ließ. Versuche der Sachsen LB, auf das Konto in Liechtenstein im Wege der Zwangsvollstreckung zuzugreifen, blieben ohne Erfolg.

Das Landgericht hat die Auffassung vertreten, durch diese Vorgehensweise habe sich der Angeklagte in drei Fällen des Bankrotts (§ 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB) schuldig gemacht. Zwar sei die Darlehenskündigung durch die Landesbank Sachsen unwirksam gewesen, weil ihr Nachsicherungsverlangen überhöht gewesen sei; dennoch habe dem Angeklagten die Zahlungsunfähigkeit gedroht, weil die Landesbank Sachsen die Kündigung jederzeit habe nachholen können und dem Angeklagten die Rückzahlung der gesamten Darlehenssumme nicht möglich gewesen sei. In dieser Lage habe er durch die Vermögenstransfers nach Liechtenstein Bestandteile seines Vermögens beiseite geschafft.

Nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs hat das Landgericht seine Rechtsansicht nicht rechtsfehlerfrei begründet. Denn es hat bei der Auslegung des Merkmals „Beiseiteschaffen“ im Bankrotttatbestand auf die Erschwernisse für die Landesbank Sachsen bei der Einzelzwangsvollstreckung abgestellt und sich nicht mit der Frage befasst, ob infolge der Überweisungen auf das Konto in Liechtenstein eine wesentliche Erschwernis des Zugriffs durch einen Insolvenzverwalter im Rahmen einer Gesamtvollstreckung (Insolvenz) eingetreten ist. Die Urteilsgründe stellen auch keine ausreichende Grundlage dar, um das Tatbestandsmerkmal des Beiseiteschaffens aus anderen Gründen mit der notwendigen Sicherheit bejahen oder verneinen zu können. Es konnte daher weder die Verurteilung aufrechterhalten noch der Angeklagte durch den Bundesgerichtshof freigesprochen werden. Die Sache muss deshalb von einer anderen Strafkammer des Landgerichts Kiel neu verhandelt und entschieden werden.

Urteil vom 29. April – 3 StR 314/09

Landgericht Kiel – XXV KLs 1/06 – Urteil vom 19. Januar 2009

Quelle: Pressestelle des Bundesgerichtshofs

Die Feststellungen des Landgerichts Kiel reichten dem Bundesgerichtshof nicht aus,  um ein strafbares Handeln des Angeklagten begründen.  Um das Tatbestandsmerkmal des „Beiseiteschaffens“ zu erfüllen, muss der Täter den Zugriff des Gläubigers oder des Insolvenzverwalters auf das Vermögen erschweren oder vereiteln, auch in subjektiver Hinsicht, so dass nach richtiger Ansciht  Handlungen im Rahmen ordnungsgemäßen Wirtschaft den Tatbestand nicht erfüllen.

Zur Tatbestandsverwirklichung des § 283 StGB in der Form des „Verheimlichens“  reicht es zudem nicht aus, Teile des Vermögens zu verlagern, sondern durch die Verlagerung muss der Zugriff der Gläubiger oder des Insolvenzverwalters auf das Vermögen erschwert oder vereitelt werden.  Es muss nach herrschender Ansicht vor den diesen auch „verborgen“ sein.

Sollten Sie Fragen zu Insolvenzdelikten haben, stehen wir Ihnen gerne anwaltlich zur Seite. Wir vertreten bundesweit.

§ 283 StGB lautet:

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer bei Überschuldung oder bei drohender oder eingetretener Zahlungsunfähigkeit

1. Bestandteile seines Vermögens, die im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Insolvenzmasse gehören, beiseite schafft oder verheimlicht oder in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise zerstört, beschädigt oder unbrauchbar macht,
2. in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise Verlust- oder Spekulationsgeschäfte oder Differenzgeschäfte mit Waren oder Wertpapieren eingeht oder durch unwirtschaftliche Ausgaben, Spiel oder Wette übermäßige Beträge verbraucht oder schuldig wird,
3. Waren oder Wertpapiere auf Kredit beschafft und sie oder die aus diesen Waren hergestellten Sachen erheblich unter ihrem Wert in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise veräußert oder sonst abgibt,
4. Rechte anderer vortäuscht oder erdichtete Rechte anerkennt,
5. Handelsbücher, zu deren Führung er gesetzlich verpflichtet ist, zu führen unterlässt oder so führt oder verändert, dass die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert wird,
6. Handelsbücher oder sonstige Unterlagen, zu deren Aufbewahrung ein Kaufmann nach Handelsrecht verpflichtet ist, vor Ablauf der für Buchführungspflichtige bestehenden Aufbewahrungsfristen beiseite schafft, verheimlicht, zerstört oder beschädigt und dadurch die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert,
7. entgegen dem Handelsrecht

a) Bilanzen so aufstellt, dass die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert wird, oder
b) es unterlässt, die Bilanz seines Vermögens oder das Inventar in der vorgeschriebenen Zeit aufzustellen, oder
8. in einer anderen, den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft grob widersprechenden Weise seinen Vermögensstand verringert oder seine wirklichen geschäftlichen Verhältnisse verheimlicht oder verschleiert.

(2) Ebenso wird bestraft, wer durch eine der in Absatz 1 bezeichneten Handlungen seine Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit herbeiführt.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Wer in den Fällen

1. des Absatzes 1 die Überschuldung oder die drohende oder eingetretene Zahlungsunfähigkeit fahrlässig nicht kennt oder
2. des Absatzes 2 die Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit leichtfertig verursacht,

wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(5) Wer in den Fällen

1. des Absatzes 1 Nr. 2, 5 oder 7 fahrlässig handelt und die Überschuldung oder die drohende oder eingetretene Zahlungsunfähigkeit wenigstens fahrlässig nicht kennt oder
2. des Absatzes 2 in Verbindung mit Absatz 1 Nr. 2, 5 oder 7 fahrlässig handelt und die Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit wenigstens leichtfertig verursacht,

wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(6) Die Tat ist nur dann strafbar, wenn der Täter seine Zahlungen eingestellt hat oder über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet oder der Eröffnungsantrag mangels Masse abgewiesen worden ist.