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Die Abberufung des Geschäftsführers stellt  unabhängig von dem Inhalt des Anstellungsvertrages  kein vertragswidriges Verhalten im Sinne des § 628 Abs. 2 BGB  dar. Die Möglichkeit des jederzeitigen Widerrufs der Geschäftsführerbestellung. so der BGH,  gewährleiste der Gesellschaft im Bereich der Geschäftsführung eine weitgehende Organisationsfreiheit. Dieses Recht schränke den dienstvertraglichen Beschäftigungsanspruch des GF ein. . Nach  § 38 Abs. 1 GmbHG könne die Bestellung der Geschäftsführer „unbeschadet der Entschädigungsansprüche aus bestehenden Verträgen  jederzeit widerrufen werden. Diese Regelung schließe ein dienstvertraglich begründetes Recht des Geschäftsführers auf Verbleib im Amt aus. Die Vergütungsansprüche bleiben, mit Einschränkungen, bestehen.

Der Geschäftsführer selber kann im Falle einer Vertragsverletzung fristlos kündigen, wodurch er seinen Vergütungsanspruch verliert. Die Gesellschaft, die mit einer Abberufung nur von ihren Rechten aus dem GmbHG Gebrauch macht, handelt nicht vertragswidrig, so dass Schadenersatzaansprüche entfallen.

In einem aktuell entschiedenen Fall ging es nicht um eine Abberufung, sondern um die Beschneidung von Kompetenzen.Ob die Gesellschaft im Fall der Kompetenzbeschneidung wie bei der Abberufung ihre gesetzlichen Rechte wahrnimmg, so dass Schadenersatzansprüche entfallen, mußte der BGH nicht entscheiden, da weder dem Anstellungsvertrag des Klägers noch der Satzung der Beklagten zu entnehmen sein,  dass die Beschränkung der Kompetenzen des Klägers in der von der Beklagten vorgenommenen Art unzulässig war.

 

 

 

 

 

 

BUNDESGERICHTSHOF
Urteil vom 6.3.2012
II ZR 76/11

BGB § 615, § 628 Abs. 2; GmbHG § 46 Nr. 8

Ein Schadensersatzanspruch nach § 628 Abs. 2 BGB scheidet jedenfalls dann aus, wenn
der Aufgabenbereich eines GmbH-Geschäftsführers ohne Verletzung seines Anstellungs-
vertrages eingeschränkt wird und er daraufhin die außerordentliche Kündigung des An-
stellungsvertrages erklärt.

BGH, Urteil vom 6. März 2012 – II ZR 76/11 – OLG Karlsruhe
LG Mannheim

Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 6. März 2012 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bergmann, den
Richter Dr. Strohn, die Richterin Dr. Reichart und die Richter Dr. Drescher und
Born

für Recht erkannt:

Die Revision gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandes-
gerichts Karlsruhe vom 23. März 2011 wird auf Kosten des Klä-
gers zurückgewiesen.

Tatbestand:

1           Der Kläger und seine Ehefrau waren alleinige Gesellschafter und Ge-
schäftsführer der beklagten GmbH. Diese gibt in M.          die Stadtillustrierte
„m.     “ heraus und führt Veranstaltungen wie die „Lange Nacht der Museen“
durch. Mit Vertrag vom 26. Juni 2006 erwarb die R.
GmbH & Co. KG (im Folgenden: R.           ) sämtliche Anteile an der Be-
klagten. Der Kläger und seine Ehefrau schlossen am selben Tag mit der Be-
klagten einen Geschäftsführeranstellungsvertrag, wonach sie die Geschäfte der
Gesellschaft weiter „selbständig“ und „verantwortlich“ führen sollten. Zu den
„Hauptaufgaben“ der Geschäftsführer gehörten nach dem Vertrag „die Führung
und effiziente Organisation der hierfür notwendigen personellen und sonstigen
betrieblichen Strukturen“ und „die Installation eines aussagekräftigen und
transparenten Rechnungs- und Berichtswesens in einer von der Gesellschafter-
versammlung vorgegebenen Form“. Der Vertrag sollte erstmals zum 30. Juni
2011 ordentlich gekündigt werden können. Entsprechend einer Bestimmung in
der – mittlerweile geänderten – Satzung der Beklagten waren der Kläger und
seine Ehefrau als jeweils alleinvertretungsberechtigte und von den Beschrän-
kungen des § 181 BGB befreite Geschäftsführer im Handelsregister eingetra-
gen.

2          In der Folgezeit kam es zu Meinungsverschiedenheiten zwischen den
Geschäftsführern und der R.           Diese beruhten unter anderem darauf,
dass die R.         von den bislang sieben Abteilungen der Beklagten vier in
andere Konzernunternehmen verlagert hatte, unter anderem den Vertrieb und
das Rechnungswesen. Der Kläger beanstandete diese Maßnahmen mit An-
waltsschreiben vom 18. März 2009 als eine nachhaltige Verletzung des Ge-
schäftsführeranstellungsvertrages und forderte die R.         auf zu erklären,
dass sie dem Kläger durch geeignete Maßnahmen die Gelegenheit geben wer-
de, die Geschäfte der Gesellschaft wieder selbständig und verantwortlich zu
führen.

3          Mit gleichem Datum bestellte die R.         den Geschäftsführer ihrer
Komplementärin,          B. , als weiteren Geschäftsführer der Beklagten und
erließ eine Geschäftsordnung. Die Gesamtverantwortung für die Geschäftsfüh-
rung lag danach bei B.     Der Kläger und seine Ehefrau waren ihm berichts-
pflichtig und an seine Weisungen gebunden. Zum Verantwortungsbereich des
Klägers gehörten nur noch Veranstaltungen, die die Gesellschaft für Dritte or-
ganisierte, und die Weiterentwicklung des Geschäftsfeldes „Veranstaltungen“.
Im Handelsregister wurde die Eintragung der Einzelvertretungsbefugnis und der
Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB hinsichtlich des Klägers
und seiner Ehefrau gelöscht.

4            Der Kläger erklärte daraufhin mit Schreiben vom 23. März 2009 die frist-
lose Kündigung seines Anstellungsvertrages. Nachdem er trotz Aufforderung
der R.            an einer Geschäftsführersitzung nicht teilgenommen hatte, er-
klärte auch die R.         die fristlose Kündigung und berief den Kläger als Ge-
schäftsführer ab.

5            Mit der Klage begehrt der Kläger die Feststellung, dass seine Kündigung
wirksam sei. Ferner macht er seine vertraglichen Vergütungsansprüche bis ein-
schließlich August 2010 – zum Teil erst im zweiten Rechtszug – in Höhe von
111.595,92  brutto geltend und verlangt die Feststellung, dass die Beklagte
zum Ersatz eines darüber hinausgehenden Schadens verpflichtet sei. Das
Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat dieses Ur-
teil hinsichtlich der Feststellung, dass die Kündigung wirksam ist, bestätigt, im
Übrigen aber die Klage abgewiesen. Dagegen richtet sich die vom Berufungs-
gericht zugelassene Revision des Klägers, der sein Klagebegehren in vollem
Umfang weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe:

6            Die Revision hat keinen Erfolg.

7            I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausge-
führt (OLG Karlsruhe, GmbHR 2011, 535):

8            Die Klage sei zulässig. Die Beklagte werde durch ihren neuen Geschäfts-
führer wirksam vertreten. Dem stehe § 46 Nr. 8 Alt. 2 GmbHG nicht entgegen,
weil diese Vorschrift in einem Prozess gegen einen ausgeschiedenen Ge-
schäftsführer grundsätzlich nicht anwendbar sei.

9            Die Klage sei aber – bis auf den Antrag, die Wirksamkeit der Kündigung
des Klägers festzustellen – unbegründet. In der Beschneidung des Aufgabenbe-
reichs des Klägers liege zwar ein wichtiger Grund für die außerordentliche Kün-
digung des Anstellungsvertrages. Die Beklagte sei dazu jedoch aufgrund ihrer
umfassenden organisationsrechtlichen Weisungsbefugnis berechtigt gewesen.
Daher fehle das für eine Anwendung des § 628 Abs. 2 BGB erforderliche Auflö-
sungsverschulden. Das habe der Bundesgerichtshof bereits für den Fall einer
Abberufung des Geschäftsführers entschieden. Es gelte erst recht für den hier
vorliegenden Fall einer gegen den Anstellungsvertrag verstoßenden Beschnei-
dung der Kompetenzen des Geschäftsführers. Der Geschäftsführer könne in
einem solchen Fall sein Amt niederlegen und behalte dennoch seinen vertragli-
chen Vergütungsanspruch. Kündige er aber seinen Anstellungsvertrag, so ver-
liere er diese Ansprüche und könne auch nicht nach § 628 Abs. 2 BGB Scha-
densersatz verlangen.

10           II. Diese Ausführungen sind jedenfalls im Ergebnis frei von Rechtsfeh-
lern.

11           1. Die Klage ist zulässig. Insbesondere wird die Beklagte durch ihren ge-
genwärtigen Geschäftsführer wirksam vertreten. Die Gesellschafterversamm-
lung der Beklagten muss nicht gemäß § 46 Nr. 8 Fall 2 GmbHG einen besonde-
ren Vertreter bestellen.

12           Nach § 46 Nr. 8 Fall 2 GmbHG obliegt es der Gesellschafterversamm-
lung, einen Vertreter der Gesellschaft in Prozessen zu bestimmen, die sie ge-
gen einen Geschäftsführer führt. Diese Vorschrift, die sowohl für Aktiv- wie auch
für Passivprozesse gilt (BGH, Urteil vom 16. Dezember 1991 – II ZR 31/91,
BGHZ 116, 353, 355), soll die unvoreingenommene Prozessführung in Rechts-
streitigkeiten sicherstellen, in denen regelmäßig die Gefahr besteht, dass die
nach § 35 GmbHG an sich zur Vertretung der Gesellschaft berufenen Ge-
schäftsführer befangen sind. Nach der Rechtsprechung des Senats sind davon
auch Prozesse gegen ausgeschiedene Geschäftsführer umfasst (BGH, Urteil
vom 20. November 1958 – II ZR 17/57, BGHZ 28, 355, 357; s. auch Urteil vom
16. Dezember 1991 – II ZR 31/91, BGHZ 116, 353, 355; ebenso MünchKomm-
GmbHG/Liebscher, § 46 Rn. 269 f.; einschränkend Hüffer in Ulmer/Habersack/
Winter, GmbHG, § 46 Rn. 105; Zöllner in Baumbach/Hueck, GmbHG, 19. Aufl.,
§ 46 Rn. 67). Dennoch kann die Gesellschaft durch den neuen Geschäftsführer
so lange vertreten werden, wie die Gesellschafterversammlung nicht von ihrer
Befugnis Gebrauch macht, einen – anderen – besonderen Vertreter zu bestellen
(BGH, Urteil vom 24. Februar 1992 – II ZR 79/91, ZIP 1992, 760, 761; Urteil
vom 4. November 2002 – II ZR 224/00, BGHZ 152, 280, 282; ebenso Koppen-
steiner in Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG, 4. Aufl., § 38 Rn. 28; Scholz/K.
Schmidt, GmbHG, 10. Aufl., § 46 Rn. 167). Dass die Beklagte im vorliegenden
Fall einen besonderen Vertreter bestellt hätte, ist weder festgestellt noch sonst
ersichtlich.

13          2. Die Klage ist – soweit darüber in der Revisionsinstanz noch zu ent-
scheiden ist – unbegründet. Dem Kläger steht kein Schadensersatzanspruch
gemäß § 628 Abs. 2 BGB zu.

14          Nach dieser Vorschrift ist ein Vertragspartner, der den anderen durch ei-
ne schuldhafte Vertragsverletzung zur außerordentlichen Kündigung eines
Dienstverhältnisses veranlasst, dem Kündigenden zum Ersatz des durch die
Auflösung des Vertragsverhältnisses entstandenen Schadens verpflichtet. Die
fristlose Kündigung des Anstellungsvertrages durch den Kläger ist wirksam.
Das steht aufgrund des rechtskräftig gewordenen Teils des Berufungsurteils
fest. Es fehlt aber an einer für die Kündigung ursächlichen Pflichtverletzung der
Beklagten. Die Einschränkung des Kompetenzbereichs des Klägers genügt da-
für nicht. Denn die Beklagte war sowohl nach dem Geschäftsführeranstellungs-
vertrag als auch nach dem Organisationsrecht der GmbH berechtigt, die Kom-

petenzen ihres Geschäftsführers anders zu ordnen und ihm auch große Teile
seiner Zuständigkeiten zu entziehen.

15         a) Für den Fall einer Abberufung des Geschäftsführers hat der Senat be-
reits entschieden, dass darin – unabhängig von dem Inhalt des Anstellungsver-
trages – kein vertragswidriges Verhalten im Sinne des § 628 Abs. 2 BGB liegt
(BGH, Urteil vom 28. Oktober 2002 – II ZR 146/02, ZIP 2003, 28, 29). Die Mög-
lichkeit des jederzeitigen Widerrufs der Geschäftsführerbestellung gewährleistet
der Gesellschaft im Bereich der Geschäftsführung eine weitgehende Organisa-
tionsfreiheit. Dieses Recht schränkt den dienstvertraglichen Beschäftigungsan-
spruch ein. Das ergibt sich aus § 38 Abs. 1 GmbHG. Danach kann die Bestel-
lung der Geschäftsführer „unbeschadet der Entschädigungsansprüche aus be-
stehenden Verträgen“ jederzeit widerrufen werden. Diese Regelung schließt ein
dienstvertraglich begründetes Recht des Geschäftsführers auf Verbleib im Amt
aus. Seinen Interessen wird dadurch Rechnung getragen, dass seine Vergü-
tungsansprüche mit der Einschränkung aus § 615 Satz 2 BGB bestehen blei-
ben. Kündigt der Geschäftsführer seinen Anstellungsvertrag dagegen fristlos,
verliert er den vertraglichen Vergütungsanspruch. Es kommt dann nur ein
Schadensersatzanspruch nach § 628 Abs. 2 BGB in Betracht. Da die Gesell-
schaft jedoch mit der Abberufung von einem ihr gesetzlich eingeräumten Recht
Gebrauch macht, das den Weiterbeschäftigungsanspruch des Geschäftsführers
entfallen lässt, kann ihr Verhalten nicht als vertragswidrig angesehen werden
(zum Nachrang des Anstellungsverhältnisses s. auch BGH, Urteil vom 10. Mai
2010 – II ZR 70/09, ZIP 2010, 1288 Rn. 7; Urteil vom 11. Oktober 2010
– II ZR 266/08, ZIP 2011, 122 Rn. 7; Bauer/Diller/Krets, DB 2003, 2687 ff.;
Haase, GmbHR 2003, 102 ff.; Paefgen in Ulmer/Habersack/Winter, GmbHG,
§ 38 Rn. 68; Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, GmbHG, 19. Aufl., § 35
Rn. 239; Staudinger/Preis, BGB, Neubearbeitung 2012, § 628 Rn. 38a; Münch-
KommBGB/Henssler, 5. Aufl., § 628 Rn. 57 f.; a.A. für den Fall der unterbliebe-
nen Bestellung zum Geschäftsführer BAG, NZG 2002, 1177, 1179 f.).

16         b) Gegen eine Anwendung dieser Grundsätze auf eine – wie hier – weit-
gehende Beschränkung des Aufgabenbereichs des Geschäftsführers werden
allerdings in der obergerichtlichen Rechtsprechung und im Schrifttum Bedenken
geltend gemacht (OLG Frankfurt, GmbHR 1993, 288; Michalski/Tebben,
GmbHG, 2. Aufl., § 6 Rn. 115; MünchHdBGesR III/Marsch-Barner/Diekmann,
3. Aufl., § 43 Rn. 7; Kleindiek in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 17. Aufl., Anh. zu
§ 6 Rn. 16; Altmeppen in Roth/Altmeppen, GmbHG, 7. Aufl., § 6 Rn. 149; im
Grundsatz auch Fleck, ZGR 1988, 104, 125 f.). Danach sollen Vereinbarungen
im Anstellungsvertrag, die körperschaftsrechtlichen Regelungen – wie dem Wei-
sungsrecht der Gesellschafterversammlung – widersprechen und deshalb kei-
nen Unterlassungs- oder Erfüllungsanspruch des Geschäftsführers begründen
können, schuldrechtlich wirksam bleiben und damit nicht nur ein Recht zur frist-
losen Kündigung, sondern auch einen Schadensersatzanspruch nach § 628
Abs. 2 BGB rechtfertigen können. Das wird unter anderem mit dem Grundsatz
der Vertragsfreiheit begründet.

17         Ob dem zu folgen ist oder ob die Rechtsprechung des Senats zur Abbe-
rufung gegebenenfalls – wie es das Berufungsgericht getan hat – auf den Fall
einer Beschränkung der Zuständigkeiten des Geschäftsführers übertragen wer-
den kann, bedarf im vorliegenden Fall aber keiner Entscheidung. Denn die Be-
schneidung der Kompetenzen des Klägers war nicht nur auf der gesellschafts-
rechtlichen, sondern auch auf der Ebene des Anstellungsvertrages nicht
pflichtwidrig. Jedenfalls deshalb konnte dieses Verhalten keinen Schadenser-
satzanspruch nach § 628 Abs. 2 BGB auslösen.

18             Weder dem Anstellungsvertrag des Klägers noch der Satzung der Be-
klagten lässt sich entnehmen, dass die Beschränkung der Kompetenzen des
Klägers in der von der Beklagten vorgenommenen Art unzulässig war.

19             aa) Das Berufungsgericht hat zutreffend ausgeführt, ein unzulässiger
Ausschluss des Klägers von jeder Geschäftsführungsbefugnis liege nicht vor.
Soweit an anderer Stelle des Urteils gesagt wird, die Geschäftsführerfunktion
des Klägers sei „entgegen dem Anstellungsvertrag“ abgeschwächt worden, ist
der Senat an diese Wertung nicht gebunden. In dem Anstellungsvertrag ist we-
der eine Einzelvertretungsbefugnis vorgesehen noch eine Befreiung vom Ver-
bot des Selbstkontrahierens. Ausdrücklich geregelt ist, dass die Gesellschafter-
versammlung – im Rahmen ihrer gesetzlichen Weisungsbefugnis – die Zustän-
digkeit mehrerer Geschäftsführer abweichend von dem Vertrag regeln kann und
dass sie eine Geschäftsordnung erlassen kann. Für alle über den gewöhnlichen
Geschäftsbetrieb hinausgehenden Handlungen – mit umfangreicher Beispielslis-
te – bedarf es nach dem Vertrag der Zustimmung der Gesellschafterversamm-
lung. Die Beispielsliste kann zudem verlängert werden. Damit waren auch ein-
schneidende Eingriffe in den Zuständigkeitsbereich des Klägers nicht vertrags-
widrig.

20             Etwas anderes folgt auch nicht aus der Regelung in § 1 Abs. 2 des An-
stellungsvertrages. Danach kann die Gesellschafterversammlung dem Ge-
schäftsführer – mit seinem Einverständnis – andere Aufgaben innerhalb des
Konzerns zuweisen, wenn diese Tätigkeiten nicht wesentlich von dem bisheri-
gen Tätigkeitsfeld abweichen und die Übernahme zumutbar ist. Diese Regelung
bezieht sich allein auf den möglichen Einsatz des Geschäftsführers bei anderen
Konzerngesellschaften. Im Übrigen ist sie dadurch gekennzeichnet, dass ein
Einverständnis des Geschäftsführers vorausgesetzt wird, das bei den übrigen
Bestimmungen gerade nicht verlangt wird.
– 10 –

21         bb) Der Kläger hatte auch kein satzungsmäßiges Sonderrecht auf eine
den bisherigen Verhältnissen entsprechende Geschäftsführertätigkeit. Zwar hat
das Berufungsgericht festgestellt, dass ein derartiges Sonderrecht in der Sat-
zung vom 17. September 1997 eingeräumt worden sei. Dieses Sonderrecht ist
aber durch die Übertragung der Geschäftsanteile auf die R.             weggefal-
len. Zum einen können Sonderrechte zur Geschäftsführung nur zugunsten von
Gesellschaftern begründet werden (vgl. Michalski/Tebben, GmbHG, 2. Aufl., § 6
Rn. 113; Kleindiek in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 17. Aufl., § 38 Rn. 10;
Hueck/Fastrich in Baumbach/Hueck, GmbHG, 19. Aufl., § 3 Rn. 26, 45), und
der Kläger ist seit der Übertragung seiner Geschäftsanteile auf die R.
nicht mehr Gesellschafter der Beklagten. Zum anderen ist jedenfalls durch § 9
Abs. 1 des Geschäftsanteilskauf- und -abtretungsvertrages vom 27. Juni 2006
zwischen der R.          und dem Kläger und seiner Ehefrau klargestellt, dass
das Sonderrecht nicht fortbestehen sollte. Denn darin heißt es, die Verkäufer
verpflichteten sich, der Gesellschaft für mindestens fünf Jahre als Geschäftsfüh-
rer zu den Bedingungen des am selben Tag geschlossenen Geschäftsführeran-
stellungsvertrages zur Verfügung zu stehen. Von einem Recht oder gar Sonder-
recht ist weder dort noch in dem Anstellungsvertrag die Rede.

22         cc) Nicht zum Erfolg führt auch der Einwand der Revision, die neue Ge-
schäftsordnung der Beklagten verstoße gegen ein „Geschäftsverteilungsver-
bot“, weil darin der Kläger von grundlegenden, einer Ressortzuweisung nicht
zugänglichen Geschäftsführungsaufgaben enthoben worden sei.

23         Dabei kann offen bleiben, ob es derartige Kernaufgaben der Geschäfts-
führer gibt, die sich einer Ressortverteilung entziehen (so Leuering/Dornhegge,
NZG 2010, 13, 15). Von solchen Kernaufgaben war der Kläger nämlich nicht
ausgeschlossen. Vielmehr ist in der Geschäftsordnung nur von „federführender“
Behandlung grundsätzlicher Fragen durch den neuen Geschäftsführer B.         die
Rede. Das heißt nicht, dass der Kläger insoweit keinerlei Kompetenzen mehr
gehabt hätte.

24         Allerdings ist auch angeordnet worden, dass B.     gegenüber dem Kläger
weisungsbefugt sei. Eine solche Anordnung mag im Normalfall bedenklich sein,
weil die davon betroffenen Geschäftsführer dadurch zu bloßen Befehlsempfän-
gern des weisungsbefugten Geschäftsführers werden. Hier besteht aber die
Besonderheit, dass B.   in der fraglichen Zeit zugleich Alleingeschäftsführer der
Komplementärin der Alleingesellschafterin R.            war und daher schon
deshalb das Recht hatte, dem Kläger – auch ins Einzelne gehende – Weisun-
gen zu erteilen (vgl. Scholz/U. H. Schneider, GmbHG, 10. Aufl., § 37 Rn. 38).
Soweit gesellschaftsrechtlich kein Weisungsrecht der Gesellschafterversamm-
lung besteht – etwa im Hinblick auf die Pflichten der Geschäftsführer im Insol-
venzfall -, gilt das auch für das Weisungsrecht auf der Geschäftsführerebene.

25         c) Nicht zu folgen ist schließlich der Auffassung der Revision, die Maß-
nahmen der Beklagten seien eine Schikane im Sinne des § 226 BGB und
jedenfalls deshalb nach § 628 Abs. 2 BGB vertragswidrig. Angesichts der vom
Berufungsgericht festgestellten Umsatzrückgänge und der bereits erfolgten
Abmahnung kann von Schikane keine Rede sein.

Bergmann                         Strohn                           Reichart

Drescher                          Born

Vorinstanzen:
LG Mannheim, Entscheidung vom 25.03.2010 – 23 O 104/09 –
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 23.03.2011 – 7 U 81/10 –