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BGH URTEIL vom 10. Juli 2014

I ZR 249/12

Verkündet am:

10. Juli 2014

Nero

ZPO § 287, § 922 Abs. 2, §§ 929, 945

a) Wird eine im Beschlusswege erlassene Verbotsverfügung vor einer förmli-
chen Parteizustellung formlos der Gegenseite übermittelt, führt dies noch
nicht zu einem Vollstreckungsdruck, der die Schadensersatzpflicht nach
§ 945 ZPO auslösen kann.

b) Mit der Zustellung der mit Ordnungsmittelandrohung versehenen Unterlas-
sungsverfügung muss der Schuldner damit rechnen, dass der Gläubiger je-
derzeit von der Vollstreckungsmöglichkeit Gebrauch macht und im Falle ei-
ner Zuwiderhandlung gegen die in der Beschlussverfügung ausgesprochene
Unterlassungsverpflichtung die Festsetzung von Ordnungsmitteln beantragt.
Bei einer solchen Sachlage ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die
Befolgung einer Unterlassungsverpflichtung der Abwendung von Vollstre-
ckungsmaßnahmen dient und nicht freiwillig erfolgt.

BGH, Urteil vom 10. Juli 2014 – I ZR 249/12 – OLG Düsseldorf

LG Düsseldorf
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhand-
lung vom 10. Juli 2014 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Büscher, die
Richter Prof. Dr. Schaffert, Dr. Kirchhoff, Dr. Löffler und die Richterin
Dr. Schwonke

für Recht erkannt:

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 20. Zivilsenats
des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 3. April 2012 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurück-
verwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Parteien handeln mit Bekleidung. Zum Sortiment der Beklagten ge-
hört die Jeanshose „‚Elwood“ und zum Produktprogramm der Klägerin die
Jeanshose „Nero“.

Die Beklagten erwirkten gegen die Klägerin eine einstweilige Verfügung
mit Ordnungsmittelandrohung des Landgerichts Hamburg vom 9. Juni 2006, mit
der der Klägerin verboten wurde, das Jeansmodell „Nero“ herzustellen, anzu-
bieten und/oder in den Verkehr zu bringen. Einen Abdruck der Beschlussverfügung übersandten die Beklagten der Klägerin vorab mit Schreiben vom 12. Juni

2006. Spätestens am 20. Juni 2006 beendete die Klägerin den weiteren Ver-
trieb ihres Jeansmodells. Am 6. Juli 2006 stellten die Beklagten der Klägerin die
Beschlussverfügung mit Ordnungsmittelandrohung zu. Das Landgericht Ham-
burg bestätigte die einstweilige Verfügung durch Urteil vom 17. August 2006. Im
Rechtsmittelverfahren vor dem Oberlandesgericht Hamburg nahmen die Be-
klagten in der mündlichen Verhandlung vom 14. März 2007 den Verfügungsan-
trag zurück.

In dem zwischen den Parteien geführten Hauptsacheverfahren untersag-
te das Landgericht Hamburg der Klägerin mit Urteil vom 27. März 2007 den
Vertrieb ihrer Jeanshose. Auf die Berufung der Klägerin wies das OLG Ham-
burg am 19. Dezember 2007 die Klage ab. Die Nichtzulassungsbeschwerde der
Beklagten war erfolglos (BGH, Beschluss vom 13. August 2009 I
ZR 15/08).
Bis zur Entscheidung des Bundesgerichtshofs nahm die Klägerin die Produktion
ihrer Jeanshose nicht wieder auf.

Die Klägerin hat geltend gemacht, durch die Einstellung des Vertriebs
der Jeanshose „Nero“ sei ihr in der Zeit von Juni 2006 bis Dezember 2007 ein
Schaden durch entgangenen Gewinn in Höhe von mindestens 477.457,75 €
entstanden. Zudem habe sie für zwei Marktforschungsgutachten, die sie im Ver-
fügungsverfahren vorgelegt habe, 14.100 € aufgewandt.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagten zu verurteilen, ihr den Schaden zu ersetzen, der ihr durch die Voll-
ziehung der ungerechtfertigten einstweiligen Verfügung des Landgerichts Ham-
burg vom 9. Juni 2006 entstanden ist, wobei die Ermittlung der tatsächlichen
Schadenshöhe in das Ermessen des Gerichts gestellt werde, der Ersatz einen
Betrag von 491.457,75 € zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über
dem Basiszinssatz seit dem 31. August 2009 jedoch nicht unterschreiten solle.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die
Berufung der Klägerin zurückgewiesen.

Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die
Beklagten beantragen, verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

I. Das Berufungsgericht hat die Klage als unbegründet angesehen und
dazu ausgeführt:

Der Klägerin stehe weder ein Schadensersatzanspruch aus § 945 ZPO
noch aus § 823 Abs. 1 oder § 826 BGB zu. Die Haftung des Antragstellers einer
einstweiligen Verfügung auf Schadensersatz gemäß § 945 ZPO setze erst mit
deren Vollziehung ein. Die Einstellung des Vertriebs der Jeanshose „Nero“
durch die Klägerin sei bereits am 20. Juni 2006 erfolgt. Dagegen sei die Ver-
botsverfügung erst am 6. Juli 2006 durch Zustellung im Parteibetrieb vollzogen
worden. Die Klägerin könne ihr Schadensersatzbegehren auch nicht für die Zeit
ab dem Zustellungszeitpunkt am 6. Juli 2006 auf § 945 ZPO stützen. Die Voll-
ziehung der einstweiligen Verfügung sei für die Beibehaltung der Vertriebsein-
stellung nicht ursächlich geworden. Die Klägerin habe in der Berufungsbegrün-
dung eingeräumt, Grund für die Einstellung des Vertriebs sei der Umstand ge-
wesen, dass die Beklagten die Verbotsverfügung erwirkt hätten und nicht erst
deren Vollziehung. Die Klägerin habe nach der Rücknahme des Verfügungsan-
trags am 14. März 2007 den Vertrieb auch nicht wieder aufgenommen und dies
mit der Ungewissheit über den Ausgang des Hauptsacheverfahrens begründet.
Vor diesem Hintergrund sei für eine Anwendung des § 945 ZPO kein Raum.

Ein Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 1 oder § 826 BGB sei
ebenfalls nicht gegeben. Wer ein staatlich geregeltes Verfahren betreibe und
subjektiv redlich handele, hafte nicht aus unerlaubter Handlung, auch wenn sein
Begehren sachlich nicht begründet sei.

II. Die hiergegen gerichtete Revision der Klägerin ist begründet und führt
zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

1. Zu Recht hat das Berufungsgericht allerdings angenommen, dass
Schadensersatzansprüche der Klägerin unter dem Gesichtspunkt eines rechts-
widrigen und schuldhaften Eingriffs in ihren eingerichteten und ausgeübten Ge-
werbebetrieb nach § 823 Abs. 1 BGB und wegen vorsätzlicher sittenwidriger
Schädigung gemäß § 826 BGB nicht bestehen. Gegen diese Beurteilung wen-
det sich die Revision auch nicht.

2. Ein Schadensersatzanspruch der Klägerin nach § 945 ZPO kann
demgegenüber mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung nicht
verneint werden. Das Berufungsgericht ist rechtsfehlerhaft davon ausgegangen,
die Vollziehung der einstweiligen Verfügung durch die Beklagten am 6. Juli
2006 sei nicht ursächlich für einen der Klägerin durch die Einstellung des Ver-
triebs der Jeanshose „Nero“ entstandenen Schaden.

a) Nach § 945 ZPO ist die Partei, die eine von Anfang an ungerechtfertig-
te einstweilige Verfügung erwirkt hat, verpflichtet, dem Gegner den Schaden zu
ersetzen, der ihm aus deren Vollziehung entsteht. § 945 ZPO beruht – ebenso
wie die Vorschrift des § 717 Abs. 2 ZPO, die die Schadensersatzverpflichtung
des Gläubigers bei einer Vollstreckung aus einem für vorläufig vollstreckbar
erklärten Urteil regelt, das später aufgehoben oder abgeändert wurde – auf dem
Rechtsgedanken, dass die Vollstreckung aus einem noch nicht endgültigen
Vollstreckungstitel auf Gefahr des Gläubigers erfolgt (BGH, Urteil vom
2. November 1995 IX ZR 141/94, BGHZ 131, 141, 143; Urteil vom 20. Juli
2006 – IX ZR 94/03, BGHZ 168, 352 Rn. 40).

b) Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob die
einstweilige Verfügung im Sinne von § 945 ZPO von Anfang an ungerechtfertigt
war. Für das Revisionsverfahren ist deshalb zugunsten der Klägerin zu unter-
stellen, dass dies der Fall war.

c) Erweist sich die Anordnung der einstweiligen Verfügung als von An-
fang an unberechtigt, sind die Beklagten nach § 945 ZPO verpflichtet, der Klä-
gerin den Schaden zu ersetzen, der ihr aus der Vollziehung des Verbots ent-
standen ist. Dazu zählt vorliegend allerdings nicht derjenige Schaden, der der
Klägerin durch die Einstellung des Vertriebs der Jeanshose „Nero“ vor der Zu-
stellung der Verbotsverfügung am 6. Juli 2006 entstanden ist (dazu unter
II 2 c bb). Nicht umfasst von einem Anspruch aus § 945 ZPO ist weiter derjeni-
ge Schaden, der darauf beruht, dass die Klägerin das ihr durch die einstweilige
Verfügung auferlegte Verbot nach Rücknahme des Verfügungsantrags am
14. März 2007 weiter befolgt hat (dazu unter II 2 c cc). Dagegen hat das Beru-
fungsgericht zu Unrecht die Ursächlichkeit der Vollziehung der einstweiligen
Verfügung am 6. Juli 2006 für einen Schaden der Klägerin verneint (dazu unter
II 2 c dd).

aa) Nur eine Gläubigerhandlung, die als zwangsweise Durchführung ei-
ner angeordneten Maßregel angesehen werden kann, ist eine Vollziehung im
Sinne des § 945 ZPO und begründet die scharfe Haftung des Gläubigers. Die
Schadensersatzpflicht kann nie allein durch das Erwirken des Titels begründet
werden. Vielmehr ist ein darüber hinausgehendes Verhalten erforderlich, das
zumindest einen gewissen Vollstreckungsdruck erzeugt (BGHZ 131, 141, 144;
BGHZ 168, 352 Rn. 15; BGH, Beschluss vom 22. Januar 2009 – I ZB 115/07,
BGHZ 180, 72 Rn. 16). Ein solcher Vollstreckungsdruck geht von reinen Unter-
lassungstiteln nicht aus. Unterlassungsgebote lassen sich nicht durch unmittel-
baren Zwang durchsetzen, sie werden entweder beachtet oder durch Nichtbe-
achtung verletzt. Ihre Durchsetzung erfolgt durch mittelbaren Zwang in der Wei-
se, dass der Schuldner auf Antrag des Gläubigers zu Ordnungsgeld oder Ord-
nungshaft nach § 890 Abs. 1 ZPO verurteilt wird. Deshalb setzt der für eine
Schadensersatzpflicht nach § 945 ZPO notwendige Vollstreckungsdruck vor-
aus, dass der Schuldner das durch die einstweilige Verfügung verhängte Verbot
beachten und im Fall der Zuwiderhandlung mit der Verhängung von Ordnungs-
mitteln rechnen muss (vgl. BGH, Urteil vom 22. Oktober 1992 IX
ZR 36/92,
BGHZ 120, 73, 82; BGHZ 131, 141, 143; BGHZ 180, 72 Rn. 16). Dies erfordert
neben der Androhung des Ordnungsmittels nach § 890 Abs. 2 ZPO bei der Be-
schlussverfügung deren Zustellung im Parteibetrieb nach § 922 Abs. 2 ZPO
(vgl. BGH, Urteil vom 20. Juli 2006 IX
ZR 94/03, BGHZ 168, 352 Rn. 15). Die
Zustellung begründet zum einen die Wirksamkeit der gerichtlichen Entschei-
dung. Sie leitet zum anderen die Zwangsvollstreckung aus dem Titel ein und
dokumentiert den Willen des Gläubigers, von diesem Titel Gebrauch zu ma-
chen. Die formlose Übermittlung der gerichtlichen Entscheidung von Partei zu
Partei genügt dagegen den Anforderungen des § 922 Abs. 2 ZPO an eine Par-
teizustellung nach §§ 191 bis 195 ZPO nicht. Die einstweilige Verfügung ist vor
der förmlichen Zustellung nicht wirksam. Eine nicht wirksame einstweilige Ver-
fügung braucht der Schuldner nicht zu beachten.

bb) Ein Schadensersatzanspruch gemäß § 252 BGB wegen des Ge-
winns, der der Klägerin durch die Einstellung des Vertriebs der Jeanshose „Ne-
18
ro“ vor der Zustellung der einstweiligen Verfügung am 6. Juli 2006 entgangen
ist, besteht danach nicht.

(1) Dadurch, dass die Beklagten der Klägerin vor einer förmlichen Zustel-
lung im Parteibetrieb mit Schreiben vom 12. Juni 2006 eine Abschrift der einst-
weiligen Verfügung vom 9. Juni 2006 übermittelt haben, haben sie keinen Voll-
streckungsdruck erzeugt, der eine Schadensersatzverpflichtung der Beklagten
begründen kann. Die einstweilige Verfügung vom 9. Juni 2006 war mangels
Zustellung im Parteibetrieb zu diesem Zeitpunkt noch nicht wirksam. Eine nicht
wirksame einstweilige Verfügung brauchte die Klägerin nicht zu beachten.

Die gleichwohl bereits im Juni 2006 erfolgte Einstellung des Vertriebs der
Jeanshose „Nero“ stellt sich danach nicht als eine durch einen Vollstreckungs-
druck ausgelöste Befolgung des Verbots dar.

(2) Nichts anderes ergibt sich aus der Senatsentscheidung „Ordnungs-
mittelfestsetzung nach Verbotsverfügung“ (BGHZ 180, 72), auf die sich die Re-
vision beruft.

Der Senat hat darin entschieden, dass eine durch Urteil erlassene Ver-
botsverfügung mit der Verkündung des Urteils wirksam wird und vom Schuldner
ab diesem Zeitpunkt zu beachten ist, wenn sie eine Ordnungsmittelandrohung
enthält. In diesem Fall kann gegen den Schuldner bei einer schuldhaften Zuwi-
derhandlung nach Verkündung des Urteils ein Ordnungsmittel festgesetzt wer-
den (BGHZ 180, 72 Rn. 11). Der Schuldner hat das Unterlassungsgebot bereits
ab Urteilsverkündung zu beachten, auch wenn für den Gläubiger weiterhin die
Notwendigkeit besteht, die Urteilsverfügung durch Zustellung zu vollziehen
(BGHZ 180, 72 Rn. 15). Grund hierfür ist, dass eine durch Urteil erlassene Ver-
botsverfügung wie jedes Urteil mit der Verkündung wirksam ist und Grundlage
der Zwangsvollstreckung in Form einer Ordnungsmittelfestsetzung sein kann,
wenn die Ordnungsmittelandrohung im Urteil enthalten ist. Anders liegt der hier
zur Entscheidung stehende Fall. Die Beschlussverfügung war mangels förmli-
cher Zustellung im Parteibetrieb noch nicht wirksam geworden. Sie konnte da-
her vor der Zustellung am 6. Juli 2006 noch nicht Grundlage einer Ordnungsmit-
telfestsetzung sein.

(3) Dieser rechtlichen Bewertung steht anders als die Revision meint auch
nicht die zu § 717 Abs. 2 Satz 1 ZPO ergangene Entscheidung „Steroid-
beladene Körner“ (BGH, Urteil vom 16. Dezember 2010 Xa
ZR 66/10, GRUR 2011, 364) entgegen. In dieser Entscheidung ist der Bundesgerichtshof davon
ausgegangen, dass der notwendige Vollstreckungsdruck im Hinblick auf ein
Unterlassungsgebot gegeben ist, wenn ein vorläufig vollstreckbares Urteil vor-
liegt, der Gläubiger alle Vollstreckungsvoraussetzungen herbeigeführt hat und
gegenüber dem Schuldner nicht deutlich macht, daraus keine Rechte herzulei-
ten (vgl. BGH, GRUR 2011, 364 Rn. 27 Steroidbeladene
Körner). Damit ist der
vorliegende Fall nicht vergleichbar. Vor der Parteizustellung am 6. Juli 2006
lagen die Vollstreckungsvoraussetzungen gerade nicht vor.

cc) Im Ergebnis zu Recht ist das Berufungsgericht weiterhin davon aus-
gegangen, dass ein Schadensersatzanspruch gemäß § 945 ZPO für solche
Schäden ausgeschlossen ist, die der Klägerin wegen der Befolgung des Ver-
bots nach der Rücknahme des Verfügungsantrags durch die Beklagten am
14. März 2007 entstanden sind. Nach dem dadurch bedingten Wegfall des Ti-
tels entfiel auch ein durch ihn erzeugter Vollstreckungsdruck. Schäden, die der
Klägerin infolge der Beibehaltung der Vertriebseinstellung der Jeanshose
„Nero“ nach dem 14. März 2007 entstanden sind, können nicht kausal auf der
Vollziehung der einstweiligen Verfügung beruhen.

Soweit die Klägerin geltend gemacht hat, sie sei an einer Vertriebsauf-
nahme nach der Rücknahme des Verfügungsantrags in der Berufungsverhand-
lung deshalb gehindert gewesen, weil wenige Tage später das sie benachteili-
gende erstinstanzliche Urteil in der Hauptsache zu erwarten gewesen sei, kann
dies allenfalls Schadensersatzansprüche nach § 717 Abs. 2 ZPO begründen.
Auf diese Vorschrift hat die Klägerin die Klage jedoch nicht gestützt. Sie hat
auch zu den Voraussetzungen einer Haftung der Beklagten nach dieser Vor-
schrift nichts vorgetragen.

dd) Die Revision rügt allerdings zu Recht, dass das Berufungsgericht
auch nach Zustellung der Beschlussverfügung im Parteibetrieb am 6. Juli 2006
eine Ursächlichkeit der Vollziehung der einstweiligen Verfügung für die Beibe-
haltung der Vertriebseinstellung der Klägerin verneint hat.

(1) Das Berufungsgericht hat angenommen, die Klägerin könne ihr
Schadensersatzbegehren auch nicht mit der weiteren Befolgung des Verbots in
der Zeit seit dem 6. Juli 2006 begründen. Ursächlich für die Vertriebseinstellung
sei nach dem eigenen Vortrag der Klägerin die in dem Erlass der einstweiligen
Verfügung zum Ausdruck gekommene Rechtsauffassung des Landgerichts und
die hierdurch für die Klägerin begründete Rechtsunsicherheit gewesen, die erst
mit der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 13. August 2009 beseitigt
worden sei. Ursächlich für die Fortdauer der Einstellung des Vertriebs der
Jeanshose sei dagegen nicht erst die Vollziehung der einstweiligen Verfügung
gewesen. Dies finde seine Bestätigung im Verhalten der Klägerin nach der
Rücknahme des Verfügungsantrages am 14. März 2007. Die Klägerin habe
nach dem Wegfall der einstweiligen Verfügung den Vertrieb nicht wieder aufge-
nommen.

(2) Diese Beurteilung beanstandet die Revision zu Recht. Die Ursäch-
lichkeit der von den Beklagten erwirkten einstweiligen Verfügung für die Einstel-
lung des Vertriebs der Jeanshose „Nero“ ist als haftungsbegründender Um-
stand zwar von der geschädigten Klägerin zu beweisen. Ihr kommen dabei al-
lerdings die Beweiserleichterungen des § 287 ZPO zugute (BGHZ 168, 352
Rn. 25).

Die Revision weist zutreffend auf den Inhalt des Schriftverkehrs der Par-
teien vor der formlosen Übermittlung der einstweiligen Verfügung mit Schreiben
vom 12. Juni 2006 hin. Die Beklagten hatten zunächst am 26. April 2006 an
einen Großkunden der Klägerin eine Abmahnung gerichtet. Am 9. Juni 2006
vertraten die seinerzeitigen Bevollmächtigten der Klägerin in einem Schreiben
an die Rechtsanwälte der Beklagten die Auffassung, das Jeansmodell „Nero“
der Klägerin sei keine Nachahmung der Jeanshose „Elwood“ der Beklagten,
und lehnten die Vereinbarung einer Aufbrauchfrist für den Vertrieb des Jeans-
modells der Klägerin ab. Dieser Schriftverkehr, dessen Inhalt das Berufungsge-
richt nicht berücksichtigt hat, macht deutlich, dass die Klägerin den Vertrieb ih-
res Jeansmodells zunächst nicht einstellen wollte. Erst unter dem Eindruck der
einstweiligen Verfügung änderte die Klägerin ihre Sichtweise. Davon ist zwar im
Ansatz auch das Berufungsgericht ausgegangen. Es hat jedoch zu Unrecht an-
genommen, die Befolgung des Verbots auch nach der Parteizustellung sei aus-
schließlich auf den Erlass der einstweiligen Verfügung zurückzuführen.

Die Annahme des Berufungsgerichts, die Parteizustellung sei für die wei-
tere Befolgung des ausgesprochenen Unterlassungsgebots nach der Zustellung
der einstweiligen Verfügung im Parteibetrieb am 6. Juli 2006 nicht ursächlich,
wird der Situation der Klägerin als Vollstreckungsschuldnerin nicht gerecht. Mit
der Zustellung der mit Ordnungsmittelandrohung versehenen Beschlussverfü-
gung im Parteibetrieb hatten die Beklagten die Voraussetzungen für die
Zwangsvollstreckung geschaffen. Der Schuldner muss bei einer solchen Sach-
lage damit rechnen, dass der Gläubiger jederzeit von der Vollstreckungsmög-
lichkeit Gebrauch macht und im Falle einer Zuwiderhandlung gegen die in der
Beschlussverfügung ausgesprochene Unterlassungsverpflichtung die Festset-
zung von Ordnungsmitteln beantragt. Bei einer solchen Sachlage ist grundsätz-
lich davon auszugehen, dass die Befolgung des Unterlassungsgebots nicht
freiwillig, sondern zur Abwendung von Vollstreckungsmaßnahmen erfolgt (vgl.
BGH, GRUR 2011, 364 Rn. 25 – Steroidbeladene Körner). Damit beugt der
Schuldner sich einem Vollstreckungsdruck. Davon ist auch vorliegend auszu-
gehen.

(3) Soweit die Beklagten sich demgegenüber darauf berufen, die Kläge-
rin habe ohnehin beabsichtigt, den Vertrieb der Jeanshose „Nero“ einzustellen,
wird damit nicht die Kausalität der Zustellung der einstweiligen Verfügung für
die Vertriebseinstellung in Frage gestellt. Vielmehr berufen sich die Beklagten
damit auf eine Reserveursache, die im Einzelfall zu einer Entlastung des Schä-
digers führen kann (vgl. BGHZ 168, 352 Rn. 22). Für das Vorliegen einer derar-
tigen Reserveursache ist der beklagte Schädiger darlegungs- und beweisbelas-
tet (BGHZ 168, 352 Rn. 25). Entsprechende Feststellungen hat das Berufungs-
gericht nicht getroffen. Zugunsten der Klägerin ist im Revisionsverfahren des-
halb davon auszugehen, dass sie nicht die Absicht hatte, den Vertrieb der frag-
lichen Jeanshose ohnehin einzustellen.

Das Berufungsgericht konnte eine fehlende Ursächlichkeit zwischen
Vollziehung der Unterlassungsverfügung und Fortdauer der Vertriebseinstellung
auch nicht dem Vortrag der Klägerin entnehmen. Soweit es seine gegenteilige
Ansicht auf das Vorbringen der Klägerin in der Berufungsbegründung stützt,
wonach der einzige Grund für die Einstellung des weiteren Vertriebs die durch
die Beklagten erwirkte einstweilige Verfügung gewesen sei, ist dieser Vortrag
aus dem Zusammenhang gerissen und entstellt den Sinn des Vorbringens der
Klägerin. Der Vortrag erlaubt deshalb nicht die vom Berufungsgericht gezogene
Schlussfolgerung. Die Ausführungen der Klägerin, auf die das Berufungsgericht
abhebt, stehen im Kontext mit einem Schaden seit der Vollziehung der einstwei-
ligen Verfügung am 6. Juli 2006. Hierzu hat die Klägerin unter Berufung auf ei-
nen Zeugen geltend gemacht, wegen der Zustellung der einstweiligen Verfü-
gung sei der Weitervertrieb eingestellt worden. Danach durfte das Berufungsge-
richt aus dem nachfolgenden Hinweis auf die Erwirkung der einstweiligen Ver-
fügung nicht die gegenteilige Schlussfolgerung ziehen, nicht die Zustellung,
sondern ausschließlich der Erlass der einstweiligen Verfügung sei ursächlich für
die Fortdauer der Einstellung des Vertriebs.

(4) Sollten die Beklagten die Ursächlichkeit der Vollziehung der Unterlas-
sungsverfügung für die Beibehaltung der Vertriebseinstellung durch die Klägerin
nicht widerlegen können und lässt sich auch nicht feststellen, dass die Beklag-
ten zum Ausdruck gebracht haben, dass sie aus der einstweiligen Verfügung
keine Rechte herleiten, wird das Berufungsgericht zu prüfen haben, in welcher
Höhe der Klägerin ein zurechenbarer Vollstreckungsschaden entstanden ist.

Für die Bemessung des Schadens nach § 945 ZPO gelten die allgemei-
nen Grundsätze der §§ 249 ff. BGB. Der Schadensersatzanspruch erfasst
grundsätzlich den durch die Vollziehung der einstweiligen Verfügung adäquat-
kausal verursachten, unmittelbaren oder mittelbaren Schaden einschließlich
des infolge des Vollzugs von Verbotsverfügungen entgangenen Gewinns des
Schuldners (BGHZ 168, 352 Rn. 19). Auch insoweit kommen der Klägerin die
Beweiserleichterungen des § 287 Abs. 1 ZPO zugute; bei besonderen Schwie-
rigkeiten des Schadensnachweises ist ein Mindestschaden zu schätzen (Zöller/
Greger, ZPO, 30. Aufl., § 287 Rn. 2). Zu dem ersatzfähigen Schaden rechnen
auch Schäden, die der Klägerin dadurch entstanden sind, dass sie den Vertrieb
der Jeanshose „Nero“ nach dem Fortfall des Unterlassungstitels nach Rück-
nahme des Verfügungsantrags am 14. März 2007 nicht sofort wieder aufneh-
men konnte, weil die Zeit, die die Klägerin zum Wiederanlaufen des Vertriebs
benötigte, noch auf den Zeitraum der Vollziehung der einstweiligen Verfügung
vom 6. Juli 2006 bis 17. März 2007 entfällt.

Soweit die Klägerin Kosten in Höhe von 14.100 € für die Erstellung von
zwei Marktforschungsgutachten als Teil ihres Schadens geltend macht, fehlt es
gleichfalls an Feststellungen des Berufungsgerichts, die nachzuholen sind. Da-
bei wird die Klägerin ihren Vortrag dazu zu präzisieren haben, aus welchem
Grund ihr Kosten in dieser Höhe entstanden sind.

Das Berufungsgericht wird im Weiteren zu beachten haben, dass – auch
wenn diese Kosten während der Wirksamkeit der einstweiligen Verfügung ent-
standen sind – insoweit Zweifel an der Zulässigkeit der Klage bestehen. Sollte
es sich bei den Kosten für diese Gutachten um notwendige Kosten der Rechts-
verteidigung der Klägerin im vorausgegangenen Verfügungsverfahren im Sinne
von § 91 ZPO gehandelt haben, kommt in Betracht, dass die Klägerin deren
Erstattung als Privatgutachterkosten im Rahmen der Kostenfestsetzung gegen
die Beklagten durchsetzen kann (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Februar 2013
VI ZB 59/12, NJW 2013, 1823 Rn. 4). Wäre ein prozessualer Kostenerstat-
tungsanspruch gegeben, den die Klägerin auch infolge der entsprechend § 269
Abs. 3 Satz 2 ZPO ergangenen Kostengrundentscheidung des Berufungsge-
richts im Verfahren der einstweiligen Verfügung vom 14. März 2007 durchset-
zen könnte, bestünde weil
es sich bei dem Kostenfestsetzungsverfahren um
ein einfacheres Verfahren handelt für
die Durchsetzung eines materiell-
rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs im ordentlichen Verfahren kein
Rechtsschutzbedürfnis (BGH, Urteil vom 13. April 1989 – IX ZR 148/88, WRP
1989, 514, 515).

Selbst wenn von einer Zulässigkeit der Klage insoweit ausgegangen
werden muss, bedarf es einer besonderen Prüfung, ob diese im Rahmen des
Verfahrens der einstweiligen Verfügung entstandenen Kosten infolge der Voll-
ziehung der einstweiligen Verfügung entstanden sind oder ob diese Kosten
nicht vielmehr auf die Anordnung der einstweiligen Maßnahme zurückzuführen
sind (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 1. April 1993 I
ZR 70/91, BGHZ 122, 172,
176 – Verfügungskosten).

III. Danach ist das angefochtene Urteil aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO).
Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie zur neuen Verhandlung
und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1
Satz 1 ZPO).

Büscher Schaffert Kirchhoff

Löffler Schwonke

Vorinstanzen:

LG Düsseldorf, Entscheidung vom 12.01.2011 – 12 O 50/10 –

OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 03.04.2012 – I-20 U 31/11 –
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