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Die TÜV Süd Aktiengesellschaft hat sich aktuell erfolgreich gegen die Verletzung ihrer Marke und ihres Unternehmenskennzeichens durch die Bezeichnungen „Privater TÜV“ und „Erster privater TÜV“ sowie „TÜV-Dienstleistungen“ gewehrt. Der BGH äußert sich hierbei sowohl zur Offenkundigkeit der Bekanntheit einer Marke als auch zu der Frage, wann aus einer Marke eine gebräuchliche Bezeichnung   im Sinne von § 49 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG wird.

 

 

 

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
I ZR 108/09                                                         Verkündet am:
17. August 2011
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:         ja
BGHZ:                  nein
BGHR:                    ja

TÜV II

MarkenG § 14 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 5 und 6, § 23 Nr. 2, § 49 Abs. 2 Nr. 1; ZPO § 253
Abs. 2 Nr. 2, § 291

a)   Hat der Kläger in den Tatsacheninstanzen Ansprüche aus verschiedenen Kenn-
zeichenrechten alternativ verfolgt, kann er in der Revisionsinstanz zwar zu einer
eventuellen, nicht aber zu einer kumulativen Klagehäufung übergehen, um eine
Abweisung der Klage als unzulässig zu vermeiden.
b)   Die Tatsachen, die der Bekanntheit einer Marke zugrunde liegen, können offen-
kundig im Sinne von § 291 ZPO sein (hier: intensive Benutzung der Marke über
einen längeren Zeitraum in weitem Umfang gegenüber dem allgemeinen Publi-
kum) und auch ohne Einholung eines Verkehrsgutachtens die Annahme rechtferti-
gen, dass die Marke bekannt im Sinne von § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG ist.
c)   Findet sich mit einer gewissen Häufigkeit die beschreibende Verwendung einer
Marke (hier: die Bezeichnung „TÜV“), rechtfertigt dies für sich genommen nicht
schon die Annahme, das Zeichen habe sich zu einer gebräuchlichen Bezeichnung
im Sinne von § 49 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entwickelt.
d)   Allein der Umstand, dass eine bekannte Marke nicht mit der angegriffenen Be-
zeichnung verwechselt wird, kann die Ausnutzung der Unterscheidungskraft oder
der Wertschätzung der bekannten Marke im Sinne von § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG
nicht rechtfertigen.

BGH, Urteil vom 17. August 2011 – I ZR 108/09 – OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
-2-

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im schriftlichen Verfahren, in
dem bis zum 14. Juli 2011 Schriftsätze eingereicht werden konnten, durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und die Richter Pokrant, Prof.
Dr. Büscher, Dr. Schaffert und Dr. Koch

für Recht erkannt:

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 20. Zivilsenats
des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 9. Juni 2009 wird zurück-
gewiesen.

Die Anschlussrevision der Klägerin wird verworfen.

Die Beklagten tragen die Kosten der ersten und der zweiten In-
stanz. Von den Kosten der Revisionsinstanz tragen die Klägerin
1/5 und die Beklagten 4/5.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

1         Die Klägerin, die 1995 durch den Zusammenschluss mehrerer Techni-
scher Überwachungsvereine entstanden ist, trägt die Unternehmensbezeich-
nung „TÜV Süd Aktiengesellschaft“. Sie bietet Dienstleistungen im Bereich der
Anlagensicherheit an.

2         Die Klägerin ist Inhaberin der mit Priorität vom 29. Oktober 1979 einge-
tragenen Marke Nr. 1005648 „Tüv“ und der mit Priorität vom 4. März 2004 ein-

getragenen Wortmarke Nr. 30412680.2 „TÜV SÜD“ sowie der nachfolgend wie-
dergegebenen Gemeinschaftswort-/Bildmarke Nr. 03715901 (Priorität 17. März
2004):

3            Die Marken sind für Dienstleistungen eines Ingenieurs sowie für die
Dienstleistungen Begutachten, Forschen, Prüfen und Überwachen auf dem Ge-
biet der Technik, insbesondere der Sicherheitstechnik, eingetragen.

4            Die Beklagte zu 1 (nachfolgend: Beklagte), eine GmbH, befasst sich mit
Dienstleistungen auf den Gebieten Arbeitsschutz, Sicherheits- und Gesund-
heitsschutz, Gefahrstoffe, Altlasten und Umweltschutz, technische Überwa-
chung und Ausrüstung, Brandschutz, Explosionsschutz, Projekt- und Bauma-
nagement, Facility Management, Engineering und Qualitätsmanagement. Der
Beklagte zu 2 ist der Geschäftsführer der Beklagten.

5            Die Beklagte veröffentlichte am 15. Juni 2006 im Internet die nachfolgend
wiedergegebene Presseerklärung, in der sie sich als „Privater TÜV“ und „Erster
privater TÜV“ bezeichnete, der bundesweit „TÜV-Dienstleistungen“ anbietet
(Anlage K 19):

6         Die Klägerin sieht in der Verwendung der Bezeichnungen „Privater TÜV“
und „Erster privater TÜV“ sowie „TÜV-Dienstleistungen“ eine Verletzung der
Rechte an ihren Marken und ihrem Unternehmenskennzeichen. Sie hat vorge-
tragen, ihre Marken mit dem Bestandteil „TÜV“ und ihre gleichlautende ge-
schäftliche Bezeichnung seien bekannte Kennzeichen, die über einen hervorra-
genden Ruf auf dem Gebiet der Überwachung und Prüfung technischer Einrich-
tungen und Anlagen sowie der Zertifizierung von Dienstleistungen verfügten.
Die Beklagte nutze mit den beanstandeten Bezeichnungen die Wertschätzung

und Unterscheidungskraft dieser bekannten Kennzeichen aus und beeinträchti-
ge sie zugleich.

7         Die Klägerin hat beantragt,

I.     die Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu
unterlassen, zur Kennzeichnung der von ihnen angebotenen oder erbrach-
ten Dienstleistungen eines Ingenieurs, nämlich des Prüfens von Anlagen,
Gebäuden und/oder Betrieben die folgenden Angaben zu verwenden:

1. „privater TÜV“ und/oder
2. „erster privater TÜV“ und/oder
3. „D.           G.                  A.          (D. -A.       GmbH)
bietet bundesweit TÜV-Dienstleistungen“,
insbesondere wie geschehen im Beitrag Anlage K 19 (es folgt die vor-
stehend wiedergegebene Presseerklärung);

II.    die Beklagten zu verurteilen, der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, in
welchem Umfang sie die unter I bezeichneten Handlungen vorgenommen
haben; dabei haben die Beklagten Art, Verbreitungsgebiet und Auflage der
Werbemittel anzugeben, in denen sie mindestens eine der Angaben ver-
wendet haben;

III.   festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind,
der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, welcher daraus entstanden ist und
noch entstehen wird, dass die Beklagten die unter I bezeichneten Hand-
lungen vorgenommen haben.

8         Die Beklagten sind der Klage entgegengetreten und haben geltend ge-
macht, der Begriff „TÜV“ habe sich zu einem Synonym für technische Prüfun-
gen und Zertifizierungen entwickelt. Durch die fortgesetzte Verwendung als
Gattungsbezeichnung habe die Angabe „TÜV“ ihre kennzeichenrechtliche Un-
terscheidungskraft verloren.

9         Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Kläge-
rin hat das Berufungsgericht die Beklagten nach den Klageanträgen verurteilt
(OLG Düsseldorf, Urteil vom 9. Juni 2009 – 20 U 27/08, juris).

10         Dagegen richten sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision
der Beklagten und die Anschlussrevision der Klägerin. Die Beklagten erstreben
mit ihrem Rechtsmittel, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, die Wie-
derherstellung des landgerichtlichen Urteils. Die Klägerin verfolgt mit ihrer An-
schlussrevision eine Verurteilung der Beklagten nach dem Verbots- und dem
Schadensersatzfeststellungsantrag wegen einer Verwendung ihrer Kennzei-
chen im Identitäts- und Verwechslungsbereich. Die Beklagten beantragen, die
Anschlussrevision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

11         A. Das Berufungsgericht hat die von der Klägerin geltend gemachten An-
sprüche aufgrund der Klagemarken Nr. 1005648 und Nr. 30412680.2 und des
Unternehmenskennzeichens der Klägerin nach § 14 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 5 und 6,
§ 15 Abs. 3, 4 und 5 MarkenG, § 242 BGB für begründet erachtet. Hierzu hat es
ausgeführt:

12         Die Verwendung der Angaben „Privater TÜV“, „Erster privater TÜV“ und
„D.           G.               A.           (D. -A.    GmbH)       bietet   bun-
desweit TÜV-Dienstleistungen“ verletze die deutschen Marken „Tüv“ und „TÜV
SÜD“ sowie das Unternehmenskennzeichen „TÜV Süd AG“ der Klägerin. Die
Zeichen würden durch den Bestandteil „TÜV“ geprägt. Die Bezeichnung „TÜV“
verfüge über originäre Unterscheidungskraft und habe diese nicht dadurch ver-
loren, dass sie als Synonym für die Hauptuntersuchung bei Kraftfahrzeugen
und zur Formulierung von Forderungen nach Qualitätskontrollen benutzt werde.
Der Bedeutung des Zeichens „TÜV“ als Herkunftshinweis stehe nicht entgegen,
dass es mehrere TÜV-Gesellschaften gebe.

13         Die Bezeichnung „TÜV“ sei offenkundig ein bekanntes Zeichen.

14         Die Beklagte habe das Zeichen „TÜV“ markenmäßig verwandt. Der Ver-
kehr werde aufgrund der angegriffenen Angaben eine gedankliche Verbindung
zu den Klagezeichen herstellen. Die Anwendung des § 14 Abs. 2 Nr. 3
MarkenG sei im Bereich der Dienstleistungsidentität oder -ähnlichkeit nicht aus-
geschlossen.

15         Die Beklagte nutze durch die Verwendung der Begriffe „Erster privater
TÜV“, „Privater TÜV“ und „TÜV-Dienstleistungen“ die Unterscheidungskraft und
die Wertschätzung der bekannten Kennzeichen der Klägerin ohne rechtferti-
genden Grund in unlauterer Weise aus. Die Benutzung der Zeichen durch die
Beklagte widerspreche den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe und Han-
del. Die Beklagte sei zur Beschreibung ihrer Leistungen nicht auf die Verwen-
dung des aus sich heraus nichtssagenden Zeichens „TÜV“ angewiesen. Auf
eine Monopolstellung der Klägerin könne die Beklagte sich nicht berufen. Die
Bekanntheit des Zeichens „TÜV“ sei nicht auf ein früher bestehendes Monopol
zurückzuführen.

16         Der Beklagte zu 2 hafte als Geschäftsführer der Beklagten, weil er die
rechtsverletzende Zeichenverwendung pflichtwidrig nicht verhindert habe.

17         Die Beklagten hätten die Klagezeichen schuldhaft verletzt und seien der
Klägerin daher nach § 14 Abs. 6, § 15 Abs. 5 MarkenG zum Schadensersatz
verpflichtet. Der Auskunftsanspruch beruhe auf § 242 BGB.

18         B. Die Revision der Beklagten und die Anschlussrevision der Klägerin
haben keinen Erfolg.
-8-

19         I. Anschlussrevision der Klägerin

20         Die Anschlussrevision der Klägerin ist unzulässig.

21         1. Der für die unselbständige Anschlussrevision erforderliche rechtliche
oder wirtschaftliche Zusammenhang mit der Hauptrevision ist zwar gegeben
(vgl. BGH, Urteil vom 22. November 2007 – I ZR 74/05, BGHZ 174, 244 Rn. 38;
Urteil vom 18. Dezember 2008 – I ZR 63/06, GRUR 2009, 515 Rn. 20 = WRP
2009, 445 – Motorradreiniger). Im Streitfall besteht ein unmittelbarer rechtlicher
Zusammenhang. Die Revision und die Anschlussrevision betreffen Ansprüche
aus denselben Kennzeichen zwischen denselben Parteien. Die Ansprüche sind
zudem auf dieselben Rechtsfolgen gerichtet.

22         2. Die Unzulässigkeit der Anschlussrevision folgt jedoch daraus, dass die
Klägerin durch das angefochtene Urteil nicht beschwert ist (vgl. BGH, Urteil
vom 31. Mai 1995 – VIII ZR 267/94, NJW 1995, 2563, 2565). Anders als für die
Zulässigkeit der Anschlussberufung, die nicht auf die Beseitigung einer Be-
schwer des Anschlussberufungsklägers gerichtet zu sein braucht, sondern auch
das Ziel haben kann, die Klage zu ändern oder zu erweitern (vgl. BGH, Großer
Senat für Zivilsachen, Beschluss vom 17. Dezember 1951 – GSZ 2/51, BGHZ 4,
229, 234; BGH, Urteil vom 7. Dezember 2007 – V ZR 210/06, NJW 2008, 1953
Rn. 18), ist für die Zulässigkeit der Anschlussrevision erforderlich, dass der An-
schlussrevisionskläger durch die angefochtene Entscheidung beschwert ist (vgl.
BGH, Urteil vom 21. Juni 2001 – XI ZR 73/00, BGHZ 148, 156, 160; Urteil vom
26. September 2001 – IV ZR 198/00, NJW 2002, 672, 673).

23         a) Die Anschlussrevision macht erfolglos geltend, das Berufungsgericht
habe nicht über sämtliche prozessualen Ansprüche (Streitgegenstände), auf die
die Klägerin ihr Klagebegehren gestützt habe, entschieden. Die Klägerin habe

in den Vorinstanzen kumulativ sechs verschiedene prozessuale Ansprüche ver-
folgt, und zwar Ansprüche wegen Verletzung ihrer Marken aufgrund des Identi-
tätsschutzes nach § 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, des Verwechslungsschutzes
nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG und des Bekanntheitsschutzes nach § 14
Abs. 2 Nr. 3 MarkenG sowie wegen Verletzung ihrer Unternehmensbezeich-
nung nach § 15 Abs. 2 Fall 1 und 2 MarkenG sowie § 15 Abs. 3 MarkenG. Es
handele sich um sechs unterschiedliche Streitgegenstände. Das Berufungsge-
richt habe allein über die Ansprüche aufgrund des Schutzes bekannter Marken
und des bekannten Unternehmenskennzeichens der Klägerin entschieden.

24         b) Entgegen der Ansicht der Anschlussrevision hat die Klägerin in den
Vorinstanzen nicht kumulativ verschiedene Streitgegenstände geltend gemacht.

25         aa) Allerdings hat die Klägerin ihr Klagebegehren auf verschiedene
Streitgegenstände gestützt.

26         Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird der
Streitgegenstand (der prozessuale Anspruch) durch den Klageantrag, in dem
sich die vom Kläger in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert, und
den Lebenssachverhalt (Klagegrund) bestimmt, aus dem der Kläger die begehr-
te Rechtsfolge herleitet (vgl. BGH, Urteil vom 3. April 2003 – I ZR 1/01, BGHZ
154, 342, 347 f. – Reinigungsarbeiten). Geht der Kläger aus einem Schutzrecht
vor, wird der Gegenstand der Klage durch den Antrag und das im Einzelnen
bezeichnete Schutzrecht festgelegt (BGH, Urteil vom 7. Dezember 2000
– I ZR 146/98, GRUR 2001, 755, 756 f. = WRP 2001, 804 – Telefonkarte; Urteil
vom 20. September 2007 – I ZR 94/04, GRUR 2007, 1066 Rn. 60 = WRP 2007,
1466 – Kinderzeit; Urteil vom 20. September 2007 – I ZR 6/05, GRUR 2007,
1071 Rn. 56 = WRP 2007, 1461 – Kinder II; zum Urheberrecht BGH, Urteil vom
24. Mai 2007 – I ZR 42/04, GRUR 2007, 691 Rn. 17 = WRP 2007, 996 – Staats-
geschenk).

27         Der Senat hat auch erwogen, ob mehrere Streitgegenstände trotz glei-
chen Klagebegehrens nicht auch bei einem einzelnen Kennzeichenrecht vorlie-
gen können, wenn aus einem Schutzrecht sowohl Ansprüche wegen Verwechs-
lungsgefahr nach § 14 Abs. 2 Nr. 2, § 15 Abs. 2 MarkenG als auch aufgrund
des Bekanntheitsschutzes nach § 14 Abs. 2 Nr. 3, § 15 Abs. 3 MarkenG geltend
gemacht werden (vgl. BGH, Beschluss vom 24. März 2011 – I ZR 108/09,
GRUR 2011, 521 Rn. 3 = WRP 2011, 878 – TÜV I, zum Abdruck in BGHZ vor-
gesehen). Dass im Verhältnis zum Verwechslungsschutz – wie die Anschlussre-
vision meint – die Geltendmachung identischer Verletzungen der Marken im
Sinne von § 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG und die identische Benutzung des Unter-
nehmenskennzeichens nach § 15 Abs. 2 Fall 1 MarkenG weitere Streitgegen-
stände darstellen, ist allerdings eher zu verneinen.

28         bb) Im Streitfall bestehen danach unterschiedliche Streitgegenstände je-
denfalls insoweit, als die Klägerin aus vier Klagezeichen vorgeht. Ob darüber
hinaus verschiedene Streitgegenstände vorliegen, weil die Klägerin aus den
einzelnen Kennzeichenrechten Ansprüche wegen identischer Kennzeichenver-
letzungen (§ 14 Abs. 2 Nr. 1, § 15 Abs. 2 Fall 1 MarkenG), wegen Verwechs-
lungsgefahr (§ 14 Abs. 2 Nr. 2, § 15 Abs. 2 MarkenG) und wegen einer Ausnut-
zung oder Beeinträchtigung der Unterscheidungskraft und der Wertschätzung
bekannter Kennzeichen (§ 14 Abs. 2 Nr. 3, § 15 Abs. 3 MarkenG) verfolgt,
braucht nicht entschieden zu werden.

29         cc) Die Klägerin ist im Streitfall jedenfalls nicht dadurch beschwert, dass
das Berufungsgericht nicht über sämtliche Streitgegenstände entschieden hat.
Die Klägerin hat die verschiedenen Streitgegenstände in den Vorinstanzen nicht

kumulativ, sondern alternativ geltend gemacht. Dies folgt aus einer Auslegung
des Klagevorbringens.

30         Dafür, dass die Klägerin die verschiedenen Streitgegenstände im Wege
kumulativer Klagehäufung verfolgt hat, ergeben sich vorliegend keine Anhalts-
punkte. Zu Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass es der
Klägerin nur darum ging, ihr einheitliches Klagebegehren durchzusetzen, ohne
dass es ihr darauf ankam, aus welchem Streitgegenstand das Berufungsgericht
die Klageanträge für begründet erachtete. In einem solchen Fall liegt eine alter-
native Klagehäufung vor, bei der der Kläger sein Klagebegehren aus mehreren
Streitgegenständen herleitet und dem Gericht die Auswahl überlässt, auf wel-
chen Streitgegenstand es die stattgebende Entscheidung stützt (vgl. BGH,
GRUR 2001, 755, 757 – Telefonkarte; GRUR 2011, 521 Rn. 6 ff. – TÜV I). Diese
Vorgehensweise entsprach einer im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes
verbreiteten Übung, die der Senat in der Vergangenheit nicht beanstandet und
erst jüngst in dem in diesem Verfahren ergangenen Hinweisbeschluss vom
24. März 2011 als unzulässig angesehen hat (vgl. BGH, GRUR 2011, 521 Rn. 8
– TÜV I). Ohne konkrete Anhaltspunkte im Sachvortrag der Klägerin – an denen
es vorliegend fehlt – hatte das Berufungsgericht vor dem Hintergrund der bis-
lang geübten Praxis keinen Grund, von einer kumulativen Klagehäufung auszu-
gehen.

31         Hatte die Klägerin die verschiedenen Streitgegenstände in den Vor-
instanzen nicht kumulativ, sondern alternativ geltend gemacht, ist sie nicht
dadurch beschwert, dass das Berufungsgericht nicht über sämtliche Streitge-
genstände entschieden hat.

32         Die Klägerin kann in der Revisionsinstanz auch nicht mehr von ihrer al-
ternativen zur kumulativen Klagehäufung übergehen, weil darin eine Klageän-
derung liegt, die in der Revisionsinstanz nicht mehr möglich ist (vgl. BGH, Be-
schluss vom 6. Dezember 2006 – XII ZR 97/04, BGHZ 170, 152 Rn. 30). Ohne-
hin könnte der Übergang von der alternativen zur kumulativen Klagehäufung in
der Revisionsinstanz an der fehlenden Beschwer der Klägerin nichts ändern.

33         II. Revision der Beklagten

34         Die Revision der Beklagten ist unbegründet.

35         1. Die Klage ist nicht wegen fehlender Bestimmtheit unzulässig.

36         a) Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO darf ein Unterlassungsantrag – und nach
§ 313 Abs. 1 Nr. 4 ZPO eine darauf beruhende Verurteilung – nicht derart un-
deutlich gefasst sein, dass der Streitgegenstand und der Umfang der Prüfungs-
und Entscheidungsbefugnis des Gerichts nicht mehr klar umrissen sind, der
Beklagte sich deshalb nicht erschöpfend verteidigen kann und im Ergebnis dem
Vollstreckungsgericht die Entscheidung darüber überlassen bleibt, was dem
Beklagten verboten ist. Der Mangel der Bestimmtheit des Klageantrags ist auch
im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachten (BGH, Urteil vom 5. No-
vember 2008 – I ZR 39/06, GRUR 2009, 766 Rn. 21 = WRP 2009, 831 – Stoff-
fähnchen).

37         b) Auf den Hinweisbeschluss des Senats hat die Klägerin klargestellt,
dass sie ihre Ansprüche zuerst auf die Marke Nr. 1005648 „Tüv“, anschließend
auf die Marke Nr. 30412680.2 „TÜV SÜD“ und sodann auf ihr Unternehmens-
kennzeichen „TÜV SÜD AG“ stützt. Bei diesen Kennzeichen leitet die Klägerin
ihre Ansprüche in erster Linie aus der Verletzung bekannter Kennzeichen nach
§ 14 Abs. 2 Nr. 3 und § 15 Abs. 3 MarkenG ab und verfolgt in zweiter Linie ihre
Ansprüche aufgrund Verwechslungsgefahr zwischen den Kollisionszeichen im
Sinne von § 14 Abs. 2 Nr. 2 und § 15 Abs. 2 MarkenG und schließlich aufgrund
identischer Zeichenverwendung nach § 14 Abs. 2 Nr. 1 und § 15 Abs. 2 Fall 1
MarkenG. Diese an sich schon in der Klage gebotene Klarstellung konnte die
Klägerin noch im Laufe des Verfahrens, und zwar auch noch in der Revisions-
instanz, nachholen (vgl. BGH, GRUR 2011, 521 Rn. 13 – TÜV I mwN).

38         Die von der Klägerin gewählte Reihenfolge ist verfahrensrechtlich unbe-
denklich, weil das Berufungsgericht die Verurteilung ebenfalls auf einen Schutz
der bekannten Marke Nr. 1005648 „Tüv“ gestützt hat (vgl. BGH, GRUR 2011,
521 Rn. 14 – TÜV I).

39         2. Der Klägerin steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch auf-
grund der Marke „Tüv“ (Nr. 1005648) gegen die Beklagten nach § 14 Abs. 2
Nr. 3, Abs. 5 MarkenG zu.

40         a) Gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG ist es Dritten untersagt, ohne Zu-
stimmung des Markeninhabers im geschäftlichen Verkehr ein mit einer im In-
land bekannten Marke identisches oder ein ähnliches Zeichen für Waren oder
Dienstleistungen zu benutzen, die nicht denen ähnlich sind, für die die Marke
Schutz genießt, wenn die Benutzung des Zeichens die Wertschätzung oder die
Unterscheidungskraft der bekannten Marke ohne rechtfertigenden Grund in un-
lauterer Weise ausnutzt.

41         b) Das Berufungsgericht hat angenommen, die Marke der Klägerin sei
eine im Inland bekannte Marke im Sinne von § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG. Das
Zeichen sei einem bedeutenden Teil des Publikums bekannt. Dafür spreche die
Verwendung der Bezeichnung „TÜV“ als Synonym für Prüfungsleistungen, ins-
besondere für die Hauptuntersuchung bei Kraftfahrzeugen. Dem Verkehr sei
geläufig, dass die aus sich heraus nichtssagende Bezeichnung „TÜV“ auf ein

oder mehrere bestimmte Unternehmen oder ihre Leistungen hinweise. Dieses
Ergebnis werde durch das von der Klägerin vorgelegte Verkehrsgutachten be-
legt. Die dagegen gerichteten Angriffe der Revision haben keinen Erfolg.

42          aa) Eine Marke ist bekannt im Sinne von § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG,
wenn sie einem bedeutenden Teil des Publikums bekannt ist, das von den
durch die Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen betroffen ist, ohne dass
bestimmte Prozentsätze des Bekanntheitsgrades zu fordern sind (vgl. EuGH,
Urteil vom 6. Oktober 2009 – C-301/07, Slg. 2009, I-9429 = GRUR 2009, 1158
Rn. 24 – Pago/Tirolmilch; BGH, Urteil vom 10. Oktober 2002 – I ZR 235/00,
GRUR 2003, 428, 432 = WRP 2003, 647 – BIG BERTHA). Erforderlich ist eine
Bekanntheit als Kennzeichnungsmittel für bestimmte Waren oder Dienstleistun-
gen (vgl. BGH, Urteil vom 30. Oktober 2003 – I ZR 236/97, GRUR 2004, 235,
238 = WRP 2004, 360 – Davidoff II). Maßgeblich sind bei der Prüfung dieser
Voraussetzungen alle relevanten Umstände des Falles, also insbesondere der
Marktanteil der älteren Marke, die Intensität, die geographische Ausdehnung
und die Dauer ihrer Benutzung sowie der Umfang der Investitionen, die das Un-
ternehmen zu ihrer Förderung getätigt hat (vgl. zu Art. 5 Abs. 2 MarkenRL
EuGH, Urteil vom 14. September 1999 – C-375/97, Slg. 1999, I-5421 = GRUR
Int. 2000, 73 Rn. 23 ff. – Chevy; zu § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG BGH, Urteil vom
12. Juli 2001 – I ZR 100/99, GRUR 2002, 340, 341 = WRP 2002, 330
– Fabergé).

43          bb) Nach diesem Maßstab ist das Berufungsgericht zu Recht davon aus-
gegangen, dass die Marke „Tüv“ der Klägerin eine im Inland bekannte Marke
ist.

44          (1) Das Berufungsgericht hat offengelassen, ob es sich bei der Marke
Nr. 1005648 um eine Wortmarke oder eine Wort-/Bildmarke handelt. Es hat an-

genommen, dass sich die Bildelemente auf eine graphische Hervorhebung der
Buchstaben beschränken und die Marke durch ihren Wortbestandteil „Tüv“ ge-
prägt wird. Das Berufungsgericht ist im Weiteren davon ausgegangen, dass die
Klagemarke originär unterscheidungskräftig ist.

45         Gegen diese Feststellungen wendet sich die Revision ohne Erfolg mit der
Begründung, die Bezeichnung „Tüv“ sei eine Abkürzung der rein beschreiben-
den Angabe „Technischer Überwachungsverein“; durch diesen Begriff werde
nur der Gegenstand des Unternehmens bezeichnet. An die Anforderungen für
die Unterscheidungskraft von Marken ist grundsätzlich ein großzügiger Maßstab
anzulegen. Ein nur beschreibender Anklang steht der Annahme originärer Un-
terscheidungskraft eines Wortbestandteils eines Zeichens nicht entgegen. Über
einen von Haus aus bloß beschreibenden Anklang geht die Bezeichnung „Tüv“
als Hinweis auf einen Technischen Überwachungsverein aber nicht hinaus. Zu
Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Bezeichnungen „Tüv“
und „Technischer Überwachungsverein“ ihrem Wesen nach nichtssagend und
damit nicht rein beschreibend sind.

46         (2) Die Ausführungen, mit denen das Berufungsgericht eine Bekanntheit
der Marken der Klägerin bejaht hat, halten auch im Übrigen einer rechtlichen
Nachprüfung stand.

47         Die Feststellung der Bekanntheit der Klagemarken obliegt im Wesentli-
chen dem Tatrichter. In der Revisionsinstanz ist nur zu prüfen, ob der Tatrichter
einen zutreffenden Rechtsbegriff zugrunde gelegt, nicht gegen Erfahrungssätze
oder Denkgesetze verstoßen oder wesentliche Umstände nicht unberücksichtigt
gelassen hat.

48         Das Berufungsgericht hat für die Beurteilung der Bekanntheit der Klage-
marke das von der Klägerin vorgelegte Verkehrsgutachten von Oktober 2006
der TNS Infratest GmbH herangezogen. Danach sehen 71,7% der potentiellen
Autobesitzer in der Bezeichnung „TÜV“ einen Hinweis auf ein ganz bestimmtes
Unternehmen. Als Indiz für die Bekanntheit der Marke der Klägerin mit dem
Wortbestandteil „TÜV“ konnte das Berufungsgericht entgegen der Ansicht der
Revision auch den Umstand heranziehen, dass der Begriff als Synonym für
Prüfungsleistungen oder Qualitätskontrollen Verwendung findet. Wird die Be-
zeichnung „TÜV“ in dieser schlagwortartigen Weise benutzt, ist die Annahme
des Berufungsgerichts nicht fernliegend, die Verwendung erfolge nur, weil dem
allgemeinen Publikum bekannt sei, dass es Technische Überwachungsvereine
gebe, die diese Dienstleistungen erbrächten und die mit der Abkürzung „TÜV“
bezeichnet würden.

49         Ohne Erfolg rügt die Revision, das Berufungsgericht hätte nicht ohne
Beweisaufnahme von der Bekanntheit der Klagemarke ausgehen dürfen. Die
Bekanntheit der Klagemarke kann zwar nicht offenkundig im Sinne des § 291
ZPO sein. Offenkundig können nur Tatsachen und nicht Erfahrungssätze sein.
Die Feststellung, ob der Verkehr die Bezeichnung „TÜV“ für die in Rede ste-
henden Dienstleistungen als Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen auffasst,
stützt sich auf Erfahrungswissen, das nicht durch Zeugenbeweis, sondern ge-
gebenenfalls mit Hilfe eines Sachverständigen zu ermitteln ist (vgl. BGH, Urteil
vom 2. Oktober 2003 – I ZR 150/01, BGHZ 156, 250, 253 f. – Marktführerschaft).
Allgemein geläufig und deshalb offenkundig im Sinne des § 291 ZPO können
aber Tatsachen sein, die bei der Prüfung der relevanten Umstände des Streit-
falls heranzuziehen sind. Dazu rechnet auch, ob die Marke während eines län-
geren Zeitraums in weitem Umfang auf dem Markt erscheint und jedermann
gegenübertritt (vgl. BGH, Urteil vom 13. Oktober 1959 – I ZR 58/58, GRUR
1960, 126, 128 – Sternbild; Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 3. Aufl., § 14

Rn. 1344 bis 1346; Büscher in Büscher/Dittmer/Schiwy, Gewerblicher Rechts-
schutz, Urheberrecht, Medienrecht, 2. Aufl., § 14 MarkenG Rn. 289 und 530).

50         Das Berufungsgericht, dessen entscheidende Richter zu den angespro-
chenen Verkehrskreisen gehören, hat festgestellt, dass die Bezeichnung „Tüv“
der überwiegenden Mehrheit der Autofahrer als ein Hinweis auf eine mit der
Hauptuntersuchung von Kraftfahrzeugen befasste Organisation bekannt ist.
Das deckt sich mit dem vom Berufungsgericht herangezogenen demoskopi-
schen Gutachten, das die Klägerin vorgelegt hat, und das vom Berufungsge-
richt gemäß § 286 ZPO frei gewürdigt werden konnte.

51         c) Die Bezeichnung „Tüv“ hat sich auch nicht zu einer im geschäftlichen
Verkehr gebräuchlichen Bezeichnung der Dienstleistungen entwickelt, für die
sie eingetragen ist.

52         Nach § 49 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG wird die Eintragung einer Marke auf An-
trag wegen Verfalls gelöscht, wenn die Marke infolge des Verhaltens oder der
Untätigkeit ihres Inhabers im geschäftlichen Verkehr zur gebräuchlichen Be-
zeichnung der Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, gewor-
den ist. Den Löschungsgrund des Verfalls nach § 49 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG
kann der Beklagte im Verletzungsprozess einredeweise geltend machen (vgl.
EuGH, Urteil vom 27. April 2006 – C-145/05, Slg. 2006, I-3703 = GRUR 2006,
495 Rn. 35 – Levi Strauss/Casucci; Fezer, Markenrecht, 4. Aufl., § 49 Rn. 5 und
33). Im Streitfall hat das Berufungsgericht die Umwandlung der originär kenn-
zeichnungskräftigen Bezeichnung „Tüv“ in eine gebräuchliche Bezeichnung für
die Dienstleistungen, für die die Klagemarken geschützt sind, verneint. Rechts-
fehler sind insoweit nicht ersichtlich. Allein der Umstand, dass sich mit einer
gewissen Häufigkeit auch eine beschreibende Verwendung der Bezeichnung
„TÜV“ findet, rechtfertigt nicht die Annahme, die Marke habe sich zu einer ge-

bräuchlichen Bezeichnung entwickelt, weil an dieses Erfordernis grundsätzlich
strenge Anforderungen zu stellen sind (vgl. zum WZG BGH, Urteil vom 12. Juli
1963 – Ib ZR 174/61, GRUR 1964, 82, 85 – Lesering; zum Markengesetz OLG
München, GRUR-RR 2006, 84, 86; Ingerl/Rohnke aaO § 49 Rn. 34; v. Gamm in
Büscher/Dittmer/Schiwy aaO § 49 Rn. 12).

53          d) Zutreffend ist das Berufungsgericht auch davon ausgegangen, dass
die Beklagte die angegriffenen Bezeichnungen „Privater TÜV“, „Erster privater
TÜV“     und    „D.          G.               A.           (D.   -A.    GmbH)
bietet bundesweit TÜV-Dienstleistungen“ in dem fraglichen Artikel rechtsverlet-
zend benutzt hat.

54          aa) Für eine rechtsverletzende Benutzung im Sinne des § 14 Abs. 2 Nr. 3
MarkenG reicht es aus, dass die beteiligten Verkehrskreise das Kollisionszei-
chen wegen der hochgradigen Ähnlichkeit gedanklich mit der bekannten Marke
verknüpfen (vgl. zu Art. 5 Abs. 2 MarkenRL EuGH, Urteil vom 23. Oktober 2003
– C-408/01, Slg. 2003, I-12537 = GRUR 2004, 58 Rn. 29 und 39 – Adidas/
Fitnessworld; zu Art. 4 Abs. 4 Buchst. a MarkenRL EuGH, Urteil vom 27. No-
vember 2008 – C-252/07, Slg. 2008, I-8823 = GRUR 2009, 56 Rn. 30 – Intel/
CPM; zu § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG BGH, Urteil vom 3. Februar 2005
– I ZR 159/02, GRUR 2005, 583, 584 = WRP 2005, 896 – Lila-Postkarte). Ob
eine gedankliche Verknüpfung vorliegt, ist unter Berücksichtigung aller relevan-
ten Umstände des konkreten Falls zu beurteilen, zu denen der Grad der Ähn-
lichkeit der einander gegenüberstehenden Marken, die Art der fraglichen Waren
und Dienstleistungen einschließlich des Grades ihrer Nähe, das Ausmaß der
Bekanntheit der Klagemarke, ihre originäre oder durch Benutzung erworbene
Unterscheidungskraft und das Bestehen von Verwechslungsgefahr zählen (vgl.
EuGH, GRUR 2009, 56 Rn. 41 f. – Intel/CPM).

55         bb) Die Beurteilung, ob der Verkehr eine gedankliche Verknüpfung zwi-
schen der Klagemarke und der angegriffenen Bezeichnung herstellt, obliegt im
Wesentlichen dem Tatrichter. Dem Berufungsgericht ist bei seiner Beurteilung
kein Rechtsfehler unterlaufen.

56         (1) Das Berufungsgericht hat eine gedankliche Verknüpfung mit der Be-
gründung bejaht, mit den beanstandeten Bezeichnungen nehme die Beklagte
auf die Klägerin und die anderen TÜV-Gesellschaften Bezug. Nur dadurch,
dass der Leser bei der Angabe „TÜV“ an die Klägerin und die anderen TÜV-
Gesellschaften und deren Dienstleistungen denke, erhielten die von der Beklag-
ten verwendeten Bezeichnungen einen Bedeutungsgehalt. Deshalb werde der
Verkehr die Begriffe in dem Sinne verstehen, es handele sich um Dienstleistun-
gen, die auch der TÜV anbiete.

57         (2) Die Revision macht dagegen geltend, das Berufungsgericht habe un-
berücksichtigt gelassen, dass der Begriff „TÜV“ als Gattungsbezeichnung für
Prüfdienstleistungen eine eigenständige, von der ursprünglichen Bezeichnung
bestimmter Unternehmen losgelöste Bedeutung habe. Die Beklagte verwende
die beanstandeten Bezeichnungen im Kontext des Artikels gattungsmäßig. Dem
kann nicht zugestimmt werden.

58         Das Berufungsgericht hat in anderem Zusammenhang angenommen,
dass die Bezeichnung „TÜV“ sich nicht zu einer gebräuchlichen Bezeichnung
für Prüfdienstleistungen entwickelt hat. Dass der Begriff „TÜV“ gleichwohl im
Verkehr als Synonym für Prüfdienstleistungen Verwendung findet und die Be-
klagte sich durch den Hinweis, bei ihr handele es sich um einen privaten TÜV,
von der Klägerin abzugrenzen sucht, schließt eine gedankliche Verknüpfung
nicht aus. Zu Recht hat das Berufungsgericht darauf abgestellt, dass die Aus-
sagen der Beklagten für das Publikum nur dadurch einen Sinn erhalten, dass es

bei den angegriffenen Bezeichnungen an die Klägerin und die anderen Techni-
schen Überwachungsvereine denkt.

59         Für eine gedankliche Verknüpfung der Klagemarke mit den beanstande-
ten Angaben sprechen im Streitfall auch die Identität der Dienstleistungen und
die hohe Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Zeichen. Die Beklagte be-
nutzt die Bezeichnungen im Zusammenhang mit technischen Prüfleistungen, für
die die Klagemarke geschützt ist. Zwischen den Kollisionszeichen besteht eine
hochgradige Zeichenähnlichkeit. Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststel-
lungen des Berufungsgerichts wird die in Rede stehende Klagemarke durch den
Wortbestandteil „Tüv“ geprägt. Entsprechendes gilt für die Begriffe „Erster pri-
vater TÜV“ und „Privater TÜV“ sowie die Bezeichnung „TÜV-Dienstleistungen“.
Werden die kollidierenden Zeichen aber sämtlich durch den Bestandteil „TÜV“
in Groß- und Kleinschreibung geprägt, liegt zwischen den Zeichen eine hoch-
gradige Zeichenähnlichkeit vor.

60         cc) Der von der Revision angeregten Vorlage an den Gerichtshof der Eu-
ropäischen Union nach Art. 267 Abs. 3 AEUV zur Klärung der Frage, ob eine
gedankliche Verknüpfung ausscheidet, wenn aufgrund der deutlichen Abgren-
zung der angegriffenen Zeichen von der Marke eine Beeinträchtigung der Her-
kunftsfunktion ausscheidet, bedarf es nicht. Die Maßstäbe für die Beurteilung
der gedanklichen Verknüpfung im Streitfall sind durch die Rechtsprechung des
Gerichtshofs hinreichend geklärt. Danach setzt eine gedankliche Verknüpfung
zwischen den Zeichen keine Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion voraus,
weil nur der Schutz einer Marke gegen Verwechslungsgefahr eine Beeinträchti-
gung der Herkunftsfunktion erforderlich macht, nicht aber der Identitätsschutz
und der Schutz der bekannten Marke (vgl. EuGH, GRUR 2009, 56 Rn. 58
– Intel/CPM; EuGH, Urteil vom 18. Juni 2009 – C-487/07, Slg. 2009, I-5185
= GRUR 2009, 756 Rn. 59 – L’Oréal/Bellure).

61          e) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die
Vorschrift des § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG trotz der Identität der Dienstleistun-
gen, für die die Klagemarke geschützt ist und für die die angegriffenen Zeichen
benutzt werden, anwendbar ist. In der Rechtsprechung des Gerichtshofs der
Europäischen Union und des Bundesgerichtshofs ist geklärt, dass der Schutz
bekannter Marken nach Art. 5 Abs. 2 MarkenRL und § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG
nicht ausgeschlossen ist, wenn ein mit der bekannten Marke ähnliches oder
identisches Zeichen im Identitäts- oder Ähnlichkeitsbereich der Waren oder
Dienstleistungen benutzt wird (vgl. EuGH, Urteil vom 9. Januar 2003
– C-292/00, Slg. 2003, I-389 = GRUR 2003, 240, 242 Rn. 30 – Davidoff/Gofkid;
GRUR 2004, 58 Rn. 13 ff., 22 – Adidas/Fitnessworld; BGH, GRUR 2004, 235,
238 – Davidoff II).

62          f) Zu Recht hat das Berufungsgericht die Voraussetzungen einer Ausnut-
zung der Unterscheidungskraft und der Wertschätzung der bekannten Marke
der Klägerin im Sinne von § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG bejaht.

63          Das Berufungsgericht hat angenommen, dass die Beklagte die Unter-
scheidungskraft der Klagemarke dadurch ausnutzt, dass sie die Aufmerksam-
keit, die mit der bekannten Marke der Klägerin verbunden ist, dazu verwendet,
auf ihre eigenen Leistungen hinzuweisen. Durch die Benutzung der beanstan-
deten Begriffe in der Textüberschrift würden die Suchprogramme die Presseer-
klärung in der Trefferliste erscheinen lassen, wenn ein Nutzer mit dem Begriff
„TÜV“ im Internet suche. Die Ausnutzung der Wertschätzung der Klagemarke
hat das Berufungsgericht daraus gefolgert, dass die Beklagte den die Klage-
marke prägenden Wortbestandteil verwendet. Dadurch mache sich die Beklagte
den überragenden Ruf der Klägerin im Bereich technischer Prüfleistungen

zunutze. Diese Ausführungen lassen keinen Rechtsfehler erkennen. Die Revi-
sion erinnert hiergegen auch nichts.

64         g) Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Annahme des Beru-
fungsgerichts, die Beklagte benutze das Zeichen der Klägerin ohne rechtferti-
genden Grund in unlauterer Weise.

65         aa) Ob die Ausnutzung der Unterscheidungskraft oder der Wertschät-
zung in unlauterer Weise erfolgt, ist aufgrund einer umfassenden Interessen-
abwägung zu beurteilen (vgl. zu § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG BGH, Urteil vom
14. Januar 1999 – I ZR 149/96, GRUR 1999, 992, 994 f. = WRP 1999, 931
– BIG PACK; zu § 15 Abs. 3 MarkenG BGH, Urteil vom 1. März 2001
– I ZR 211/98, BGHZ 147, 56, 67 – Tagesschau). Dabei können die Wertungen,
wie sie bei der Beurteilung der anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe oder
Handel im Sinne von Art. 6 Abs. 1 MarkenRL und § 23 Nr. 2 MarkenG vorzu-
nehmen sind, herangezogen werden (vgl. BGH, Urteil vom 2. April 2009
– I ZR 78/06, GRUR 2009, 672 Rn. 26 = WRP 2009, 824 – OSTSEE-POST).
Allerdings ist bei der identischen oder ähnlichen Benutzung einer bekannten
Marke zu dem Zweck, die mit ihr verbundene Aufmerksamkeit oder Wertschät-
zung auszunutzen, regelmäßig von einem die Unlauterkeit im Sinne von § 14
Abs. 2 Nr. 3 MarkenG begründenden Verhalten auszugehen (vgl. EuGH, Urteil
vom 17. März 2005 – C-228/03, Slg. 2005, I-2337 = GRUR 2005, 509 Rn. 49
– Gillette Company/LA-Laboratories; EuGH, GRUR 2009, 56 Rn. 39 – Intel/CPM;
BGH, GRUR 2005, 583, 584 – Lila-Postkarte).

66         bb) Das Berufungsgericht hat angenommen, die Beklagte sei auf die
Verwendung der Bezeichnung „TÜV“ zur Beschreibung ihrer Leistungen nicht
angewiesen. Sie sei seit 30 Jahren unter ihrer Unternehmensbezeichnung tätig.
Ein legitimes Interesse zur Verwendung der Bezeichnung sei nicht ersichtlich.

Der Begriff „TÜV“ sei aus sich heraus nichtssagend. Die Klägerin habe daher
keine originär beschreibende Angabe als Marke gewählt und sei deshalb nicht
verpflichtet, eine Beschränkung des Schutzbereichs der Marke hinzunehmen.
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung stand.

67         cc) Die Revision rügt vergeblich, das Berufungsgericht habe keine Abwä-
gung der Gesamtumstände vorgenommen und außer Acht gelassen, dass eine
Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion der Klagemarke mangels Verwechs-
lungsgefahr nicht gegeben sei. Zu Unrecht habe das Berufungsgericht auch
darauf abgestellt, ob die Beklagte auf die Verwendung der Bezeichnung „TÜV“
angewiesen sei.

68         Bei dieser Argumentation lässt die Revision außer Acht, dass die Aus-
nutzung der Unterscheidungskraft und der Wertschätzung eines rechtfertigen-
den Grundes bedarf und dieser nicht darin liegt, dass die bekannte Marke nicht
mit der angegriffenen Bezeichnung verwechselt wird. Denn der Schutz gegen
Verwechslungsgefahr nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG kommt jeder Marke zu,
während bekannte Marken über einen erweiterten Schutz nach § 14 Abs. 2
Nr. 3 MarkenG verfügen.

69         Mit Recht ist das Berufungsgericht auch davon ausgegangen, dass sich
der vorliegend zu beurteilende Sachverhalt von den Fällen unterscheidet, in
denen die Inhaberin der Marke „POST“ aus dieser Marke gegen Wettbewerber,
die den Bestandteil „Post“ in ihren Kennzeichen verwendeten, vorgegangen
war. In jenen Fällen hat der Senat die Beschränkung des Schutzumfangs der
Klagemarke „POST“ nach § 23 Nr. 2 MarkenG und im Rahmen des Tatbe-
standsmerkmals „ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise“ im Sinne
des § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG maßgeblich darauf gestützt, dass die dortige
Markeninhaberin in der Vergangenheit ein Monopolunternehmen war und die

Wettbewerber ein besonderes Interesse an der Verwendung des von Haus aus
für die Dienstleistungen beschreibenden Begriffs „POST“ zur Kennzeichnung
ihrer Dienstleistungen hatten (vgl. BGH, Urteil vom 5. Juni 2008 – I ZR 169/05,
GRUR 2008, 798 Rn. 23 und 26 = WRP 2008, 1202 – POST I; Urteil vom
2. April 2009 – I ZR 209/06, GRUR 2009, 678 Rn. 25 und 34 = WRP 2009, 839
– POST/RegioPost). An dieser letztgenannten Voraussetzung fehlt es im vorlie-
genden Fall, weil die Bezeichnung „TÜV“ für die Dienstleistungen des Prüfens,
Messens und Zertifizierens von Anlagen, Gebäuden und Betrieben, für die die
Beklagte die angegriffenen Bezeichnungen in der in Rede stehenden Presseer-
klärung verwandt hat, nicht glatt beschreibend ist. Deshalb liegt auch der von
der Revision geltend gemachte Wertungswiderspruch zu § 8 Abs. 2 Nr. 2
MarkenG nicht vor, den die Revision darin sieht, dass es bei einem Eintra-
gungshindernis nicht darauf ankommt, ob Dritte auf die Verwendung des Zei-
chens zur Beschreibung der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleis-
tungen angewiesen sind. Dasselbe gilt für die zwischen den Parteien umstritte-
ne Frage, ob die Klägerin die Wertschätzung der Marke während der Zeit er-
worben hat, als sie für bestimmte Dienstleistungen über ein Monopol verfügte.

70         h) Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass neben der Be-
klagten zu 1 auch der Beklagte zu 2 als deren Geschäftsführer für die Marken-
verletzungen haftet. Dieser hatte nach den Feststellungen des Berufungsge-
richts Kenntnis von den Markenverletzungen und hat sie nicht verhindert (vgl.
auch BGH, Urteil vom 26. September 1985 – I ZR 86/93, GRUR 1986, 248,
250 f. – Sporthosen; Urteil vom 9. Juni 2005 – I ZR 279/02, GRUR 2005, 1061,
1064 = WRP 2005, 1511 – Telefonische Gewinnauskunft).

71         3. Der Schadensersatzanspruch beruht auf § 14 Abs. 6 MarkenG. Das für
den Schadensersatz erforderliche Verschulden der Beklagten liegt vor. Diese
haben die Klagemarke fahrlässig verletzt. Das gilt auch für den Beklagten zu 2,

der gegen die Markenverletzung nicht eingeschritten ist, obwohl ihn als Organ
der Beklagten hierzu eine Rechtspflicht traf.

72         4. Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass sich der
unselbständige Auskunftsanspruch zur Durchsetzung des Schadensersatzan-
spruchs aus § 242 BGB ergibt.

73         C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1, § 92 Abs. 1 ZPO.

Bornkamm                              Pokrant                       Büscher

Schaffert                       Koch

Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 06.03.2008 – 37 O 51/07 –
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 09.06.2009 – I-20 U 87/08 –