030 88 70 23 80 kanzlei@ra-juedemann.de

Das  Inverkehrbringen einer Ware durch den Markeninhaber oder mit dessen Zustimmung führt zur gemeinschaftsweiten bzw EWR weiten Erschöpfung des Markenrechts. Gegen die Einfuhr in den EWR kann sich der Markeninhaber wehren, da das Inverkehrbringen in anderen Staaten,  beispielsweise in den USA, nicht zu einer autmatischen Erschöpfung der Markenrechte im Europäischen Wirtschaftsraum hat.

Hierzu eine aktuelle Entscheidung des OLG München

 

 

 

 

 

 

OLG München Urteil vom 21.02.2013

6 U 1497/12

 

I. Auf die Berufung der Klagepartei wird das Endurteil des Landgerichts München I vom 06. März 2012, Az. 33 O 21024/10, abgeändert und wie folgt gefasst:

 

1. Der Beklagte wird unter Androhung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu € 250.000,-, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten verurteilt, es zu unterlassen,

 im geschäftlichen Verkehr Duftwässer der Marken C, T und A in die europäische Gemeinschaft einzuführen oder einführen zu lassen, anzubieten, zu bewerben oder anbieten oder bewerben zu lassen, dort zu vertreiben oder vertreiben zu lassen, wenn diese nicht von dem Markeninhaber oder einem Dritten mit Zustimmung des Markeninhabers im Inland, in einem der übrigen Mitgliedsstaaten oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum (EWR) erstmals in Verkehr gebracht worden sind;

 

2. Der Beklagte wird weiter verurteilt, der Klägerin Auskunft zu erteilen

 über Name und Anschrift desjenigen Lieferanten, von dem der Beklagte das mit der Lieferscheinnummer LS-12463 mit Datum vom 05.08.2010 an Frau G veräußerte A 100ml EDT erhalten hat unter Vorlage der Lieferscheine und Rechnungsbelege;

 3. Der Beklagte wird weiter verurteilt, an die Klägerin € 1.780,20 nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 20. November 2010 zu zahlen.

 4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

 

II. Von den Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin 5% zu tragen, der Beklagte hat 95% zu tragen.

 

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von € 100.000,-abzuwenden, sofern nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, sofern nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf € 100.000.-festgesetzt (Klageantrag zu Ziffer 1. € 90.000,-, Anträge zu Ziffern 2.a. und 2.b. jeweils € 5.000.-).

 

Gründe

 

I.

 Die Parteien streiten um die Frage einer Verletzung der Gemeinschaftswortmarke Nr. „A“ (Klagemarke 1, eingetragen seit 03. Oktober 2007, Anlage K 1), an welcher die Klägerin – ebenso wie an den Gemeinschaftswortmarken Nr. „T“ (Klagemarke 2, eingetragen seit 14. Mai 2009, Anlage K 3) und Nr. „C“ (Klagemarke 3, eingetragen seit 17. Oktober 2006, Anlage K 5) – im Inland eine Exklusivlizenz hält. Die Inhaber haben, wie im Berufungsverfahren nicht mehr im Streit steht, ihre Zustimmung zu einem gerichtlichen Vorgehen aus den Marken erteilt (Anlagen K 2, KI 4 und K 6). Mit den Marken gekennzeichnete Produkte vertreibt die Klägerin ausschließlich im Rahmen eines selektiven Absatzsystems auf der Grundlage einheitlicher Vertriebsverträge.

 Mit Endurteil vom 06. März 2012, auf dessen tatsächliche Feststellungen der Senat gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug nimmt, hat das Landgericht – nach Beweiserhebung zur Frage des Vertriebswegs des vom Beklagten im Rahmen eines Testkaufs an die Zeugin G gelieferten Produkts sowie zu spezifisch zur Herkunft des von der Klägerin zu den Akten gereichten Exemplars – die auf Unterlassung, Auskunft und Erstattung vorprozessual angefallener Abmahnkosten gerichtete Klage mit der Begründung abgewiesen, die Klägerin habe eine vom Beklagten begangene oder drohende Markenverletzung nicht nachweisen können: Das nach Einvernahme der hierzu gehörten Zeugen G und (gegenbeweislich) S bestehende non liquet – die Kammer konnte sich nicht davon überzeugen, dass spezifisch das zu den Akten gereichte Produkt, für welche die Klägerin das erstmalige In-Verkehr-Bringen außerhalb der europäischen Gemeinschaft nachgewiesen hat, tatsächlich jenes war, welches der Beklagte im Zuge eines Testkaufs geliefert hatte – gehe zu Lasten der Klägerin.

 Gegen diese Entscheidung, den Klägervertretern zugestellt am 16. März 2012, richtet sich die unter dem 13. April 2012 eingelegte (Bl. 129 f. d.A.) und, nach antragsgemäßer Fristverlängerung (Bl. 134 d.A.), mit Schriftsatz vom 13. Juni 2012 (Bl. 135 ff. d.A.), bei Gericht eingegangen am selben Tage, begründete Berufung der Klagepartei, mit der sie ihr Ausgangsbegehren im Wesentlichen unverändert weiterverfolgt.

Sie macht geltend, das Landgericht habe die erhobenen Beweise unzulänglich gewürdigt: Vor dem Hintergrund, dass der Beklagte im Rahmen eines Testkaufs der Zeugin G (Bestellung vgl. Anlage K 8) ausweislich des Lieferscheins nach Anlage K 9 – insoweit unstreitig – (u.a.) eine Flasche „A 100ml EDT“ geliefert hatte, und eingedenk des Umstands, dass nach den schlüssigen und widerspruchsfreien Angaben der Zeugin G es eben dieses vom Beklagten gelieferte Produkt (übergeben in der Sitzung vom 13. September 2011) gewesen sei, dessen auf der Verpackung angebrachten unteren Strichcode (Unit Code) sie eingescannt und an die französische Muttergesellschaft zur Ermittlung der Lieferwege weitergeleitet habe – mit dem in Anlage K 10 dokumentierten und von dem Zeugen P bestätigten Ergebnis, wonach spezifisch dieses Exemplar erstmals am 26. Mai 2009 durch die US-amerikanische Niederlassung an eine dortigen Kunden, die Fa. D, USA, abgegeben worden sei – hätte das Landgericht auf der Basis einer bloßen, durch keinerlei objektive Gegebenheiten untermauerten Behauptung des (am Verfahrensausgang keineswegs uninteressierten) Zeugen S, wonach speziell das dem Gericht vorliegende Exemplar von „A 100ml EDT“ nicht aus dem Betrieb des Beklagten stammen könne, da weder der auf dem Exemplar angegebene sog. Unit Code noch der darüber befindliche Strichcode (EAN-Code) oder die eingestanzte Chargennummer im Warenwirtschaftssystem des Beklagten erfasst sei und man in dessen Betrieb auch einen weißen Aufkleber, wie er auf der Zellophanhülle der Verpackung des dem Gericht vorliegenden Produkts angebracht sei, nicht verwende, nicht zu dem Ergebnis eines non liquet kommen dürfen.

Dies gelte umso mehr, als der Beklagte keinerlei Belege für eine – bestrittene – Erfassung der von ihm vertriebenen Produkte in einem Warenwirtschaftssystem vorgelegt habe. Da die Klägerin einen lückenlosen Nachweis der Lieferung besagten Exemplars von „A“ durch den Beklagten wie auch des erstmaligen InVerkehr-Bringens außerhalb der europäischen Gemeinschaft erbracht habe, wäre es im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast Sache des Beklagten gewesen, darzutun und zu beweisen, welches konkrete andere Exemplar er denn an die Zeugin geliefert habe. Wenn er durch die Art seines Warenwirtschaftssystems eine lückenlose und zu verlässige Erfassung vereitele (hierfür spreche schon die Fax-Nachricht des Zeugen S gemäß Anlage K 24, sei doch nicht anzunehmen, dass über einen Zeitraum von nahezu drei Wochen urlaubsbedingter Abwesenheit des Beklagten Wareneingänge nicht bearbeitet werden – folglich sei davon auszugehen, dass der Zeuge im Betrieb des Beklagten die Produkterfassung auch – fehleranfällig – alleine vornehme), könne dies – auch nach der jüngsten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (GRUR 2012, 630 Tz. 39 – CONVERSE II) – nicht zu Lasten der Klägerin gehen. Des Weiteren sei zu monieren, dass das Landgericht den mit Schriftsatz vom 05. März 2012 vorgetragenen neuen Verletzungssachverhalt betreffend einen weiteren Testkauf vom 16. Februar 2012 nicht bei der Beweiswürdigung berücksichtigt habe. Schließlich hätte besagter Schriftsatz auch Veranlassung geben müssen, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen. Vorsorglich sei darauf hinzuweisen, dass der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nicht nur in Bezug auf Produkte der Marke A, sondern unter dem Gesichtspunkt der Begehungsgefahr auch hinsichtlich solcher der Marken und C bestehe: Dass der Beklagte als Graumarkthändler jede Gelegenheit nutzen werde, um Kundenwünschen entsprechen zu können, bestätige nicht nur die Lebenserfahrung; in einem Parallelverfahren habe sich der Beklagte ausweislich des Protokolls nach Anlage K 20 selbst dahingehend eingelassen, dass er auf entsprechenden Kundenwunsch hin sich bemühen werde, bestimmte Produkte zu besorgen.

 

Die Klägerin beantragt,

 den Beklagten in Abänderung des Urteils des Landgerichts München I vom 06.03.2012, Az. 33 O 21024/10, zu verurteilen,

 1. es unter Androhung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu € 250.000.-, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen,

 im geschäftlichen Verkehr Duftwässer der Marken C, T und A in die Europäische Gemeinschaft einzuführen oder einführen zu lassen, anzubieten, zu bewerben oder bewerben zu lassen, dort zu vertreiben oder vertreiben zu lassen, wenn diese nicht von dem Markeninhaber oder einem Dritten mit Zustimmung des Markeninhabers im Inland, in einem der übrigen Mitgliedsstaaten oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den europäische Wirtschaftsraum (EWR) erstmals in Verkehr gebracht worden sind;

 2. Auskunft zu erteilen

 a. über Name und Anschrift desjenigen Lieferanten, von dem der Beklagte das mit der Lieferscheinnummer LS-12463 mit Datum vom 05.08.2010 an Frau G veräußerte A 100ml EDT, erhalten hat unter Vorlage der Lieferscheine und Rechnungsbelege;

 b. in welchem Umfang der Beklagte das unter Ziffer 2.a. genannte Produkt vertrieben hat, unter Angabe der vollständigen Umsätze nach Art einer geordneten Rechnungslegung sowie des von ihm erzielten Gewinns;

 3. an die Klägerin € 1.728,20 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 19. November 2010 (Rechtshängigkeit) zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

 die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung als in jeder Hinsicht zutreffend und meint, die Berufungsrügen genügten schon nicht den gesetzlichen Anforderungen. Jedenfalls aber sei insbesondere die Würdigung der vom Erstgericht umfänglich erhobenen Beweise nicht zu beanstanden, so dass die Herkunft des bei den Gerichtsakten befindlichen Produkts vom Beklagten und damit eine Verletzungshandlung nach wie vor nicht nachgewiesen sei. Was den (erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz vorgebrachten) neuerlichen Testkauf vom 16. Februar 2012 anbelange, habe das Erstgericht diesen Vortrag zu Recht nicht zugelassen, rein vorsorglich sei er auch zu bestreiten. Ergänzend sei darauf hinzuweisen, dass eine Wiederholungsgefahr betreffend Produkte der Marken C und T nicht ansatzweise dargetan sei.

 Wegen des Parteivorbringens im Übrigen wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen, des Weiteren auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 15. November 2012 Bezug genommen. Eine den Parteien in diesem Termin gewährte Schriftsatzfrist hat der Beklagte nicht wahrgenommen. Statt dessen hat er – nach Fristablauf – zunächst (vergebens, Bl. 178 d.A.) Fristverlängerung beantragt (Bl. 177 d.A.) und sodann unter dem 20. Dezember 2012 (Bl. 181 ff. d.A.) einen nicht nachgelassenen Schriftsatz zu den Akten gereicht.

 

II.

Die nach § 511 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere form-und fristgerecht eingelegte (§§ 519 Abs. 1, Abs. 2; 517 ZPO) und begründete (§ 520 Abs. 3, Abs. 2 Satz 3, Satz 1 ZPO) Berufung der Klagepartei hat in der Sache überwiegend Erfolg: Die Klägerin kann nach Art. 102 Abs. 1 Satz 1, Art. 9 Abs. 1 Satz 2 lit. a, Abs. 2 GMV Unterlassung der Benutzung der von ihr in ausschließlicher Lizenz gehaltenen Gemeinschaftsmarken verlangen, des Weiteren nach Art. 102 Abs. 2 GMV i.V.m. § 19 Abs. 1 MarkenG Auskunft über Herkunft und Vertriebsweg des vom Beklagten vertriebenen Produkts A– FOR MEN 100ml EDT (Klageantrag zu Ziffer 2.a.). Ein – als Hilfsbegehren zur Vorbereitung eines Schadenersatzanspruchs geltend gemachter – Auskunftsanspruch über den Umfang der konstatierten Verletzungshandlung des Beklagten (Klageantrag zu Ziffer 2.b.) konnte der Klägerin hingegen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (vgl. Nachweise bei Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 30 Fn. 145 zu Rdnr. 82) nicht zuerkannt werden, da sie eine Abtretung der allein den Markeninhabern zustehenden Schadenersatzansprüche nicht dargetan hat. Insoweit war die Klage daher abzuweisen. Im Einzelnen:

 1. Gemäß Art. 102 Abs. 1 Satz 1 GMV ist der Beklagte zur Unterlassung der Benutzung der von der Klägerin in Lizenz gehaltenen Gemeinschaftsmarken verpflichtet.

 a. Die für die Prozessführungsbefugnis der Klägerin erforderliche Zustimmung der Markeninhaber (vgl. Art. 22 Abs. 3 Satz 1 GMV), die durch Vorlage entsprechender Erklärungen (Anlagen K 2, K 4 und K 6) dokumentiert wurde, stellt der Beklagte im Berufungsverfahren zu Recht nicht mehr in Abrede.

 b. Die Neufassung des Klageantrags begegnet ebenfalls keinen Bedenken. Denn dass mit dem nunmehr begehrten Vertriebsverbot in der europäischen Gemeinschaft (anstelle von „europäische Union“, wie erstinstanzlich zuletzt beantragt) – entgegen der ausdrücklichen Darlegung der Klägerin – eine über die redaktionelle Anpassung an den Wortlaut der GMV hinausgehende sachliche Änderung einherginge, die nach den Grundsätzen der Klageänderung zu beurteilen wäre, ist nicht ersichtlich. Auch der Beklagte führt denn seine entsprechende Rüge nicht näher aus.

 c. Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch setzt nach Art. 102 Abs. 1 Satz 1 GMV zunächst eine begangene (oder drohende) Verletzungshandlung des Beklagten voraus. Entgegen der Ansicht des Erstgerichts ist nach Auffassung des Senats hinsichtlich des Produkts „A – FOR MEN 100ml EDT“ unter Berücksichtigung der Darlegungsund Beweislast von einer in der Vergangenheit stattgehabten (widerrechtlichen) Benutzung der geschützten Wortmarke A durch den Beklagten auszugehen:

 aa. Dabei ist zunächst zu sehen, dass der Beklagte – wie durch die Bestellung gemäß Anlage K 8 (dort S. 2 unten) und den Lieferschein Nr. LS-12463 (Anlage K 9) belegt – im Rahmen eines Testkaufs der Zeugin G unstreitig ein Exemplar des genannten Artikels geliefert hat. Der Beklagte hat des Weiteren die (erstinstanzlich im Zuge der Beweisaufnahme durch Vorführung seitens des Zeugen P bestätigte, vgl. Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht vom 14. Februar 2012, dort S. 9 = Bl. 84 d.A.) Behauptung der Klägerin nicht in Abrede gestellt, dass spezifisch das von ihr in Händen gehaltene und zu den Akten gereichte Exemplar von A – FOR MEN 100ml EDT ausweislich des auf der Verpackungsunterseite als unterer Strichcode angebrachten sog. UnitCodes, an Hand dessen der Vertriebsweg speziell dieses Exemplars bis hin zum ersten Abnehmer festgestellt werden kann, erstmals an ein Unternehmen in den USA, nämlich die Fa. D, geliefert worden ist.

Die weiter in das Zeugnis Frau Gs gestellte (und, wie in den Gründen der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, von der Zeugin glaubhaft bestätigte) Behauptung der Klägerin, wonach das vom Beklagten gelieferte konkrete Exemplar identisch mit demjenigen sei, dessen UnitCode sie eingelesen und, zur weiteren Ermittlung des erstmaligen In-Verkehr-Bringens, an die französische Muttergesellschaft geleitet habe (mit dem Ergebnis, dass der Artikel ausweislich dieses UnitCodes erstmals an den genannten Händler in den USA geliefert worden ist), hat der Beklagte mit seiner bloßen Behauptung, das Produkt stamme nicht von ihm, nicht in substantiierter Weise bestritten – mit der Folge (§ 138 Abs. 3 ZPO), dass das Vorbringen als zugestanden zu gelten hat: Angesichts der minutiösen – in der Beweisaufnahme erster Instanz durch die Bekundungen der (vom Landgericht als glaubwürdig erachteten) Zeugin G bestätigten – Darlegungen der Klagepartei hätte sich der Beklagte nicht auf ein lediglich pauschales Bestreiten dahingehend beschränken dürfen, ein Artikel mit der von der Klägerin in ihrem Schreiben nach Anlage B 7 genannten Chargennummer habe sich zu keinem Zeitpunkt in seinem (kleinen, nämlich nur sechs Exemplare von „A…“ umfassenden) Warenbestand befunden. Für ein prozessual beachtliches Bestreiten hätte es – nachdem feststeht, dass er das Produkt „A – FOR MEN 100ml EDT“ auf Bestellung hin an die Zeugin G geliefert hat – vielmehr der Ausführungen dazu bedurft, mit welcher konkreten Chargennummer der Gegenstand seiner Lieferung versehen gewesen war, einer Aufklärung mithin, die ihm ohne Weiteres möglich und zumutbar, der Klägerin hingegen mangels Einblicks in die betrieblichen Abläufe des Beklagten nicht zugänglich ist (vgl. zur sekundären Darlegungslast der in Anspruch genommenen Partei BGH GRUR 2007, 251 Tz. 31 – Regenwaldprojekt II). Dies hat der Beklagte jedoch nicht nur in erster Instanz verabsäumt, den entsprechenden Vortrag nebst Beweisantritt hat er auch im Berufungsverfahren – selbst auf Hinweis des Senats in der mündlichen Verhandlung vom 15. November 2012, wo die Problematik ausweislich des Protokolls (dort S. 2 unten = Bl. 167 d.A.) erörtert wurde – nicht nachgeholt. Soweit er statt dessen – nach Ablauf der ihm zur Stellungnahme gesetzten dreiwöchigen Frist – nach Schluss der mündlichen Verhandlung zweiter Instanz mit Schriftsatz vom 20. Dezember 2012 (Bl. 181 ff. d.A.) einen neuerlichen Hinweis betreffend die abschließende Rechtsauffassung des Senats zu dieser Frage verlangt, besteht hierfür keine Veranlassung: Das Gericht ist nach § 139 ZPO gehalten, die für die Entscheidung maßgeblichen Punkte mit den Parteien zu erörtern, nicht hingegen, ihnen das Ergebnis seiner Erwägungen in der Art eines Rechtsgutachtens vorab zum Zwecke der Beurteilung bekannt zu geben.

 bb. Stellt sich das Bestreiten der Identität zwischen dem vom Beklagten gelieferten und dem von der Klägerin untersuchten Produkt mithin mangels Substantiierung als unbeachtlich dar, steht fest, dass die stattgehabte Zeichenbenutzung widerrechtlich war, insofern der gelieferte Artikel, wie von der Klägerin dargelegt (und durch Einvernahme des Zeugen P vor dem Landgericht bestätigt), nicht mit ihrer Zustimmung erstmals in der europäischen Gemeinschaft in den Verkehr gebracht wurde, sondern an einen Abnehmer in den USA geliefert wurde, so dass eine Erschöpfung des Verbreitungsrechts, Art. 13 Abs. 1 GMV, nicht eingetreten war. In diesem Zusammenhang bleibt auch die Erwägung des Beklagten unbehelflich, schon aus dogmatischen Gründen könne er zur Bekanntgabe der Spezifikationsdaten betreffend das von ihm gelieferte Produkt nicht verpflichtet sein, widrigenfalls die – für die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Markenverletzung darlegungs-und beweispflichtige – Klägerin Informationen erhielte, mit denen sie das Klagebegehren erst schlüssig machen könne, die sie jedoch nur als Rechtsfolge einer konstatierten Verletzung verlangen könne; zudem sei die mit dem selektiven Vertriebssystem der Klägerin einhergehende Gefahr einer Marktabschottung zu berücksichtigen, sei doch zu befürchten, dass die begehrten Angaben sie dazu veranlassten, die Quelle, von der der Beklagte seinerseits den Artikel „A – FOR MEN 100ml EDT“ bezieht, nicht mehr zu beliefern: Zwar obliegt – abweichend von allgemeinen Grundsätzen, wonach der wegen einer Markenverletzung in Anspruch Genommene die Voraussetzungen der Erschöpfung, Art. 13 Abs. 1 GMV, darzulegen und zu beweisen hat – der Klägerin, insofern sie ihre Waren im Europäischen Wirtschaftsraum über ein ausschließliches Vertriebssystem in den Verkehr bringt, nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (vgl. zuletzt GRUR 2012, 630 Tz. 29 – Converse II) der Nachweis, dass der Artikel, der Gegenstand der streitbefangenen Lieferung vom 05. August 2010 (Anlage K 9) war, ursprünglich von ihr selbst bzw. mit ihrer Zustimmung durch Dritte außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums in Verkehr gebracht worden ist; denn es steht außer Streit, dass eine Offenbarung der vom Beklagten genutzten Bezugsquelle nicht nur die abstrakte Möglichkeit, sondern die tatsächliche Gefahr einer Abschottung der nationalen Märkte birgt, führt die Klägerin doch selbst aus, die in den USA ansässige Fa. D nicht mehr zu beliefern, nachdem diese entgegen ihrer vertraglichen Verpflichtung auch Zwischenhändler, die nicht dem Vertriebssystem angehören, mit klägerischen Produkten beliefert hat. Dies erlaubt indes keine dem Beklagten günstigere Beurteilung: Unabhängig davon, dass die Klägerin dieser ihrer Darlegungslast mit dem Vorbringen, das vom Beklagten veräußerte Produkt erstmals (nämlich am 26. Mai 2009, vgl. Anlage K 10) in den USA in den Verkehr gebracht zu haben, genügt hat, greift die Erwägung des Beklagten schon deshalb nicht durch, weil die vom Senat für ein beachtliches Bestreiten als erforderlich erachtete Angabe der Chargennummer des von ihm an die Zeugin G gelieferten Artikels ausschließlich Informationen betrifft, derer er sich durch Übersendung der Ware an die Bestellerin ohnehin schon begeben hat. Dass durch die bloße Wiederholung der bereits preisgegebenen Informationen in Form der auf der Verpackung angebrachten Spezifikationsdaten die Gefahr einer Marktabschottung vertieft würde, vermag der Senat nicht zu erkennen und wurde auch vom Beklagten nicht ausgeführt. Das gewonnene Ergebnis, wonach der Beklagte (angesichts des unstreitigen und feststehenden Umstands, dass er ein mit der Klagemarke 1 (A) gekennzeichnetes Produkt veräußert hat) diese Daten anzugeben hat, soll sein Bestreiten der Identität des gelieferten mit dem untersuchten Artikel beachtlich sein, steht auch im Einklang mit der jüngsten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes GRUR 2012, 630 – Converse II, wenn dort (Tz. 39) ausdrücklich ausgeführt wird, dass für den Fall feststehender Zeichenbenutzung der auf Unterlassung in Anspruch Genommene die tatsächlichen Voraussetzungen der Erschöpfung nachzuweisen hat.

 cc. Steht demnach eine in der Vergangenheit stattgehabte widerrechtliche Benutzung der Gemeinschaftsmarke Nr. 005 393 459 „A“ durch den Beklagten fest, ist die für den geltend gemachten Unterlassungsanspruch nach Art. 102 Abs. 1 Var. 1 GMV i.V.m. Art. 9 Abs. 1 Satz 2 lit. a GMV erforderliche Wiederholungsgefahr zu vermuten – mit der Folge, dass die Klage im Antrag zu Ziffer 1 hinsichtlich mit dem Kennzeichen „A“ versehener Waren begründet ist.

 dd. Darüber hinaus kann die Klägerin auch hinsichtlich der weiter von ihr in Exklusivlizenz gehaltenen Klagemarken „T“ und „Cl“ Unterlassung unter dem Gesichtspunkt der Erstbegehungsgefahr, Art. 102 Abs. 1 Var. 2 GMV, verlangen. Zwar begründet die Verletzung eines bestimmten klägerischen Schutzrechts nicht ohne weiteres die Vermutung, dass der in Anspruch Genommene künftig auch andere der Klagepartei zustehende oder von ihr berechtigt wahrgenommene Schutzrechte verletzen werde (vgl. BGH zum Sortenschutzrecht BGH GRUR 1992, 612 – Nicola). In der Entscheidung GRUR 2006, 421, 423 – Markenparfümverkäufe hat der Bundesgerichtshof für den (vergleichbaren) Fall einer Markenverletzung ausgeführt, dass es für einen nicht in das Vertriebssysteme eines Markenherstellers eingebundenen Außenseiterhändler – wie den hiesigen Beklagten – schon nach der Lebenserfahrung attraktiv sei, Luxusparfums der Klagepartei, die diese über ein selektives Vertriebssystem absetzt, auf dem Graumarkt zu beschaffen, um die unterschiedlichen Kundenpräferenzen abzudecken und seine Kunden auch mit solchen hochpreisigen exklusiven Artikeln beliefern zu können. Unabhängig davon, dass der Bundesgerichtshof auf diese Entscheidung (soweit ersichtlich) in der Folgezeit nicht mehr zurückgekommen ist, kann im Streitfall angesichts der hier obwaltenden Umstände nichts anderes gelten, bietet der Beklagte doch als die Beschaffung auch exotischer Parfums an, ist mithin nach eigenem Bekunden (vgl. Anlage K 20, dort S. 5 unten) bestrebt, seinen Kunden jedweden Wunsch betreffend Parfums und Duftwässer unabhängig von seinem Lagerbestand zu erfüllen. Eine künftige Verletzung auch der Klagemarken 2 und 3 durch den Beklagten liegt daher nicht nur im Bereich theoretischer Möglichkeit, sondern ist integraler Bestandteil seines Geschäftskonzepts, so dass eine künftige Rechtsverletzung „ernstlich und unmittelbar“ (BGH GRUR 2008, 1002 – Schuhpark) zu besorgen ist. Folglich kann die Klägerin auch hinsichtlich der Marken „T“ und „C“ Unterlassung verlangen, so dass dem Klageantrag zu Ziffer 1. in Abänderung der angefochtenen Entscheidung insgesamt zu entsprechen war.

 2. Die mit Klageantrag zu Ziffer 2.a. begehrte Drittauskunft betreffend die Herkunft des Produkts „A – FOR MEN 100ml EDT“ steht der Klägerin verschuldensunabhängig (vgl.Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl., § 19 Rdnr. 8) nach Art. 102 Abs. 2 GMV i.V.m. § 19 Abs. 1 und 3 MarkenG ebenfalls zu. Dass die Klägerin diese Informationen zur Erteilung an sich verlangt, begegnet keinen Bedenken, Art. 102 Abs. 2 GMV i.V.m. § 30 Abs. 3 MarkenG, insofern sie berechtigt ist, gegen weitere Verletzer in der beim Beklagten endenden Lieferkette vorzugehen (vgl. BGH GRUR 1995, 216, 219 f. – Oxygenol II).

 

3. Die Klage war hingegen abzuweisen, soweit die Klägerin mit Klageantrag zu Ziffer 2.b. nach § 242 BGB des Weiteren -zur Vorbereitung eines Schadenersatzanspruchs Auskunft über den Umfang der stattgehabten Verletzung der Marke „A“ begehrt: da ihr ein solcher (mit der Klage nicht verfolgter) Hauptanspruch auf Schadenersatz weder aus eigenem noch aus (vom Markeninhaber an sie) abgetretenem Recht zusteht noch sie zur Einziehung des dem Markeninhaber gebührenden Ersatzanspruchs ermächtigt ist, kann sie auch die zu seiner Bezifferung erforderlichen Auskünfte als Hilfsanspruch nicht vom Beklagten verlangen: Nach der grundlegenden Entscheidung GRUR 2007, 877 Tz. 32 – Windsor Estate (bestätigt in BGH GRUR 2008, 614 Tz. 14 – ACERBON; ebenso für die Gemeinschaftsmarke BGH GRUR 2008, 254, Tz. 46 – THE HOME STORE) können Ansprüche wegen Verletzung einer Marke ausschließlich deren Inhaber zustehen, nicht hingegen dem (sei es auch exklusiven) Lizenznehmer. An dieser Rechtsprechung hat der Bundesgerichtshof – trotz (teils deutlicher) Kritik in der Literatur (vgl. Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl., § 30 Rdnr. 96 m.w.N.; Hacker, a.a.O., § 30 Rdnr. 82) – auch in der jüngsten Entscheidung GRUR 2012, 630 Tz. 51 – Converse II festgehalten. Für eine Befugnis der Klägerin, denjenigen Schaden geltend zu machen, der der Inhaberin der Marke „A“ durch die widerrechtliche Kennzeichenbenutzung entstanden ist, fehlt es an jeglichem Vorbringen: Weder hat sie eine Abtretung des Ersatzanspruchs an sich behauptet noch ist eine – regelmäßig nicht schon in der Zustimmung der Markeninhaberin nach Art. 22 MarkenG konkludent enthaltene, vgl. BGH GRUR 2012, 630 Tz. 50, 52 – Converse II, Einziehungsermächtigung dargetan. Demzufolge konnte ihr mangels Aktivlegitimation für den Hauptanspruch auch der akzessorische Hilfsanspruch auf Auskunft über den Umfang der Verletzungshandlungen (vgl. Ingerl/Rohnke, a.a.O., § 19 Rdnr. 67) nicht zuerkannt werden. Eines gesonderten Hinweises des Senats auf die zitierte, seit dem Jahr 2007 gefestigte höchstrichterliche Rechtsprechung betreffend Schadenersatzansprüche des (auch ausschließlichen) Markenlizenznehmers bedurfte es nicht.

 4. Die mit Klageantrag zu Ziffer 3. begehrte Zahlung der für die (berechtigte, s.o. Ziffer II.2.) vorprozessuale Abmahnung (Anlage K 11) angefallenen, als 1,3-Gebühr nach Nr. 2300 RVG aus einem Gegenstandswert von € 100.000.-berechneten Rechtsanwaltskosten stehen der Klägerin unabhängig von der oben erörterten Frage eines eigenen Schadenersatzanspruchs des Inhabers einer Exklusivlizenz (Art. 102 Abs. 2 GMV, § 14 Abs. 6 MarkenG) jedenfalls unter dem Gesichtspunkt einer Geschäftsführung ohne Auftrag, §§ 683 S. 1 677, 670 BGB, zu (Ingerl/Rohnke, a.a.O., vor §§ 14 – 19, Rdnr. 296).

 5. Nach § 92 Abs. 1 Satz 1 Var. 2 ZPO waren die Kosten des Rechtsstreits im Verhältnis des Obsiegens und Unterliegens zu verteilen wie geschehen, wobei der Senat den Wert des Unterlassungsanspruchs zu Ziffer 1. mit € 90.000.-, den der Auskunftsanträge zu Ziffern 2.a. und 2.b mit jeweils € 5.000.-beziffert. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit entspricht §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

 Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) und auch die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO nicht vorliegen (vgl. dazu BGH NJW 2003, 65 ff.): Die Rechtssache erfordert, wie die Ausführungen unter Ziffer II. 2., II. 3. zeigen, lediglich die Anwendung gesicherter Rechtsprechungsgrundsätze auf den vorliegenden Einzelfall.