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Einer Werbung durch Post käme, auch wenn sie nicht als Werbung gekennzeichnet sei, nur ein geringer Störung zu. Eine Irreführung läg nicht vor, ebenso wenig sei eine unlautere Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit des Kunden gegeben.

 

 

URTEIL  vom 3.März 2011

I ZR 167/09

 

Kreditkartenübersendung

 

UWG § 4 Nr. 1 bis Nr. 3, §§ 5, 7 Abs. 1

 

Die einmalige unaufgeforderte Übersendung einer bereits auf den Namen des

Empfängers ausgestellten Kreditkarte durch ein Bankunternehmen an seine

Kunden stellt keine unzumutbare Belästigung im Sinne von § 7 Abs. 1 UWG

dar, wenn der Empfänger erkennt, dass er eine gesonderte Erklärung abgeben

muss, um die Kreditkarte verwenden zu können, und dass er – wenn er an dem

Angebot nicht interessiert ist – die Kreditkarte auf ihm sicher erscheinende Wei-

se entsorgen kann.

 

BGH, Urteil vom 3. März 2011 – I ZR 167/09 – OLG Köln

 

LG Bonn

 

 

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhand-

lung vom 3. März 2011 durch die Richter Prof. Dr. Büscher, Pokrant,

Dr. Schaffert, Dr. Koch und Dr. Löffler

 

für Recht erkannt:

 

 

Die Revision gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesge-

richts Köln vom 2. Oktober 2009 wird auf Kosten des Klägers zu-

rückgewiesen.

 

Von Rechts wegen

 

Tatbestand:

 

Der Kläger ist der in die Liste qualifizierter Einrichtungen eingetragene

bundesweit tätige Dachverband der 16 Verbraucherzentralen der Bundeslän-

der.

 

Die Beklagte, ein Bankunternehmen, übersandte am 27. August 2008 an

einen Kunden, der bei ihr ein Girokonto unterhielt, unaufgefordert das nachfol-

gend auszugsweise wiedergegebene Schreiben. Diesem waren eine bereits auf

den Namen des Kunden ausgestellte VISA-Kreditkarte, ein Prospekt „Postbank

VISA Card GOLD: Unser Dankeschön für Ihre Treue!“ sowie ein Antragsformu-

lar zur „Freischaltung“ einer „Postbank VISA Card GOLD“ mit dem bereits vor-

gedruckten Namen und der Adresse des Kunden beigefügt. In dem Schreiben

heißt es unter anderem:

 

 

 

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Solche Schreiben erhielten auch weitere Kunden der Beklagten, die je-

weils über eine gewisse Bonität verfügten.

 

Der Kläger hat die Werbemaßnahme als wettbewerbswidrig beanstandet.

Er hat zuletzt beantragt, die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmitteln zu

verurteilen, es zu unterlassen,

 

bei Wettbewerbshandlungen an Verbraucher unaufgefordert Schreiben mit der

Überschrift „Unser goldenes Dankeschön für Sie: Die Postbank VISA Card Gold

1 Jahr lang kostenlos!“, in dem eine auf den Namen des Verbrauchers ausgestellte

Kreditkarte „VISA“ beigefügt ist, zu versenden, wenn dies geschieht wie in dem als

Anlage beigefügten Schreiben.

 

 

 

(es folgt das vorstehend auszugsweise wiedergegebene Schreiben vom

27. August 2008).

 

Weiter hat der Kläger die Zahlung von Abmahnkosten in Höhe von 200 €

nebst Zinsen verlangt.

 

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers ist

erfolglos geblieben (OLG Köln, Urteil vom 2. Oktober 2009 – 6 U 95/09, juris).

Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine

Anträge auf Unterlassung und Zahlung weiter. Die Beklagte beantragt, die Re-

vision des Klägers zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe:

 

 

I. Das Berufungsgericht hat Ansprüche aus § 8 Abs. 1 in Verbindung mit

§ 4 Nr. 1 und 3, §§ 5, 7 und § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG abgelehnt. Es hat dies wie

folgt begründet:

 

 

 

Der Umstand, dass das beanstandete Schreiben keine Warnfunktion im

Hinblick auf die Gefahren des bargeldlosen Zahlungsverkehrs entfalte, könne

keinen Verstoß gegen § 4 Nr. 1 UWG begründen. Der durchschnittlich infor-

mierte Verbraucher kenne die Funktionsweise einer Kreditkarte und sei mit dem

bargeldlosen Bezahlen vertraut. Aus dem gesamten Inhalt des Schreibens er-

gebe sich, dass das Angebot der Beklagten kostenpflichtig sei. Eine Verschleie-

rung des Umfangs und der Bedingungen des Angebots und eine Anlockwir-

kung, die dem Verbraucher eine rationale Entscheidung über die Annahme des

Angebots unangemessen erschwere, gehe von der Werbung nicht aus. Daran

ändere sich auch dadurch nichts, dass dem Verbraucher die (noch nicht ein-

setzbare) Kreditkarte bereits an die Hand gegeben werde.

 

Die Unlauterkeit des Verhaltens der Beklagten folge auch nicht aus § 4

Nr. 3 UWG. Der Werbecharakter des Schreibens sei für den durchschnittlich

informierten Verbraucher leicht erkennbar.

Eine irreführende Werbung gemäß § 5 UWG liege ebenfalls nicht vor. Mit

dem Begriff der „Freischaltung“ werde ein durchschnittlicher Verbraucher keine

rein technische Vollzugshandlung verbinden, sondern angesichts des weiteren

Inhalts des Schreibens und des auszufüllenden Formulars erkennen, dass er zu

einem Vertragsschluss veranlasst werden solle.

 

Das beanstandete Schreiben sei schließlich auch keine unzumutbare Be-

lästigung im Sinne des § 7 Abs. 1 UWG. Die Versendung persönlich adressier-

ter Werbung mit einem äußerlich nicht als Werbung erkennbaren Brief im Rah-

men eines bestehenden Vertragsverhältnisses sei grundsätzlich auch ohne

vorherige Einwilligung des angeschriebenen Verbrauchers zulässig. Eine ande-

re Beurteilung ergebe sich auch nicht daraus, dass der Werbebrief – im Rahmen

des datenschutzrechtlich Zulässigen – persönliche Daten des Verbrauchers

enthalten habe und ihm eine bereits auf den Namen des Verbrauchers ausge-

stellte Kreditkarte beigefügt gewesen sei. Dadurch erhöhe sich zwar der Ent-

sorgungsaufwand für den Verbraucher, weil er sich veranlasst sehen könne, die

persönlichen Daten unkenntlich zu machen. Dies sei jedoch jedenfalls solange

keine unzumutbare Belästigung, wie der Verbraucher nicht hartnäckig ange-

sprochen werde, sondern ihm nur einmalig eine Karte übersandt werde.

 

II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben

keinen Erfolg.

 

1. Der Kläger hat seinen Unterlassungsanspruch auf Wiederholungsgefahr

gestützt (§ 8 Abs. 1 Satz 1 UWG) und dazu eine seiner Auffassung nach von

der Beklagten im August 2008 begangene Zuwiderhandlung vorgetragen. Da

der Unterlassungsanspruch auf die Abwehr künftiger Rechtsverstöße gerichtet

ist, ist er nur begründet, wenn auf der Grundlage des zum Zeitpunkt der Ent-

scheidung geltenden Rechts Unterlassung verlangt werden kann. Zudem muss

die Handlung zum Zeitpunkt ihrer Begehung wettbewerbswidrig gewesen sein,

weil es anderenfalls an der Wiederholungsgefahr fehlt (st. Rspr.; vgl. BGH, Ur-

teil vom 14. Februar 2008 – I ZR 207/05, BGHZ 175, 238 Rn. 14 – ODDSET;

Urteil vom 29. Juli 2009 – I ZR 166/06, GRUR 2009, 1077 Rn. 18 = WRP 2009,

1380 – Finanz-Sanierung; Urteil vom 4. Februar 2010 – I ZR 66/09, GRUR 2010,

852 Rn. 13 = WRP 2010, 1143 – Gallardo Spyder). Das Gesetz gegen den un-

lauteren Wettbewerb vom 3. Juli 2004, das zur Zeit des beanstandeten Verha-

tens galt, ist zwar Ende 2008 geändert worden. Durch diese – der Umsetzung

der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken dienende – Geset-

zesänderung ist allerdings keine für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche

Änderung der Rechtslage eingetreten. Die Anforderungen der Richtlinie

2005/29/EG galten unter dem Gesichtspunkt der richtlinienkonformen Ausle-

gung seit dem 12. Dezember 2007 (Art. 19 der Richtlinie 2005/29/EG, dazu

EuGH, Urteil vom 14. Januar 2010 – C-304/08, GRUR Int. 2010, 221 Rn. 30 =

WRP 2010, 232 – Plus; BGH, Beschluss vom 5. Juni 2008 – I ZR 4/06, GRUR

2008, 807 Rn. 9 = WRP 2008, 1175 – Millionen-Chance I; vgl. auch Köhler in

Köhler/Bornkamm, UWG, 29. Aufl., Einl. UWG Rn. 3.64) und waren deshalb

bereits zum Zeitpunkt der Vornahme der im Streitfall beanstandeten Handlung

maßgebend. Im Folgenden muss deshalb nicht zwischen dem alten und dem

neuen Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb unterschieden werden.

 

2. Der Unterlassungsanspruch ergibt sich nicht aus § 8 Abs. 1 UWG in

Verbindung mit § 7 UWG wegen einer unzumutbaren Belästigung des Werbe-

adressaten durch Zusendung der bereits fertig erstellten Kreditkarte.

 

a) Das Berufungsgericht hat angenommen, die Werbung erfülle nicht die

Voraussetzungen des § 7 Abs. 2 Nr. 1 UWG. Zu den Voraussetzungen dieser

Vorschrift habe der Kläger nichts vorgetragen. Diese Beurteilung ist aus

Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

 

b) Das Berufungsgericht hat weiter mit zutreffenden Erwägungen auch ei-

ne unzumutbare Belästigung im Sinne von § 7 Abs. 1 UWG durch die angegrif-

fene Werbemaßnahme verneint.

 

aa) Belästigend in diesem Sinne ist eine geschäftliche Handlung, die dem

Empfänger aufgedrängt wird und die bereits wegen ihrer Art und Weise unab-

hängig von ihrem Inhalt als störend empfunden wird (Fezer/Mankowski, UWG,

2. Aufl., § 7 Rn. 45; Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 7 Rn. 19; Ohly in

Piper/Ohly/Sosnitza, UWG, 5. Aufl., § 7 Rn. 24; Koch in Ullmann, jurisPK-UWG,

2. Aufl., § 7 Rn. 2; vgl. auch Begründung zum Regierungsentwurf UWG 2004,

BT-Drucks. 15/1487, S. 20). Unzumutbar ist die Belästigung, wenn sie eine sol-

che Intensität erreicht, dass sie von einem großen Teil der Verbraucher als un-

erträglich empfunden wird, wobei der Maßstab des durchschnittlich empfindli-

chen Adressaten zugrundezulegen ist (BGH, Urteil vom 22. April 2010

– I ZR 29/09, GRUR 2010, 1113 Rn. 15 = WRP 2010, 1502 – Grabmalwerbung).

Dabei kommt es nicht einseitig auf die Perspektive des Adressaten der ge-

schäftlichen Handlung an. Die Unzumutbarkeit ist vielmehr zu ermitteln durch

eine Abwägung der auch verfassungsrechtlich geschützten Interessen des Ad-

ressaten, von der Werbung verschont zu bleiben (Art. 2 Abs. 1 GG), und des

werbenden Unternehmers, der seine gewerblichen Leistungen durch Werbung

zur Geltung bringen will (Art. 5 Abs. 1, Art. 12 GG; vgl. BGH, GRUR 2010, 1113

Rn. 15 – Grabmalwerbung).

 

bb) Von diesen Grundsätzen ist auch das Berufungsgericht ausgegangen.

Es hat eine Belästigung durch die beanstandete Werbemaßnahme bejaht, die-

se aber nicht als unzumutbar angesehen. Bei seiner Beurteilung der Zumutbar-

keit der Belästigung hat das Berufungsgericht den Eingriff in die Privatsphäre

des Verbrauchers, der den einmalig übersandten Brief entgegennehmen, prü-

fen und gegebenenfalls wegen der darin und wegen der in der mitgesandten

Kreditkarte enthaltenen persönlichen Daten unter Zerschneiden und damit unter

erhöhtem Aufwand entsorgen muss, mit dem Interesse der Verbraucher an ge-

zielten Informationen und dem Bedürfnis des werbenden Unternehmers an ziel-

gerichteter werbender Ansprache seiner Kunden abgewogen. Dies lässt einen

Rechtsfehler nicht erkennen.

 

cc) Zutreffend und von der Revision nicht angegriffen hat das Berufungs-

gericht angenommen, dass diejenige Belästigung, welche darin liegt, dass das

Werbeschreiben nicht bereits auf dem Briefumschlag als Werbung gekenn-

zeichnet gewesen ist, nicht als unzumutbar zu qualifizieren ist. Durch eine ent-

sprechende Kennzeichnung würde der Verbraucher zwar in den Stand versetzt,

das Schreiben ungelesen zu entsorgen. Der Grad der Belästigung ist bei einer

Werbung per Post jedoch gering. Diese Belästigung kann gegenüber den Inte-

ressen der werbenden Wirtschaft an einer gezielten Individualwerbung und in

Anbetracht der Tastsache, dass viele Umworbene an einer Information durch

derartige Werbeschriften ein berechtigtes Interesse haben, regelmäßig ver-

nachlässigt werden (BGH, Urteil vom 16. Februar 1973 – I ZR 160/71, BGHZ

60, 296, 300 – Briefwerbung; Ohly in Piper/Ohly/Sosnitza aaO § 7 Rn. 40; Koch

in Ullmann aaO § 7 Rn. 150). Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Werbecharak-

ter – wie im Streitfall – nach dem Öffnen des Briefs sofort und unmissverständ-

lich erkennbar ist (vgl. Köhler in Köhler/Bornkamm aaO § 7 Rn. 114). Es kann

deshalb auf sich beruhen, ob der Kläger die fehlende Kennzeichnung als Wer-

bung bereits auf dem Umschlag überhaupt zum Gegenstand seines Unterlas-

sungsantrags gemacht hat.

 

dd) Ohne Erfolg macht die Revision geltend, das Berufungsgericht habe

die wettbewerbliche Eigenart der angegriffenen Werbung verkannt. Der durch

das angegriffene Schreiben angesprochene Verbraucher könne die Übersen-

dung einer bereits auf ihn als Inhaber ausgestellten Kreditkarte nicht ohne wei-

teres rechtlich einordnen. Er werde gezwungen, sich mit dem Inhalt der Wer-

bung der Beklagten eingehend zu befassen, um Klarheit darüber zu erlangen,

wie er mit der Karte verfahren müsse, wenn er von dem kostenpflichtigen An-

gebot keinen Gebrauch machen wolle. Die Beklagte habe auch kein schüt-

zenswertes Interesse an der Übersendung der Kreditkarte. Diese Art der Wer-

bung diene nur dazu, den Verbraucher zu veranlassen, sich mit dem unaufge-

fordert übersandten Angebot gegen seinen Willen näher zu befassen. Dem

kann nicht zugestimmt werden.

 

Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, der Durch-

schnittskunde werde aufgrund hinreichend deutlicher Hinweise im Werbe-

schreiben erkennen, dass die mit dem Schreiben versandte Kreditkarte erst

nach einer gesonderten Erklärung des Kunden zum Einsatz kommen kann (da-

zu unter II 3 b). Erkennt der Verbraucher aber bereits aufgrund des Werbe-

schreibens, dass die Karte an sich ohne jeden funktionellen Wert ist, hat er

– wenn er an dem Angebot nicht interessiert ist – keinen Anlass, sich noch näher

mit dem Werbeschreiben, dem Prospekt und dem Antragsformular der Beklag-

ten zu befassen. Er wird, wovon auch das Berufungsgericht in revisionsrechtlich

nicht zu beanstandender Weise ausgegangen ist, die Unterlagen und die Kre-

ditkarte auf die ihm sicher erscheinende Weise entsorgen. Eine Belästigung, die

über den mit der Zerstörung der Kreditkarte vor der Entsorgung verbundenen

Aufwand hinausgeht, ergibt sich aus der Werbung der Beklagten damit nicht.

 

ee) Die Revision kann auch aus Art. 57 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie

2007/64/EG über Zahlungsdienste im Binnenmarkt nichts zu ihren Gunsten ab-

leiten. Nach dieser Bestimmung ist es dem Zahlungsdienstleister untersagt,

dem Zahlungsdienstnutzer unaufgefordert ein Zahlungsinstrument zuzusenden,

es sei denn, ein bereits an den Zahlungsdienstnutzer ausgegebenes Zahlungs-

instrument muss ersetzt werden.

 

Zu Recht hat das Berufungsgericht bei seiner Prüfung nicht auf diese Be-

stimmung abgestellt. Der im Streitfall auf Wiederholungsgefahr gestützte Unter-

lassungsanspruch besteht nur, wenn die beanstandete Verhaltensweise auch

schon zum Zeitpunkt ihrer Begehung wettbewerbswidrig war (vgl. BGH, Urteil

vom 11. März 2010 – I ZR 27/08, GRUR 2010, 939 Rn. 16 = WRP 2010, 1249

– Telefonwerbung nach Unternehmenswechsel, mwN). Die Richtlinie

2007/64/EG war zum Zeitpunkt der Übersendung der Werbung im August 2008

noch nicht in nationales Recht umgesetzt und auch die für die Richtlinie maß-

gebliche Umsetzungsfrist war nach ihrem Art. 94 Abs. 1 noch nicht abgelaufen,

so dass auch eine richtlinienkonforme Auslegung wegen Verstreichens der Um-

setzungsfrist nicht in Betracht kommt.

 

Der inzwischen in § 675m Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BGB in das deutsche Recht

umgesetzten Regelung kommt im Übrigen – anders als die Revision meint – für

die Frage der unzumutbaren Belästigung im Sinne des § 7 Abs. 1 UWG auf-

grund seiner abweichenden Schutzrichtung auch keine indizielle Bedeutung zu.

Zweck der Richtlinie 2007/64/EG ist die Sicherstellung eines einwandfrei funkti-

onierenden Binnenmarktes für Zahlungsdienste (Erwägungsgrund 1). Art. 57

der Richtlinie und dementsprechend auch § 675m Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BGB die-

nen der Sicherheit der Zahlungsinstrumente und der Vermeidung von Miss-

brauch (vgl. Palandt/Sprau, BGB, 70. Aufl., § 675m Rn. 2) und nicht dem

Schutz der Verbraucher vor Belästigungen.

 

3. Zutreffend hat das Berufungsgericht einen Wettbewerbsverstoß im Sin-

ne von §§ 3, 4 Nr. 1 UWG verneint.

 

a) Gemäß § 4 Nr. 1 UWG handelt insbesondere unlauter, wer geschäftli-

che Handlungen vornimmt, die geeignet sind, die Entscheidungsfreiheit der

Verbraucher durch Ausübung von Druck oder durch sonstigen unangemesse-

nen unsachlichen Einfluss zu beeinträchtigen. Eine Beeinträchtigung der Ent-

scheidungsfreiheit des Verbrauchers im Sinne des § 4 Nr. 1 UWG liegt nur

dann vor, wenn der Handelnde diese Freiheit durch Belästigung oder durch un-

zulässige Beeinflussung im Sinne des Art. 2 Buchst. j der Richtlinie 2005/29/EG

erheblich beeinträchtigt (BGH, Urteil vom 29. Oktober 2009 – I ZR 180/07,

GRUR 2010, 455 Rn. 17 = WRP 2010, 746 – Stumme Verkäufer II; Urteil vom

24. Juni 2010 – I ZR 182/08, GRUR 2010, 850 Rn. 13 = WRP 2010, 1139

– Brillenversorgung II).

 

 

b) Nach diesen Maßstäben kann hier nicht von einer unzulässigen Beein-

trächtigung der Entscheidungsfreiheit der Kunden ausgegangen werden. Das

Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass der durchschnittlich

informierte Verbraucher die Funktionsweise einer Kreditkarte kennt. Er werde

erkennen, dass die übersandte Kreditkarte nicht ohne eine gesonderte Erklä-

rung einsetzbar sei. Eine rationale Entscheidung über das Angebot der Beklag-

ten zum Abschluss eines teilweise entgeltlichen Kreditkartenvertrags werde

weder durch den Inhalt des Schreibens und den angekündigten Erlass der er-

sten Jahresgebühr in Höhe von 49 € noch durch die gleichzeitige Übersendung

der Kreditkarte unangemessen erschwert. Entgegen der Auffassung der Revisi-

on liegt es bei dieser Sachlage nach der Lebenserfahrung fern, dass ein ange-

messen gut unterrichteter und angemessen aufmerksamer und kritischer

Durchschnittsverbraucher annimmt, er müsse die angebotenen Leistungen aus

rechtlichen oder doch aus moralischen Gründen bezahlen, wenn er die Kredit-

karte nicht zurückschicke. Daran ändert sich auch dadurch nichts, dass das

Werbeschreiben keine ausdrücklichen Hinweise enthielt, wie zu verfahren war,

wenn der Kunde von dem Angebot keinen Gebrauch machen wollte. Angesichts

des Umstands, dass die Karte für sich genommen geringwertig ist und einen

Gebrauchswert ersichtlich allein dadurch gewinnen kann, dass der angeschrie-

bene Kunde einen gesonderten Kreditkartenvertrag abschließt, ist es für den

nicht zum Abschluss eines solchen Vertrags bereiten Verbraucher auch ohne

einen ausdrücklichen Hinweis ersichtlich, dass er das Schreiben der Beklagten

und die ihm beiliegende Karte als für ihn nicht interessantes Werbematerial oh-

ne Rechtsnachteile entsorgen kann.

 

Ohne Erfolg stützt sich die Revision für ihren abweichenden Standpunkt

auf die Rechtsgrundsätze, die in den Fällen unbestellter Warenlieferungen gel-

ten. Damit ist der vorliegende Fall nicht vergleichbar. Das angesprochene

Publikum erkennt, dass die unaufgefordert übersandte Kreditkarte ohne Ab-

schluss des Kreditkartenvertrags für die Beklagte wertlos ist und deshalb keine

Rücksendungs- oder Aufbewahrungspflicht auslöst.

 

Dass sich der Verbraucher im Streitfall vor der Entsorgung möglicherweise

zu einer Unkenntlichmachung der persönlichen Daten veranlasst sehen wird,

beeinflusst seine Entscheidungsfreiheit nicht entgegen § 4 Nr. 1 UWG.

 

4. Eine Unlauterkeit ergibt sich auch nicht aus §§ 3, 4 Nr. 2 UWG. Die Be-

klagte hat – anders als die Revision meint – nicht die geschäftliche Unerfahren-

heit der angesprochenen Verkehrskreise im Sinne von § 4 Nr. 2 UWG ausge-

nutzt. Die Vorschrift stellt – abweichend vom Leitbild des erwachsenen Durch-

schnittsverbrauchers, das den Vorschriften des Gesetzes gegen den unlauteren

Wettbewerb im Allgemeinen zugrunde liegt – auf besonders schutzbedürftige

Verbraucherkreise ab (vgl. BGH, Urteil vom 6. April 2006 – I ZR 125/03, GRUR

2006, 776 Rn. 19 = WRP 2006, 885 – Werbung für Klingeltöne). Erforderlich ist,

dass die angeschriebenen Verkehrskreise nicht über die Kenntnisse verfügen,

die von einem durchschnittlich aufmerksamen, informierten und verständigen

Verbraucher zu erwarten sind (BGH, Urteil vom 3. Mai 2007 – I ZR 19/05,

GRUR 2007, 978 Rn. 27 = WRP 2007, 1334 – Rechtsberatung durch Haft-

pflichtversicherer). Dafür ist im Streitfall nichts ersichtlich.

 

5. Ein Wettbewerbsverstoß im Sinne von §§ 3, 4 Nr. 3 UWG ist ebenfalls

nicht gegeben. Das Berufungsgericht hat eine nach dieser Vorschrift vorausge-

setzte Verschleierung des Werbecharakters einer geschäftlichen Handlung mit

zutreffenden Gründen verneint. Rechtsfehler werden auch insoweit von der Re-

vision nicht geltend gemacht und sind auch sonst nicht ersichtlich.

 

6. Zu Recht hat das Berufungsgericht auch einen Verstoß gegen das Irre-

führungsverbot nach §§ 3, 5 UWG verneint.

 

Das Berufungsgericht hat angenommen, der Verbraucher werde mit dem

Begriff der Freischaltung nicht eine rein technische Vollzugshandlung verbin-

den, sondern angesichts des weiteren Inhalts des Schreibens und des auszufül-

lenden Formulars erkennen, dass er zu dem Abschluss eines Kreditkartenver-

trags veranlasst werden soll. Das lässt Rechtsfehler nicht erkennen.

 

Ohne Erfolg hält dem die Revision entgegen, in der Werbung werde der

Eindruck einer zumindest für ein Jahr kostenlosen Leistung erweckt und der

Kunde werde sich möglicherweise sagen, die Annahme jedenfalls dieses zeit-

lich begrenzten Geschenks erfordere gar keine ausdrückliche Erklärung. Mit

diesen Ausführungen versucht die Revision die Beurteilung des Tatrichters

durch ihre eigene zu ersetzen, ohne dabei einen Rechtsfehler des Berufungs-

gerichts aufzeigen zu können.

 

7. Der Anspruch auf Ersatz der Abmahnkosten nach § 12 Abs. 1 Satz 2

UWG ist ausgeschlossen, weil dem Kläger zum Zeitpunkt der Abmahnung kein

Unterlassungsanspruch zustand.

 

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

 

 

 

 

 

Büscher Pokrant Schaffert

 

 

 

Koch Löffler

 

Vorinstanzen:

 

LG Bonn, Entscheidung vom 23.04.2009 – 14 O 18/09 –

 

OLG Köln, Entscheidung vom 02.10.2009 – 6 U 95/09 –