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Die  Werbung für medizinische Leistungen mit Pauschal- oder Festpreisen stellt einen Verstoß gegen die GOÄ bzw.GOZ. Aktuell entschied das LG Berlin dies für zahnärztliche Leistungen bei einem Gutscheinanbieter.

 

LG Berlin, Urteil vom 28. Juni 2012

52 O 231/11

…..

hat die Zivilkammer 52 des Landgerichts Berlin in Berlin-Mitte, Littenstraße 12-17, 10179 Berlin,
auf die mündliche Verhandlung vom 24.05.2012
….

für Recht erkannt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel

zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken

eine Zahnreinigung
und/oder ein Bleaching
und/oder eine kiefernorthopädische Zahnkorrektur
und/oder eine Implantatversorgung
und/oder prothetische Versorgung
und/oder eine Zahnfüllung

zu bewerben,

wenn dies wie nachfolgend wiedergegeben geschieht
Seite 3 bis 8 enthält nur Schwärzung

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 58 % und die Beklagte 42 %
zu tragen.

4. Das Urteil ist hinsichtlich des Tenors zu 1. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von
50.000,00  und im Übrigen gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages
zzgl. 10 % vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin ist die berufsständische Vertretung der Zahnärzte des Bereichs Nordrhein auf der

Grundlage des Heilberufsgesetztes NRW.

Die Beklagte betreibt das Portal ……de , über das sie für verschiedene Städte so ge-

nannte ,,Deals“ anbietet, im Rahmen derer sie z.B. Restaurantbesuche, Freizeitveranstaltungen,

Angebote aus dem Bereich beauty und wellness etc. zu rabattierten Preisen anbietet. Im Rahmen

dieser ,,Deals“ werden unter der Voraussetzung, dass eine bestimmte Mindestanzahl von Käufern

den angebotenen ,,Deal“ annimmt, die angebotenen Leistungen zu festgelegten rabattierten Prei-

sen angeboten, die die Beklagte jeweils mit der Formulierung ,,Aktuelles Angebot: xx EUR statt

xx Euro…“ bewirbt. Unter den angebotenen ,,Deals“ finden sich auch Angebote für Leistungen von

Zahnärzten, wobei die angebotenen Leistungen vom Bleaching über die Professionelle Zahnreini-

gung (PZR) und die kiefernorthopädischen Zahnkorrektur bis zu einem Wertgutschein für ein

Zahnimplantat mit Keramikkrone und eine Composit-Füllung reichen. Beispielsweise wurde am

12.1.2012 eine PZR für 24,90 statt 80  bei Zahnarzt ……  mit einem angegebenen

Rabatt von 69 % angeboten (K 22, 25). Ein Bleaching in der Praxis der City Zahnärzte wurde für

69 statt 169  mit einem angegebenen Rabatt von 65 % angeboten (K 14). Eine Zahnkorrektur

durch Invisalign in der Kieferorthopädischen Fachpraxis Dr. …….   wurde für 1.950,00

statt 4.500  mit einem angegebenen Rabatt von 57 % angeboten (K 7). Eine Implantatbe-

handlung bei Zahnarzt … wurde für 999 statt 2000  mit einem angegebenen Rabatt von

50 % angeboten (K 25), eine Compositfüllung bei Zahnarzt ….  für 14,90 statt 150
mit einem angegebenen Rabatt von 90 % (K 21). Wegen der Einzelheiten der ,,Deals“ für wird auf

die Anlagen K 4 bis 7 sowie K 14 bis 18 und K 21, 22, 25 Bezug genommen.

Der Werbung auf dem Portal der Beklagten liegen Kooperationsvereinbarungen zugrunde, die die

Beklagte mit den Anbietern der Leistungen abschließt. Wegen der Einzelheiten solcher Koope-

rationsvereinbarungen wird auf die Anlagen K 8, 9 Bezug genommen. In den Kooperationsverein-

barungen werden jeweils der Originalpreis der Leistungen sowie der darauf gewährte Rabatt ge-

nannt. Im Übrigen wird in der Kooperationsvereinbarung auf die Allgemeinen Geschäftsbedingun-

gen der …. GmbH für Kooperationsverträge verwiesen. Dort heißt es in Ziffer 1.1.: ,,…

unterstützt den Partner beim Marketing im Internet, insbesondere durch den Online-Verkauf von

Gutscheinen… an interessierte Endkunden (,,Gutscheinerwerber“) und vermittelt dem Partner des

Kooperationsvertrages diese Kunden für die im Kooperationsvertrag vorgesehenen Dienst- und

Sachleistungen (,,Leistungen“). Zur Leistung des Partners heißt es in den AGB unter Ziffer 3.1:

,,Die vom Partner gegenüber dem Gutscheinerwerber zu erbringenden Leistungen ergeben sich

aus der Leistungsbeschreibung des Kooperationsvertrages.“ Ziffer 3.2. lautet: ,,Der Partner stellt

gegenüber … und den Gutscheinerwerbern sicher, dass die Leistungen entsprechend den

während der Laufzeit dieses Vertrages von …..  ausgegebenen Gutscheinen den Gutschein-

erwerbern jederzeit zur Verfügung gestellt werden können.“ Wegen der weiteren Einzelheiten der

AGB wird auf die Anlage K 10 Bezug genommen.

Für eine PZR ergibt sich auf der Grundlage der GOZ seit 1.1.2012 bei einem Durchschnittsgebiss

von 28 Zähnen ein Gebührenrahmen von 49,58  – 173,96 , wobei in der Regel die 2,3 fache Ge-

bühr von 114,30  zugrunde gelegt wird.

Für eine Zahnkorrektur durch Invisalignbehandlung ergab sich auf der Grundlage der GOZ vor

dem 1.1.2012 ein Gebührenrahmen von 2.753,81-4.556,68 , wobei in der Regel die 2,3 fache

Gebühr von 3.692,00  zugrunde gelegt wurde.

Für eine Implantatbehandlung mit Keramikkrone ergab sich auf der Grundlage der GOZ vor dem

1.1.2012 ein Gebührenrahmen von 1.106,69 – 1.694,42 , wobei in der Regel die 2,3 fache Ge-

bühr von 1.370,89  zugrunde gelegt wurde.
Für eine Composit-Füllung ergibt sich auf der Grundlage der GOZ seit dem 1.1.2012 ein Ge-

bührenrahmen von 36,95-129,33 , wobei in der Regel die 2,3 fache Gebühr von 84,99  zu-

grunde zu legen ist. Bei einer mehr als dreiflächigen Füllung ergibt sich ein Gebührenrahmen von

50,62 -177,16 , wobei die 2,3 fache Gebühr 116,42  beträgt.

Mit den aus der Anlage K 11, 12 ersichtlichen Schreiben vom 24.9.2010 und 3.6.2011 wies die

Klägerin die Beklagte u.a. darauf hin, dass die Werbung mit Rabatten für zahnärztliche Behand-

lungen sowie die Vereinbarung von Festpreisen für zahnärztliche Leistungen unzulässig sei und

die auf diese Weise werbenden Zahnärzte sich berufsrechtswidrig verhalten würden und forderte

die Beklagte zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf. Mit dem aus der An-

lage K 13 ersichtlichen Schreiben wies die Beklagte alle Ansprüche zurück. Sie setzt das abge-

mahnte Verhalten fort.

Die Klägerin meint, ihr stehe ein Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte bezüglich der aus

den Anlagen K 22, 25, 14, 7, 25, 21 ersichtlichen Werbungen für eine Professionelle Zahnreini-

gung, ein Bleaching, eine Zahnkorrektur durch Invisalign, ein Implantat- sowie eine prothetische

Versorgung und eine Zahnfüllung zu . Der Unterlassungsanspruch ergebe sich aus §§ 3.

Nr. 11 UWG i.V.m. § 15 der Berufsordnung der Zahnärztekammer Nordrhein (im Folgenden BO)

wegen marktschreierischer Werbung und der unzulässigen Gewährung von Rabatten sowie aus

§§ 3, 4 Nr. 11 UWG iVm §§ 2, 4, 5 GOZ wegen der angebotenen Festpreise sowie aus §§ 3, 4 Nr.

11 UWG i.V.m. der GOZ, 1 Abs. 8 BO im Hinblick auf eine unzulässige Gebührenunterschreitung

(Unterschreitung   der   Mindestgebühr   nach GOZ)     und   Festlegung   eines   Preises   ohne

Ermessensausübung.

Die Werbung sei marktschreierisch, die Gewährung von Rabatten unzulässig. Mit dem Berufsbild

des Zahnarztes sei es unvereinbar, die Patienten durch Geschenke oder die Gewährung von Vor-

teilen zu intensiveren Behandlungen zu bewegen. Die zahnärztliche Berufsausübung habe sich an

medizinischen Notwendigkeiten und nicht an ökonomischen Erfolgskriterien zu orientieren.
Bei den gewährten Rabatten von bis zu 90 % sei die Patientensicherheit gefährdet, weil zu be-

fürchten sei, dass der Zahnarzt bei der Einhaltung der Sorgfalt Abstriche mache, um eine für ihn

wirtschaftliche Behandlung zu ermöglichen.

Die Werbung sei berufswidrig, da schutzwürdige Gemeinwohlinteressen dadurch betroffen seien,

dass mehr als nur geringfügige Eingriffe in die körperliche Integrität zu rabattierten Preisen an-

geboten worden seien.

Bei der professionellen Zahnreinigung handele es sich um eine gem. § 1 Abs.1 Zahn-

heilkundegesetz (ZHG) unter Zahnarztvorbehalt stehende Maßnahmen, die gesundheitliche Schä-

digungen verursachen könne und daher einen mehr als nur unerheblichen Eingriff in die kör-

perliche Integrität darstelle. Es müsse eine Anamnese sowie eine Untersuchung vorausgehen, um

gesundheitliche Schädigungen beim Patienten wie beispielsweise Blutungen, allergische Reak-

tionen und Entzündungen auszuschließen. Die PZR berge auch bei Durchführung durch einen

Fachmann Gefahren, beispielsweise bei einer unerkannten Herzkrankheit des Patienten. Der ge-

sundheitliche Wert der PZR sei nicht unbegrenzt. Werde sie häufiger durchgeführt als medizinisch

indiziert, habe dies keinen gesundheitlichen Mehrwert.

Auch ein Bleaching könne gesundheitliche Schädigungen verursachen. Auch hier sei eine

Anamnese sowie eine zahnärztliche Untersuchung Behandlungsvoraussetzung. Das Gebiss

müsse frei von Karies und Zahnbetterkrankungen sein und zuvor professionell gereinigt werden.

Würden die Untersuchungen und Vorbereitungsmaßnahmen nicht fachgerecht durchgeführt,

könnten sich erhebliche gesundheitliche Risiken wie Entzündungen, Gewebeschädigungen,

Schmerzen oder sogar der Verlust von Zähnen verwirklichen.

Bei einer kieferorthopädischen Behandlung könne es zu Zahn- und Kieferfehlstellungen mit Ka-

riesgefahr kommen könne sowie zu Kiefergelenkserkrankungen und zum Verlust von Zähnen. Eine

Implantatversorgung und/oder prothetischen Versorgung         könne ebenfalls     gesundheitliche

Schäden verursachen, beispielsweise die Beschädigung oder den Verlust von oralem Hartgewebe.
Die Unvereinbarkeit eines Rabattes mit dem zahnärztlichen Berufsbild ergebe sich auch daraus,

dass die Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) dem Zahnarzt gesetzliche Vorgaben für die Höhe

seiner Abrechnung für alle beruflichen Leistungen mache, die gem. § 1 Abs.8 der BO nicht unter-

laufen werden dürfen.

Es sei einem Zahnarzt gem. §§ 2, 4, 5 GOZ auch nicht erlaubt, den Preis einer Behandlung im

Vorfeld festzulegen bzw. mit einem zuvor festgelegten Pauschalpreis zu werben, bevor er den Pa-

tienten gesehen habe und den Aufwand und die Schwierigkeit seiner Leistung einschätzen könne.

Ein Preis, der durch einen Abschlag von 70-90 % vom üblicherweise verlangten Preis gebildet

werde, könne nicht ermessensfehlerfrei berechnet sein.

Der mit dem Antrag zu 2. geltend gemachte Unterlassungsanspruch beruhe auf §§ 8, 4

Nr. 11 UWG i.V.m. § 1 Abs.6 BO. Dadurch, dass der Zahnarzt sich für die Behandlungen gemäß

den ,,Deals“ zur Verfügung stelle, bevor er die Patienten überhaupt gesehen habe, werde ihm das

gem. § 1 Abs.6 Berufsordnung vorgesehene Recht zur Ablehnung genommen.

Der mit dem Antrag zu 3. geltend gemachte Unterlassungsanspruch verstoße gegen das Gebot

zur Wahrung der zahnärztlichen Unabhängigkeit, welches sich aus § 29 Abs.1 des Heil-

berufsgesetztes sowie der Präambel und des § 1 Abs.5 BO ergebe. Das Versprechen oder

Gewähren von Provisionszahlungen sei mit dem Berufsbild des Zahnarztes, der seinen Beruf wür-

dig, gewissenhaft und nach den Gesetzen der Menschlichkeit zum Wohle der Patienten aus-

zuüben habe, nicht vereinbar. Der Zahnarzt verliere durch die Vereinbarung von Provisions-

zahlungen seine Unabhängigkeit.

Die Beklagte sei als Gehilfin an den Wettbewerbsverstößen beteiligt.

Nachdem die Klägerin hinsichtlich der Gewährung von Rabatten und Festpreisen zunächst bean-

tragt hat, der Beklagten zu untersagen, mit Zahnärzten ein Konzept umzusetzen, das vorsieht,

dass im Rahmen der Berufsausübung des Zahnarztes zu erbringende Leistungen mit Rabatten

beworben und/oder abgerechnet und zu Festpreisen erworben werden können, hat sie den ur-
sprünglich angekündigten Hauptantrag zu 1. nach Erörterung        der Rechtslage im Termin am

26.1.2012 zurückgenommen und ihre Anträge umgestellt. Die Begrifflichkeit ,,ein Konzept um-

zusetzen“ ist aus den Anträgen entfernt worden. Der Begriff der beruflichen Leistungen des Zahn-

arztes ist konkret auf die Leistungen Zahnreinigung, Bleaching, kieferorthopädische Zahnkorrektur,

Implantatversorgung und prothetische Versorgung und Zahnfüllung bezogen worden.            Es ist

beantragt worden, der Beklagten zu untersagen, die genannten zahnmedizinischen Leistungen mit

Rabatten und Festpreisen zu bewerben. Hinsichtlich der Bewerbung mit Festpreisen ist hilfsweise

beantragt worden, die Werbung        zu untersagen, wenn dies geschieht wie in den streit-

gegenständlichen Deals gemäß Anlagen K 22, 25, 14, 7, 25, 21.

Nach nochmaliger Erörterung der Sach- und Rechtslage im Termin am 24.5.2012 hat die Klägerin

ihr Unterlassungsbegehren im Hinblick auf die gerügten Rabatte und Festpreise auf die Werbung

gemäß Anlagen K 22, 25, 14, 7, 25, 21 beschränkt und die Klage im übrigen zurückgenommen.

Die Klägerin beantragt nunmehr,

1. wie gemäß Tenor zu 1. erkannt

2. mit Zahnärzten Vereinbarungen zu treffen, wonach diese zur Erbringung
einer Zahnreinigung und/oder eines Bleachings und/oder einer kiefer-
orthopädischen Zahnkorrektur und/oder einer Implantatversorgung und/oder
prothetischen Versorgung und/oder einer Zahnfüllung an bestimmten Patienten
verpflichtet sind, ohne dass ihnen die Ablehnung der Leistungserbringung im
Einzelfall möglich bleibt,

3. mit Zahnärzten Vereinbarungen zu treffen, die vorsehen, dass Zahnärzte
für die Zuweisung von Patienten ein Entgelt versprechen und/oder gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.
Die Beklagte meint, die Klägerin könne angesichts des Umstandes, dass sie nur für den Bereich

Nordrhein zuständig sei, kein Verbot bezüglich aller deutschen Zahnärzte durchsetzen.

Die Gewährung von Rabatten sei vor dem Hintergrund des Art. 12 Abs. 1 GG zulässig. Der Preis-

wettbewerb sei legitim und liege im Interesse der Patienten. Bereits die GOZ lasse eine Ab-

weichung der in der dort vorgesehenen Vergütung nach unten hin zu, § 2 Abs.1 GOZ. Aus dem

Umstand, dass auch innerhalb des Gebührenrahmens der GOZ eine Spanne bestehe, ergebe

sich, dass ein divergierender Kostenansatz die Regel sei. Im Hinblick auf den Verhältnismäßig-

keitsgrundsatz könne jedenfalls kein generelles Verbot der Werbung mit Rabatten ­ unabhängig

von deren Höhe – verlangt werden, da von einem geringeren Rabatt eine erheblich geringere An-

lockwirkung ausgehe als von einem hohen Rabatt.

Die Rabattierung sei für Zahnreinigung und Bleaching sowie die Anpassung einer herausnehm-

baren Kunststoffschiene zur kosmetischen Behandlung von Zahnfehlstellungen auch deshalb zu-

lässig, da diese Maßnahmen keine medizinisch notwendigen Heilbehandlungen darstellen, son-

dern aus kosmetischen Gründen erfolgen würden. Gesundheitsgefahren würden hiervon nicht

ausgehen.

Der Zahnarzt könne sein Ermessen gem. § 5 Abs.2 GOZ aufgrund seiner Erfahrung bereits vor der

Leistungserbringung ausüben. Die Vorschrift diene nicht dazu, Zahnärzte vor Konkurrenz durch

Kollegen zu schützen. Insbesondere vor dem Hintergrund der Entscheidung BVerfG GRUR 2008,

618 ­Versteigerung von Beratungsleistungen eines Rechtsanwalts in Internetauktionshaus- sei die

Bildung eines Festpreises nicht zu beanstanden. Die Preisgestaltung liege außerdem im Interesse

des Leistungsempfängers und des Gemeinwohls, da aufgrund des niedrigen Preises einem

größeren Personenkreis die angebotenen Behandlungen ermöglicht würden. Es würden auch

keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die angebotenen Leistungen wegen des niedrigen

Preises nicht ordnungsgemäß ausgeführt würden.

Der mit dem Antrag zu 2. geltend gemachte Unterlassungsanspruch bestehe nicht, da der Zahn-

arzt aufgrund der AGB der Beklagten nicht verpflichtet sei, die betreffende Leistung in jedem Fall
zu erbringen. Die Klausel formuliere nur die Verpflichtung, zur Erbringung der angebotenen Leis-

tung in der Lage zu sein.

Auch der Klageantrag zu 3. sei unbegründet. Die Beklagte würde ihren Kooperationspartnern

keine Patienten zuweisen, sondern von diesen ein Entgelt für die Nutzung ihrer Internetplattform

erhalten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schrift-

sätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

Die Klägerin ist gem. § 8 Abs.3 Nr. 2 UWG als Verband zur Förderung selbständiger beruflicher

Interessen anspruchsberechtigt zur Durchsetzung der streitgegenständlichen Unterlassungsan-

sprüche. Die Klägerin als berufsständige Vertretung der Zahnärzte des Bereichs Nordrhein ist be-

fugt, Wettbewerbsverstöße von Zahnärzten auch außerhalb des Bereichs Nordrhein geltend zu

machen, da auch diese Zahnärzte in einem Wettbewerbsverhältnis zu den ihr angehörigen Zahn-

ärzten stehen.

I. 1.   Der aus dem Tenor zu 1. ersichtliche Unterlassungsanspruch folgt bezüglich der Werbung

für eine PZR, eine kiefernorthopädische Zahnkorrektur, eine Implantatversorgung und/oder pro-

thetische Versorgung und eine Zahnfüllung aus §§ 8 Abs.1, 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 2, 4,

5 GOZ, da diese zahnärztlichen Leistungen in den streitgegenständlichen ,,Deals“ auf dem Portal

… .de zu Festpreisen beworben worden sind.
a) Soweit die Klägerin in der mündlichen Verhandlung am 24.5.2012 erklärt hat, zur Begründung

des Antrages beziehe sie sich auf einen Verstoß gegen das berufsrechtliche Werbeverbot, das

Verbot eines Festpreises und als letztes auf die Gebührenunterschreitung und zwar sowohl die

Unterschreitung unter den Mindestpreis als auch die Festlegung eines Preises ohne Ermessens-

ausübung, ist die Kammer an diese Prüfungsreihenfolge nicht gebunden, da die rechtliche Wür-

digung der beanstandeten konkreten Verletzungshandlung im Rahmen eines einheitlichen Streit-

gegenstandes Sache des Gerichts ist.

Auch wenn die Klägerin die Werbeaussagen in den aus dem Tenor zu 1. ersichtlichen Deals je-

weils unter unterschiedlichen rechtlichen Gesichtspunkten beanstandet, hat sie damit innerhalb der

einzelnen Deals nicht mehrere Streitgegenstände in den Rechtsstreit eingeführt. Die Klägerin hat

ihr Unterlassungsbegehren auf jeweils eine konkrete Verletzungshandlung gestützt, nämlich

jeweils auf den bei der Beklagten angebotenen Deal. Sie hat jeweils einen Lebenssachverhalt zur

Begründung ihres Unterlassungsbegehrens vorgetragen und damit jeweils auch nur einen

Streitgegenstand in den Rechtsstreit eingeführt. Dass der vorgetragene Lebenssachverhalt mög-

licherweise zugleich die Voraussetzungen mehrerer Verbotsnormen erfüllt, ist für die Frage, ob

innerhalb eines beanstandeten Deals nur ein Streitgegenstand vorliegt oder mehrere Streitgegen-

stände gegeben sind, nicht maßgeblich, da die rechtliche Würdigung der beanstandeten konkreten

Verletzungshandlung Sache des Gerichts ist (vgl. BGH Urt. v. 30.6.2011, I ZR 157/10,

Branchenbuch Berg).

b) Die aus dem Tenor zu 1. ersichtlichen Werbungen für eine PZR, eine kiefernorthopädische

Zahnkorrektur, eine Implantatversorgung und/oder prothetische Versorgung und eine Zahnfüllung

aus Composit verstoßen gegen die GOZ, weil jeweils in unzulässiger Weise mit Festpreisen ge-

worben worden ist. Soweit eine prothetische Versorgung nicht ausdrücklich Gegenstand eines

Deals war, ist diese jedoch unmittelbar vergleichbar mit der Werbung für ein Implantat mit Ke-

ramikkrone bei Zahnarzt ….. für 999 statt für 2.000,00 . Auch hierbei handelt es sich

um einen Zahnersatz bzw. eine prothetische Versorgung.
Es wurden in den angebotenen Deals jeweils zahnärztliche Leistungen beworben und nicht nur der

Kauf von Material. Das gilt auch für die aus der Anlage K 25 ersichtliche Werbung für ein Implantat

mit Keramikkrone des Zahnarztes …..  für 999 statt 2.000,00 . In dem Deal ist

ausdrücklich von einer zwei- bis dreimonatigen Behandlungszeit die Rede. Auch bei dem aus der

Anlage K 21 ersichtlichen Deal über eine Composit-Füllung bei Zahnarzt ….. für 14,90

statt 150  ist davon auszugehen, dass nicht nur das Füllungsmaterial, sondern die gesamte

Behandlung angeboten wird. Denn zum einen liegt der angegebene Originalpreis im Rahmen

dessen, was gemäß GOZ für die Versorgung mit einer Composit-Füllung berechnet werden kann.

Außerdem wäre nach dem insoweit unstreitigen Vortrag der Klägerin im Termin am 24.5.2012 die

Abrechnung einer Composit-Füllung dahingehend, dass bei Kassenpatienten gegenüber der

gesetzlichen Krankenkasse eine erstattungsfähige Füllung abgerechnet wird und der Patient nur

die Differenz der Materialkosten für die höherwertige Füllung durch Zahlung eines Pau-

schalbetrages ausgleicht, unzulässig.

Gem. § 15 des Gesetzes über die Ausübung der Zahnheilkunde sind in der GOZ Mindest- und

Höchstsätze für die zahnärztlichen Leistungen festzusetzen. Nach § 5 Abs.1 GOZ bemisst sich die

Höhe der Gebühr nach dem Einfachen bis Dreieinhalbfachen des in dem Gebührenverzeichnis

(Anlage 1 GOZ) genannten Gebührensatzes. Gemäß § 5 Abs.2 GOZ sind die Gebühren durch den

Zahnarzt innerhalb des Gebührenrahmens unter Berücksichtigung der Schwierigkeit und des

Zeitaufwandes der einzelnen Leistung sowie der Umstände bei der Ausführung nach billigem Er-

messen zu bestimmen. Die Vorschriften über die Preisgestaltung zielen darauf ab, einen ruinösen

Preiswettbewerb um Patienten im Interesse eines funktionierenden Gesundheitswesens zu ver-

hindern und gleiche rechtliche Voraussetzungen für die auf dem Markt tätigen Wettbewerber zu

schaffen (KG, Urt. v. 31.8.2007, 5 W 253/07). Anders als in der gewerblichen Wirtschaft steht bei

Zahnärzten nicht der Preiswettbewerb, sondern der Leistungswettbewerb mit Anforderungen wie

zahnärztlichem Können und Vertrauenswürdigkeit im Vordergrund.

Der Grundsatz der Bestimmung nach billigem Ermessen bedeutet, dass der Zahnarzt die Gebühr

unter Berücksichtigung der in § 5 Abs.2 GOZ genannten, abschließend aufgezählten Be-

messungskriterien so festsetzen muss, dass diese dem Wert seiner zahnärztlichen Leistung ent-

spricht, also angemessen ist. Für die Ausübung des billigen Ermessens ist eine individuelle Be-
urteilung der einzelnen Leistung erforderlich. Aus diesem Grund ist eine schematische Betrach-

tungsweise, bei der die Höhe des Steigerungssatzes ohne Rücksicht auf die besonderen Um-

stände bei der Erbringung der Einzelleistungen einheitlich für sämtliche Leistungen festgesetzt

wird, nicht zulässig (Spickhoff, Medizinrecht, Rn. 7 zu § 5 GOZ). Indem auf dem Portal … .de

die aus dem Tenor ersichtlichen zahnärztlichen Leistungen zu Festpreisen angeboten worden

sind, ist bei der Preisgestaltung lediglich eine solche schematische Betrachtungsweise vorge-

nommen worden ohne Rücksicht auf die besonderen Umstände bei der Erbringung der Leis-

tungen. Die erfolgte Werbung mit Festpreisen – ohne den Patienten vorab gesehen zu haben – ist

mit der erforderlichen Ermessensausübung nicht zu vereinbaren. Etwas anderes ergibt sich auch

nicht aus der von der Beklagten zitierten Entscheidung BVerfG 1 BvR 1287/08 vom 8.12.2010

(Zahnarztwerbung im Internet), da dort im Internet keine Preisvereinbarungen getroffen worden

sind, sondern die Zahnärzte auf der Plattform lediglich eine erste Kostenschätzung abgegeben

haben.

Für den Unterlassungsanspruch kommt es auch nicht darauf an, ob zu Festpreisen medizinisch

notwenige oder darüber hinausgehende Leistungen angeboten worden sind. Denn § 5 Abs.2 GOZ

gilt für alle privatzahnärztlichen Leistungen und nicht nur für die notwenige zahnärztliche Versor-

gung. Auch bei medizinisch nicht notwendigen Leistungen, welche gem. § 1 Abs. 2 GOZ nur be-

rechnet werden dürfen, wenn sie auf Verlangen des Patienten durchgeführt werden, hat der Zahn-

arzt seine Gebühren gem. § 5 Abs.2 GOZ innerhalb des Gebührenrahmens nach billigem Er-

messen zu bestimmen. Darüber hinaus lässt sich auch nicht pauschal festlegen, welche Leis-

tungen medizinisch notwendig sind und welche nicht. Dies muss vielmehr im Einzelfall festgestellt

werden anhand des Kiefernstatus des jeweiligen Patienten.

Das Anbieten der zahnärztlichen Leistungen zu Festpreisen ist auch nicht von § 2 GOZ gedeckt.

Gem. § 2 Abs.1 GOZ kann eine von der GOZ abweichende Gebührenhöhe zwar festgelegt wer-

den. Dies rechtfertigt aber keine Pauschalpreise. Eine Honorarvereinbarung über eine von der

GOZ abweichende Gebührenhöhe ist nur insoweit möglich, als dass ein anderer Steigerungsfaktor

vereinbart werden kann. Die Vereinbarung einer abweichenden Punktzahl oder eines ab-

weichenden Punktwertes ist gem. § 2 Abs.1 GOZ nicht zulässig. Weder die Vorschriften des Ge-
bührenverzeichnisses (Anlage zu § 4 GOZ) noch die Bestimmungen über die Zahnarztrechnung

können abbedungen werden. Gleiches gilt für die in den Vorschriften des Allgemeinen Teils ent-

haltenen Berechnungsregelungen. Daher sind auch der Gebührenberechnung aufgrund einer ab-

weichenden Vereinbarung das Gebührenverzeichnis und die jeweiligen Punktzahlen und ­werte

zugrunde zu legen (Spickhoff, Medizinrecht, Rn. 3 zu § 2 GOZ). Folglich ist auch die Vereinbarung

einer Pauschalvergütung unzulässig (Spickhoff a.a.O. Rn. 4). Für die GOÄ hat das BVerfG das

Verbot eines Pauschalhonorars ausdrücklich bestätigt (BVerfG NJW 1992, 737). Zur Begründung

hat das BVerfG ausgeführt, die Vereinbarung eines Pauschalhonorars würde dem besonderen In-

formationsbedürfnis des Privatpatienten nicht Rechnung tragen, da er nicht in der Lage sei, seine

Erstattungsansprüche gegenüber Privatversicherung bzw. Beihilfe zu erkennen. Dies gilt auch für

zahnärztliche Abrechnungen. Sowohl eine PZR als auch eine Zahnkorrektur mittels Invisalign, ein

Implantat/eine prothetische Versorgung sowie eine Composit Zahnfüllung sind gegenüber den pri-

vaten Krankenkassen sowie gegenüber der Beihilfe unter bestimmten Voraussetzungen abrech-

nungsfähig.

Die Zulässigkeit des Anbietens von Festpreisen in der hier erfolgten Art ergibt sich auch nicht aus

der Entscheidung des BVerfG GRUR 2008, 618. Dort ging es um die Frage, ob anwaltliche Be-

ratungsleistungen in einem Internetauktionshaus versteigert werden dürfen. Das BVerfG hat in

dieser Entscheidung ausgeführt, dass die gebührenrechtliche Bestimmung des § 14 RVG, wonach

die Vergütung bei Rahmengebühren anhand gesetzlich festgelegter Kriterien vom Rechtsanwalt zu

bestimmen ist, bei einer Versteigerung nicht konterkariert. Die Rechtsanwaltsgebühren nach dem

RVG sind aber anders strukturiert als die Gebühren nach der GOZ. Im RVG ist eine von den

gesetzlichen Gebühren abweichende Honorarvereinbarung unter bestimmten Voraussetzungen

möglich, während eine Honorarvereinbarung über eine von der GOZ abweichende Gebührenhöhe

gem. § 2 Abs.1 GOZ nur insoweit möglich ist, als ein anderer Steigerungsfaktor vereinbart werden

kann. Die unterschiedlichen Gebührensysteme betreffen auch unterschiedliche Interessenlagen.

Allerdings kommt ein Verstoß gegen die GOZ nur insoweit in Betracht, als die Leistungen auch

tatsächlich nach der GOZ abgerechnet werden. Das ist bei einem Implantat/einer prothetischen

Versorgung, einer Zahnkorrektur sowie einer Zahnfüllung der Fall, ebenso nach der seit 1.1.2012
geltenden GOZ bei einer PZR. Die Abrechnung eines Bleachings ist dagegen nicht in der GOZ

enthalten. Es handelt sich hierbei um eine private Wunschleistung, deren Preis zwischen dem

Zahnarzt und dem Patienten individuell vereinbart wird.

Die Regelungen der §§ 2 Abs.1, 5 Abs.2 GOZ stellen eine Marktverhaltensregelung dar, aus deren

Verletzung ein Verstoß gegen § 4 Nr. 11 UWG folgt. Sie sind zumindest auch dazu bestimmt, im

Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Für Mindestpreisvorschriften ist

anerkannt, dass diese Marktverhaltensregelungen auch im Interesse der Mitbewerber darstellen

(Köhler/Bornkamm, Rn. 11.139 zu § 4 UWG, BGH GRUR 2006, 955; KG NJW-RR 2008, 910 ff.).

Sie sollen nämlich einen ruinösen Preiswettbewerb verhindern und gleichzeitig gleiche rechtliche

Voraussetzungen für alle auf dem Markt schaffen. Auch die Vorschrift des § 5 Abs.2, wonach der

Zahnarzt verpflichtet ist, die Gebühren unter konkret vorgegebenen Kriterien nach billigem Er-

messen zu bestimmen sowie die Vorschrift des § 2 Abs.1 GOZ, wonach nur die Vereinbarung

eines anderen Steigerungsfaktors, nicht aber einer abweichenden Punktzahl eines abweichenden

Punktwertes zulässig ist, zielen darauf ab, einen Preiswettbewerb um Patienten im Interesse eines

funktionierenden Gesundheitswesens zu verhindern und gleiche rechtliche Voraussetzungen für

die auf dem Markt tätigen Wettbewerber zu schaffen. Es sollen Transparenz und Rechtssicherheit

bei der Preisbemessung auch im Interesse der Mitbewerber geschaffen werden. Denn der Preis

für eine zahnärztliche Leistung stellt bei vielen Patienten ein maßgebliches Kriterium für die Aus-

wahl des Zahnarztes dar und ist somit ein zu berücksichtigender Faktor im Wettbewerb zwischen

den Zahnärzten.

Die gesetzlichen Vergütungsregelungen der GOZ stellen eine zulässige Beschränkung der Be-

rufsausübung der Zahnärzte i.S.d. Art. 12 GG dar, da sie durch vernünftige Gründe des Gemein-

wohls gerechtfertigt sind. Die hier streitgegenständlichen Regelungen erhöhen die Transparenz

bei der Bemessung der Gebühren nicht nur im Interesse der Zahnärzte, sondern auch der Pa-

tienten und der Allgemeinheit. Die Zulässigkeit der Vereinbarung eines Festpreises ohne Beach-

tung der genannten Vorschriften ergibt sich auch nicht im Wege einer verfassungskonformen

Auslegung. Es ist kein überragendes Interesse an dem Angebot von Festpreisen in der hier er-

folgten Art und Weise ersichtlich. Insbesondere dient die Vereinbarung eines Festpreises nicht
dem Schutz der Gesundheit der Bevölkerung. Insoweit ist die Vereinbarung eines Festpreises

strikt zu trennen von der Unterschreitung von Mindestpreisvorschriften der Zahnärzte, welche in

bestimmten Fällen zulässig sein kann (vgl. KG NJW-RR 2008, 910 ff.).

Die Beklagte haftet als Teilnehmerin für den Verstoß der Zahnärzte gegen das berufsrechtliche

Verbot, indem sie mit den Zahnärzten Kooperationsvereinbarungen abgeschlossen hat und deren

Angebote auf ihrer Internetplattform eingestellt hat.

Die Wiederholungsgefahr wird durch den erfolgten Verstoß indiziert und hätte nur durch Abgabe

einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ausgeräumt werden können.

c) Der aus dem Tenor zu 1. ersichtliche Unterlassungsanspruch folgt bezüglich der Werbung für

eine kiefernorthopädische Zahnkorrektur, eine Implantatversorgung und/oder prothetische Ver-

sorgung und eine Zahnfüllung auch aus § 4 Nr. 11 UWG i.V.m. der GOZ unter dem Gesichtspunkt

der unzulässigen Unterschreitung der Mindestgebühr.

Gemäß § 15 ZHG sind in der GOZ Mindest- und Höchstsätze für die zahnärztlichen Leistungen

festzusetzen. Nach § 4 Abs.1, 5 Abs.1 GOZ bemisst sich die Höhe der einzelnen Gebühr nach den

im Gebührenverzeichnis genannten Gebührensätzen.

Die Zahnkorrektur wurde für 1.950  angeboten (Anlage K 7), obwohl der Mindestsatz gem. GOZ

2.753,81  beträgt. Das Implantat mit Keramikkrone wurde für 999  angeboten (Anlage K 25),

obwohl der Mindestsatz nach GOZ 1.106,69  beträgt. Eine Composit-Füllung wurde für 14,90

angeboten, obwohl sich für eine solche auf der Grundlage der GOZ seit dem 1.1.2012 ein Ge-

bührenrahmen von 26,95  bis 129,33  bzw. bei einer mehr als dreiflächigen Füllung von 50,62

bis 177,16  ergibt. Eine PZR wurde für 24,90  angeboten, obwohl sich hierfür auf der Grundlage

der GOZ seit 1.1.2012 bei einem Durchschnittsgebiss von 28 Zähnen ein Gebührenrahmen von

49,58  bis 173,69  ergibt.
Zwar erlaubt § 2 Abs.1 GOZ eine von dieser Verordnung abweichende Höhe der Vergütung zu

vereinbaren und zwar ausnahmsweise auch die Vereinbarung einer Vergütung, die die Min-

destsätze unterschreitet (vgl. KG NJW-RR 2008, 910 ff.).          Im Übrigen ergibt auch eine

verfassungskonforme Auslegung des § 2 Abs.1 GOZ, dass eine Gebührenunterschreitung jeden-

falls dann zulässig sein muss, wenn dies eine Abwägung der betroffenen Verfassungsgüter ge-

bietet. (KG a.a.O.). Auf der einen Seite steht hier das Interesse an der Einhaltung von Gebühren-

mindestsätzen, um einen ruinösen Preiswettbewerb im Interesse eines funktionstüchtigen Ge-

sundheitswesens und Gewährleistung gleicher rechtlicher Voraussetzungen für die Zahnärzte im

Wettbewerbs zu verhindern.

Auf der anderen Seite ist allerdings bei der PZR zu berücksichtigen, dass diese ein Zusatzgeschäft

für Zahnärzte ist und es eher fern liegend erscheint, dass über die PZR ein ruinöser Preiskampf

stattfindet. Hinzu kommt, dass es sich bei der PZR ­wie sich u.a. aus der von der Klägerin als

Anlage K 23 eingereichten Patienteninformation ergibt-        um eine nützliche und die Zahn-

gesundheit fördernde Leistung handelt. Auch wenn es unter bestimmten Umständen ­ beispiels-

weise im Falle von Erkrankungen oder Allergien bzw. wenn die professionelle Zahnreinigung nicht

fachgerecht durchgeführt wird – auch bei einer Zahnreinigung zu Komplikationen wie bei-

spielsweise Blutungen und allergischen Reaktionen kommen kann, dürfte es sich dennoch um

eine im Ganzen sinnvolle und wünschenswerte Prophylaxemaßnahme handeln, die von möglichst

vielen Patienten wahrgenommen werden soll. Durch das Angebot einer PZR zu einem unter den

Mindestpreisvorschriften liegenden Betrag wird auch solchen Personen, die sich normalerweise

eine professionelle Zahnreinigung nicht leisten können oder wollen, die Möglichkeit gegeben, eine

solche sinnvolle Prophylaxemaßnahme durchführen zu lassen. Hinzu kommt, dass die jeweiligen

Angebote zeitlich begrenzt waren.

Hinsichtlich der weiteren angebotenen zahnärztlichen Leistungen sind besondere Gemeinwohl-

interessen, die eine Gebührenunterschreitung ausnahmsweise rechtfertigen könnten, nicht er-

sichtlich. Insoweit kommt auch eine Unterschreitung der Mindestsätze der GOZ nicht in Frage.
Bei den Mindestpreisvorschriften handelt es sich wie bereits ausgeführt um Marktverhaltensregeln

i.S.d. § 4 Nr. 11 UWG.

d) aa) Hinsichtlich der aus dem Tenor zu 1. ersichtlichen Werbung für ein Bleaching mit einem

Rabatt von 65 % ergibt sich der Unterlassungsanspruch aus §§ 8, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 15 BO

der Zahnärztekammer Nordrhein, wonach dem Zahnarzt u.a. reklamehafte Werbung untersagt

ist.

Die Berufsordnung für Zahnärzte ist aufgrund des § 23 Abs.2 des Heilberufsgesetztes vom

9.5.2000 beschlossen worden. Bedenken hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit des § 15 BO be-

stehen nicht.

Beschränkungen der Berufsausübungsfreiheit sind allerdings nur dann mit Art. 12 Abs.1 GG ver-

einbar, wenn sie vernünftigen Zwecken des Gemeinwohls dienen und den Berufstätigen nicht

übermäßig oder unzumutbar treffen, also dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügen (vgl.

BVErfGE 7, 377, 405 f.; 85, 248, 259; BVerfG, Beschluss vom 1.6.2011, 1 BvR 233/10 und

235/10). Dem Arzt bzw. Zahnarzt ist somit nicht jede, sondern lediglich die berufswidrige Werbung

verboten. (z.B. BVerfGE 71, 162, 174,; BVerfG, Beschluss vom 26.8.2003, 1 BvR 1003/02). Die

berufsbezogene und sachangemessene Werbung              ist ihm erlaubt (BVerfG, Beschluss vom

3.7.2001, 1 BvR 873/00).

Mit der Rabattierung von zahnärztlichen Leistungen im Allgemeinen ist die Grenze zulässiger

Werbung noch nicht überschritten. Der Umstand, dass es sich bei der Gewährung von Rabatten

um eine Werbemethode handelt, wie sie in der gewerblichen Wirtschaft üblich ist, reicht nicht aus

(BVerfG, Beschluss vom 1.6.2011, 1 BvR 233/10 und 235/10). Die Methode, durch Gewährung

eines erheblichen Rabattes Aufmerksamkeit und Interesse zu wecken und hierdurch neue Pa-

tienten für eine Zahnarztpraxis zu gewinnen, ist als solche nicht berufswidrig, jedenfalls nicht, so-

lange Gemeinwohlbelange durch ein solches Vorgehen nicht verletzt sind. Gemeinwohlbelange

würden es rechtfertigen, Verhaltensweisen entgegenzuwirken, die den Eindruck vermitteln, der

Arzt stelle die Erzielung von Gewinn über das Wohl seiner Patienten und deren ordnungsgemäße

Behandlung. Das lässt sich allein aufgrund der Bewerbung mit dem Rabatt aber nicht feststellen.
Aus der Gewährung des Rabattes lässt sich auch nicht darauf schließen, dass der Zahnarzt die

Behandlung weniger gut und sorgfältig durchführt als wenn er den vollen Preis abrechnet.

Das mit einem Rabatt von 65 % angebotene Bleaching ist aber deshalb berufswidrig, weil schutz-

würdige Interessen der Allgemeinheit dadurch betroffen sind, dass die angebotene Behandlung mit

einem mehr als nur geringfügigen Eingriff in die körperliche Integrität verbunden ist (vgl. BVerfG 1

BvR 233/10 und 235/10 vom 1.6.2011). Auch wenn dem Käufer des hier streitgegenständlichen

Deals anders in dem vom BGH zu 1 BvR 233/10 entschiedenen Fall nicht ein Gewinn in den

Schoß fällt, sondern er sich selbst aktiv für den Erwerb eines Gutscheins entscheidet und hierfür

auch Geld bezahlt, ist es doch nicht fern liegend, dass durch den erheblichen Rabatt ein Einfluss

dahingehend ausgeübt wird, einen solchen Gutschein zu erwerben und sich der Behandlung zu

unterziehen.

Den Vortrag der Klägerin, welche Gefahren mit einem Bleaching verbunden sind und welche Un-

tersuchungen und sonstige Maßnahmen erforderlich sind, um Gefahren wie Entzündungen,

Zahnverlust, Gewebeschädigungen, Verätzungen und Schmerzen auszuschließen, hat die Be-

klagte nicht substantiiert bestritten. Im Übrigen erfüllt ein Bleaching lediglich kosmetische Wünsche

und stellt keine sinnvolle, der Gesundheit der Patienten dienende Maßnahme dar. Daher wi-

derspricht es Gemeinwohlbelangen, Anreize für die Durchführung eines Bleachings in Form von

erheblichen Rabatten zu schaffen.

Das in der Berufsordnung verankerte Verbot berufswidriger Werbung stellt eine Marktver-

haltensregelung i.S.d. § 4 Nr. 11 UWG dar (Köhler/Bornkamm, Rn. 11.106 zu § 4 UWG).

Der Unterlassungsanspruch bezieht sich auch auf Deals, in denen Leistungen von Zahnärzten

außerhalb des Gebiets Nordrhein angeboten werden. Die Klägerin kann wegen der berufswidrigen

Werbung auch gegen diese Zahnärzte vorgehen, da Vorschriften, die dem § 15 BO der

Zahnärztekammer Nordrhein entsprechend, in den Berufsordnungen sämtlicher deutscher Zahn-

ärztekammern enthalten sind.
bb) Ob auch das Angebot der weiteren streitgegenständlichen zahnärztlichen Leistungen zu er-

heblich rabattierten Preisen auf … gegen § 15 BO der Zahnärztekammer Nordrhein ver-

stößt, muss die Kammer im Hinblick darauf, dass das Bestehen eines Unterlassungsanspruchs

bereits aus anderen Gründen bejaht worden ist, nicht entscheiden. Die hier streitgegenständliche

Werbung mit Rabatten von 50 % und mehr für eine Zahnkorrektur, ein Implantat/eine prothetische

Versorgung und eine Zahnfüllung dürften ebenfalls berufswidrig sein, da insoweit für erhebliche

Eingriffe in die körperliche Integrität geworben werden dürfte. Dagegen bestehen Zweifel daran, ob

die Werbung für eine PZR mit einem Rabatt von 69 % berufswidrig ist. Denn hierbei handelt es

sich ­wie bereits ausgeführt- um eine nützliche und die Zahngesundheit fördernde Leistung, die

von möglichst vielen Patienten wahrgenommen werden sollte, weshalb die Gewährung eines Ra-

battes in der hier streitgegenständlichen Höhe nicht als berufswidrig erscheint.

II.    Soweit die Klägerin beantragt hat, der Beklagten zu untersagen, mit Zahnärzten Ver-

einbarungen zu treffen, wonach diese zur Erbringung einer Zahnreinigung und/oder eines

Bleachings und/oder einer kieferorthopädischen Zahnkorrektur und/oder einer Implantatversorgung

und/oder prothetischen Versorgung und/oder einer Zahnfüllung an bestimmten Patienten

verpflichtet sind, ohne dass ihnen die Ablehnung der Leistungserbringung im Einzelfall möglich

bleibt, war die Klage abzuweisen. Insoweit steht der Klägerin der begehrte Unterlassungsanspruch

nicht gem. §§ 8, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. 1 Abs. 6 BO der Zahnärztekammer Nordrhein, wonach der

Zahnarzt die Behandlung unter bestimmten Voraussetzungen ablehnen kann, zu.

Zum einen handelt es sich bei § 1 Abs.6 BO um eine Schutzvorschrift zugunsten der Zahnärzte,

auf die diese auch verzichten könnten. Außerdem ergibt sich aus Ziff. 3.2. der AGB der Beklagten

nicht, dass der Zahnarzt hinsichtlich der verkauften Leistung sein an bestimmte Voraussetzungen

geknüpftes berufsrechtliches Ablehnungsrecht verliert. Der Patient hat gegenüber dem Zahnarzt

durch den Erwerb der zahnärztlichen Leistung über …. nicht mehr Rechte, als er ansonsten

hätte. Im Übrigen haben die zwischen der Beklagten und den Zahnärzten geltenden AGB auch

keine Außenwirkung. Die Rechte und Pflichten des Vertrages ergeben sich aus dem BGB.
III.   Der Klageantrag zu 3., mit dem der Beklagten untersagt werden sollte, mit Zahnärzten

Vereinbarungen zu treffen, die vorsehen, dass Zahnärzte für die Zuweisung von Patienten ein Ent-

gelt versprechen und/oder gewähren, ist ebenfalls unbegründet. Die Klage war daher auch inso-

weit abzuweisen. Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch folgt nicht aus § 4 Nr. 11 UWG

i.V.m. § 1 Abs.5 BO Nordrhein, § 29 Abs.1 HeilberufsG. Zwar verstößt die Vereinbarung von Pro-

visionszahlungen angesichts des damit verbundenen Verlustes der zahnärztlichen Unabhängigkeit

gegen § 1 Abs.5 BO, wonach der Zahnarzt keine Verpflichtungen eingehen soll, die seine Un-

abhängigkeit bei der Berufsausübung beeinträchtigen kann. Es fehlt aber insoweit am Vorliegen

einer Verletzungshandlung. Die Beklagte hat keine Provision von den Zahnärzten für die Zuwei-

sung von Patienten erhalten, sondern ein Entgelt für die Benutzung der Internetplattform als On-

line-Marktplatz (vgl. BVerfG 1 BvR 1287/08 vom 8.12.2010 ­         Zahnarztwerbung im Internet,

Rn. 31). Zwar bestehen die von der Klägerin aufgezeigten Unterschiede zwischen einer Werbung

auf … und ….. Aber auch bei ….. wird ein Medium für die Werbung zur Verfügung

gestellt und dafür bezahlt. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass in Ziff. 2.1. der AGB der

Beklagten von einer Netto-Erfolgsprämie die Rede ist, denn auf die Bezeichnung kommt es nicht

an, sondern auf die tatsächliche rechtliche Einordnung des zu zahlenden Entgelts.

IV.    Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs.1, 269 Abs.3 S. 2 BGB. Aufgrund der teil-

weisen Rücknahme der ursprünglichen Klageanträge zu 1. und 2. hat sich der Wert insoweit um

die Hälfte reduziert, nämlich von ursprünglich 100.000,00  auf 50.000,00 .

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S 1. und 2 ZPO.

richter
unterschriften