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Abkürzung nehmen ist nicht zulässig.

Das OLG Hamm hat aktuell entschieden, dass ein Gläubiger, der auf ein auf einen Dritten übertragenes Vermögen zugreifen will, zunächst einen vollstreckbaren Schuldtitel gegen den Gläubiger erwirken muss.

In dem entschiedenen Fall hatte die dem ThyssenKrupp zugehörige Klägerin ihren ehemaligen Geschäftsführer auf Schadenersatz wegen kartellrechtswidrigen Absprachen in Anspruch genommen. Dieser hatte 2011 und 2012 Miteigentumsanteile an mehreren Grundstücken auf seine Ehefrau übertragen. Die Klägerin wollte die Ehefrau im Wege der Anfechtung in Anspruch nehmen. Erfolglos, da die arbeitsgerichtliche Klage bisher erfolglos war, also kein Titel gegen den Schuldner besteht.

Die Pressemeldung des OLG Hamm: 

Keine Anfechtung ohne Titel
Will ein Gläubiger auf Vermögen zugreifen, welches vom in Anspruch genommenen Schuldner auf seine Ehefrau übertragen wurde, muss er zunächst einen vollstreckbaren Schuldtitel gegen den Schuldner erwirken. Zuvor ist eine gegen die Ehefrau angestrengte Anfechtungsklage unzulässig.

Das hat der 27. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 03.11.2015 entschieden und damit das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts Essen bestätigt.

Die dem ThyssenKrupp-Konzern angehörige Klägerin nimmt ihren ehemaligen Geschäftsführer vor dem Arbeitsgericht Essen auf Schadensersatz in Anspruch. Sie macht diesen für kartellrechtswidrige Absprachen beim Vertrieb von Materialien für den Schienenbau verantwortlich, für welche das Bundeskartellamt gegenüber der Klägerin in den Jahren 2012 und 2013 Bußgelder in Höhe von 103.000.000 Euro und 88.000.000 Euro verhängte. Die arbeitsgerichtliche Klage der Klägerin war bislang erfolglos, wegen unbezifferter Feststellungsanträge ist das Verfahren ausgesetzt, um den Ausgang strafrechtlicher Ermittlungsverfahren abzuwarten. 

Der ehemalige Geschäftsführer der Klägerin übertrug in den Jahren 2011 und 2012 Miteigentumsanteile an mehreren Grundstücken in Essen sowie auf Konten angelegte Geldbeträge im Wert von ca. 1.200.000 Euro auf seine Ehefrau. Diese Übertragungen hält die Klägerin aufgrund der aus ihrer Sicht gegen den Ehemann bestehenden Schadensersatzansprüche für anfechtbar. In dem vor dem 27. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm gegen die beklagte Ehefrau geführten Anfechtungsprozess hat die Klägerin von der Beklagten verlangt, die Zwangsvollstreckung in die übertragenen Grundstücke und Konten zu dulden, hilfsweise ca. 1.700.000 Euro Wertersatz zu leisten. Die Anfechtungsklage ist erfolglos geblieben. Unter Bestätigung der landgerichtlichen Entscheidung hat der 27. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm die Klage als unzulässig abgewiesen. Nach dem einschlägigen Anfechtungsgesetz müsse ein Gläubiger zunächst einen vollstreckbaren Schuldtitel gegen den in Anspruch genommenen Schuldner erwirken, bevor er Vermögensübertragungen des Schuldners auf seine Ehefrau anfechten und die Ehefrau auf Duldung der Zwangsvollstreckung in die übertragenen Vermögensgegenstände in Anspruch nehmen könne. Eine vorzeitig erhobene Anfechtungsklage sei unzulässig. Auch wenn der Gläubiger den Schuldner in einem weiteren Prozess bereits verklagt habe, habe er keinen Anspruch darauf, dass sein gegen die Ehefrau angestrengter Prozess solange ausgesetzt werde, bis in dem Prozess gegen den Schuldner eine Entscheidung ergangen sei, so dass ihm, dem Gläubiger, dann ein Schuldtitel vorliege. 

Beschluss des 27. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 03.11.2015 (27 U 74/15)

Quelle der PM: OLG Hamm